Landau Anwalt geht gegen Knöllchen in Landauer Südstadt vor

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Mit den massenhaft in der Landauer Südstadt verteilten Zehn-Euro-Knöllchen wegen Parkverstößen muss sich demnächst das Amtsgericht befassen. Rechtsanwalt Michael Winterscheidt aus Neustadt/Wied im nördlichen Rheinland-Pfalz vertritt die Interessen von vier Studierenden, die über die Neuregelung beim Parken gestolpert sind.

Wie berichtet, hatte die Stadtverwaltung vor Beginn der Gartenschau neue Spielregeln für die Südstadt erlassen: Diese wurde zur Parkverbotszone, mit dem Ziel, Besucher der Großveranstaltung aus dem Wohngebiet fernzuhalten, damit die Anlieger nicht im Verkehr ersticken und selbst noch einen Parkplatz finden. Seither dürfen Anlieger mit Parkausweis uneingeschränkt in der Südstadt parken, während Besucher dort nur mit Parkscheibe und maximal zwei Stunden lang ihre Autos abstellen dürfen. Funktioniert hat dies nur mit Einschränkungen: Es hagelte von Beginn an Knöllchen. Nach Angaben der Stadtverwaltung waren es 1138 im April, 2786 im Mai und 1399 bis zum 17. Juni. Eine Zehn-Euro-Verwarnung hat sich im April auch Winterscheidts Tochter eingefangen, die in Landau studiert. Für Großstädter mag das ein preiswertes „Ticket“ sein, doch für die Studentin mit schmalem Salär ein herber Schlag. Sie hatte eine Univeranstaltung in der Südstadt besucht und ihr Auto im Bereich Eutzinger Straße/Dagobertstraße abgestellt. Weil sie in einem Landauer Vorort wohnt, hat sie keinen Anwohner-Parkausweis. Doch sie war sich keiner Schuld bewusst: Sie hatte keine Parkverbotsschilder gesehen. Vater Winterscheidt liebt die Pfalz und hat bei nächster Gelegenheit vor Ort recherchiert. Der Westerwälder kommt zum selben Ergebnis: Weit und breit sei kein Parkverbot zu sehen, außer einer zeitlich befristeten Einschränkung während der Straßenreinigung. Er schlägt in die selbe Kerbe wie etliche Leserbriefschreiber, die der Stadt vorwerfen, Besucher abzuzocken und die teure Gartenschau über Strafmandate (mit) zu finanzieren. Inzwischen vertritt Winterscheid nicht nur seine Tochter, sondern auch noch drei von deren Kommilitonen – unentgeltlich, wie er versichert. Er argumentiert, das Verkehrszeichen 290, das den Beginn einer Parkverbotszone markiert, habe er nirgends entdecken können. Er habe lediglich das Verkehrszeichen 283 (Haltverbot) mit dem Zusatz „Straßenreinigung Montag 9 bis 11 Uhr“ gefunden, und das gelte dann ausschließlich, aber eben nur während der Straßenreinigung. Dabei lässt es Winterscheidt aber nicht bewenden: Falls doch noch irgendwo das Schild Parkverbotszone aufgestellt worden sei, müsse es offenkundig so versteckt angebracht worden sein, dass es keine Wirkung entfalte. Der Anwalt verweist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach „eine durch das Aufstellen von Verkehrszeichen bekanntgegebene Regelung klar und eindeutig“ sein müsse. „Verkehrszeichen sind deshalb nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach Paragraf 1 Straßenverkehrsordnung erforderlichen Sorgfalt schon ,mit einem raschen und beiläufigen Blick’ erfassen kann.“ Nur dann könnten sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem Verkehrsteilnehmer entfalten. Winterscheidt untermauert dies mit etlichen Aktenzeichen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Indes: An der Einmündung der Eutzinger in die Weißenburger Straße steht die Tafel „Parkverbotszone“, und die Stadtverwaltung versichert, dass sie dort mit Beginn der Neuregelung gestanden hat. Dass der Sichtbarkeitsgrundsatz in jedem Fall verletzt ist, schließt der Jurist auch aus der Tatsache, dass die Stadt Landau 150 laminierte Hinweiszettel im Din-A-4-Format in der Südstadt hatte anbringen lassen. Wie berichtet, hatte es auch danach noch zahlreiche Ordnungswidrigkeiten gegeben, weshalb die Stadt dann nochmals größere Tafeln mit rotem Rand und dem Hinweis „Parkverbotszone“ an verschiedenen Stellen nachgelegt hatte. Winterscheidt meint, die Stadt müsse die Knöllchen zurücknehmen, und er schlägt vor, dass sie auch Studenten als Beschäftigte auffassen sollte, die in den Genuss eines Anwohner-Parkausweises kommen sollten. Eine solche „Umdeutung“ hält die Stadt für nicht möglich. Um seinen Vorschlägen noch ein wenig Nachdruck zu verleihen, weist der Anwalt schon mal darauf hin, dass für seine Arbeit pro Mandat knapp 300 Euro Honorar anfielen. Wie viele weitere Widersprüche gegen die Verwarnungen es gibt, ist derzeit noch nicht abzusehen. Nach Angaben der Verwaltung läuft, wenn eine Verwarnung unter den Scheibenwischer gesteckt wurde, erst einmal eine Zahlungsfrist, dann warte man noch eine gewisse Karenzzeit ab, bevor ein förmlicher Bußgeldbescheid rausgehe, gegen die die Betroffenen dann abermals innerhalb einer längeren Frist Widerspruch einlegen könnten. Die allerersten Bußgeldbescheide seien aber gerade erst verschickt worden. Der Eindruck bei der Stadtverwaltung: „Die meisten zahlen.“ (boe)

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