Landau Das Mahnmal

Am 9. November 1968 wurde im Beisein des früheren Landauer Bezirksrabbiners Kurt Metzger das Mahnmal von Margot Stempel-Lebert e
Am 9. November 1968 wurde im Beisein des früheren Landauer Bezirksrabbiners Kurt Metzger das Mahnmal von Margot Stempel-Lebert eingeweiht. Es steht noch heute.

Kaum ein anderer Tag prägte unsere neuere Stadtgeschichte in Landau so wie jener Novembertag im Jahr 1938: Die Synagoge brannte, Wohnungen wurden geplündert und demoliert, Bürger jüdischen Glaubens wurden verfolgt, misshandelt, inhaftiert, ausgewiesen und deportiert. Schon in den Tagen zuvor hatten sich neue antisemitische Aktionen angekündigt: Die Schlüssellöcher der vier Eingangstüren zur Synagoge wurden verstopft, Fensterscheiben eingeschlagen und zwei Plakate mit der Aufschrift „Ab heute Juden frei“ am Haupteingang angebracht. In den Abendstunden des 9. November trafen sich die örtliche SA und SS am Schlageter-Denkmal zu einer Kundgebung. Gegen Mitternacht erging von Neustadt der Befehl, noch in der Nacht die Landauer Synagoge in Brand zu setzen. Bei der daraufhin anberaumten Sitzung im Haus der SA im Südring wurden vier Angehörige des SA-Sturmes beauftragt, die Synagoge zu zerstören. Einer der Beteiligten gab im Juli 1950 Folgendes zu Protokoll: „Wir begaben uns zur Tankstelle Ecke König-/Reiterstraße und verlangten eine Kanne Benzin. Es waren etwa 20 bis 25 Liter. Dann gingen wir auf das benachbarte Grundstück der Synagoge.“ Am nächsten Morgen brannte die Synagoge lichterloh, die Feuerwehr überwachte lediglich den Brand. Übrig blieb eine ausgebrannte Synagoge, die Tage später gesprengt wurde. Kreisleiter Lämmel pries die Zerstörung als einen „Markstein von besonderer Bedeutung für alle Zukunft“. Die Zerstörung der Synagoge war das Fanal für nun einsetzende hemmungslose Gewalt gegen die jüdischen Mitbürger und ihr Eigentum. Nicht nur Angehörige der SA oder SS zerstörten und plünderten in den folgenden Stunden des 10. Novembers. Auch Landauer Bürger bedienten sich ungeniert in den jüdischen Geschäften in der Gerberstraße und am Rathausplatz. Im Laufe des Tages gesellten sich Jugendliche dazu, die „den Zug von Judenburg zu Judenburg“ mitmachten, insgesamt 21 Wohnungen wurden geplündert. Gleichzeitig wurden jüdische Männer verhaftet. Sie wurden in den Gebetssaal in der Schützengasse 4 gebracht und vom SS-Sturm beaufsichtigt. Hier kam es nun zu dramatischen Ereignissen: Der Böchinger Salomon Wolff wurde nicht nur verhört, sondern auch geschlagen und mit Erschießung bedroht. Der ältere Herr war so erregt, dass er an diesem Abend einem Herzinfarkt erlag. Zwei Tage später wurden die inhaftierten Männer in das KZ Dachau deportiert Auch die jüdischen Frauen blieben in diesen Novembertagen nicht verschont. Sie mussten sich zwei Tage nach dem Brand mittags am Bahnhof einfinden, wo sie demütigende Leibesvisitationen über sich ergehen lassen mussten. Man nahm ihnen Wertgegenstände und Geld ab, dann wurden sie ins Rechtsrheinische abgeschoben, ohne dass sie vom Schicksal ihrer Männer, Brüder und Väter wussten. Spätestens jetzt konnte jeder sehen, dass ein Überleben in Deutschland nicht möglich war. Die meisten Landauer Juden forcierten nun ihre Fluchtpläne und verließen die Stadt. Es dauerte 30 Jahre, bis man sich in Landau jenen Novemberereignissen stellte. Im Juli 1964 schrieb ein Landauer Bürger an Oberbürgermeister Walter Morio: „Ich glaube, wir Landauer haben hier eine Ehrenschuld abzutragen, in dem wir diesen Menschen ein Denkmal setzen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass unsere Kinder in einer konkreten Form über das Geschehene unterrichtet und immer wieder daran erinnert werden.“ In den frühen 60er-Jahren wurde die Diskussion um ein Aufarbeiten der Geschichte und ein Gedenken an die vertriebenen und ermordeten Landauer Juden nicht in der Öffentlichkeit geführt. Nur ein kleiner Kreis interessierter Bürger, allen voran Kirchenpräsident Hans Stempel, Hans Moser und der in USA lebende ehemalige Landauer Rabbiner Kurt Metzger und seine Frau Lore, hielten mit dem damaligen Oberbürgermeister Morio und den Ratsfraktionen Kontakt und beratschlagten ein angemessenes Vorgehen. Gemeinsam versuchte man verschiedene Optionen auszuloten. Das heutige Frank-Loebsche-Haus war seit 1959 in städtischem Besitz. Man dachte zunächst daran, dieses Haus zu sanieren, um unter anderem eine Gedenkstätte für die Landauer Juden einzurichten. Im August 1967 war nach langen Diskussionen erkennbar, dass eine Sanierung des historischen Gebäudes in absehbarer Zeit nicht geschultert werden konnte. Man einigte sich darauf, zum 30. Jahrestag der Pogromnacht ein Denkmal am ehemaligen Synagogenplatz zu errichten. Noch war die Finanzierung des geplanten Denkmals ungesichert und umstritten. Einige ehemalige jüdische Landauer im Ausland hatten Spenden in Aussicht gestellt. Es gab in Landau auch Stimmen, die es als ungehörig betrachteten, von den Betroffenen Geld anzunehmen und nicht selbst für die Geldmittel zu sorgen. Man agierte nun zweigleisig und inserierte einen Spendenaufruf in der deutsch-jüdischen Zeitung „Aufbau“ in den USA und initiierte eine Spendensammlung vor Ort. Mittlerweile hatte sich die Landauer Bildhauerin Margot Stempel-Lebert bereit erklärt, ohne Honorar ein Denkmal zu entwerfen. Stadtarchivar Hans Heß wurde mit einer Dokumentation zur Geschichte der Landauer Juden beauftragt. Im Mai 1965 gab der Stadtrat seine Zustimmung und die Initiatoren schritten zur Gründung des „Kuratoriums für ein Denkmal zur Erinnerung an die Landauer Synagoge“. Innerhalb weniger Wochen förderten 140 Spender das Vorhaben – erfolgreich: Am 10. November 1968, 30 Jahre nach dem Brand der Landauer Synagoge, wurde das Denkmal enthüllt. Die Autorin Christine Kohl-Langer ist die Leiterin des Archivs und Museums der Stadt Landau in der Maximilianstraße 7.

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