Landau Die Wahl der Qual

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Demokratin gegen Republikaner, Skandalpolitikerin gegen Skandalpolitiker, Hillary Clinton gegen Donald Trump: Heute Nacht deutscher Zeit entscheidet sich, wer in Zukunft das mächtigste Land der Welt regieren wird. Einige US-Amerikaner leben in der Südpfalz. Wie sehen sie der Wahl entgegen? Ein Schlaglicht.

Für Thomas Horvaths Familie könnten die Präsidentschaftswahlen eine Zerreißprobe werden. Der Bruder des Umweltwissenschaftlers von der Universität Landau ist ein Fan von Clinton, seine Schwester hingegen brennt für Trump. Seine Eltern haben nicht verraten, wem sie ihre Stimme geben werden. Vielleicht ist das ganz vernünftig, wer will schon, dass ab Mittwoch der Haussegen im Hause Horvath komplett schief hängt. „Ich kenne aber Leute, die sich bei Facebook die Freundschaft gekündigt haben, weil sie in einem anderen politischen Lager sind“, sagt der 47-Jährige aus Indiana. Und für wen hat er sich entschieden? Für keinen der beiden. Horvath hat per Briefwahl für die relativ unbekannte Kandidatin der Grünen gestimmt: Jill Stein. Er hat es einfach nicht übers Herz gebracht, ein Kreuz bei Clinton oder Trump zu machen. Seine Wahl sei eine Notentscheidung. Clinton sei eine Politikerin, die nur den Status quo halten wolle, sagt Horvath, Trump eine Witzfigur. Als er noch Professor in New York war, setzte sich Horvath an Wahltagen gerne mit seinen Freunden in eine Kneipe, um beim Bier die Auszählung zu verfolgen. In Deutschland wird er es sich auf dem Sofa daheim bequem machen. „Ich werde aber erst am Mittwochmorgen amerikanisches Fernsehen schauen, die Nacht halte ich nicht durch“, sagt Horvath, der seit 2013 in Landau lebt. Und wer wird gewinnen? „Hillary Clinton, leider“, sagt er, „aber Trump wäre noch schlimmer.“ In Kristen Werlings Familie war es bisher ein Gesetz, die Republikaner zu wählen. Doch diese Tradition ist ins Wanken geraten, seit Trump zum Präsidentschaftskandidaten nominiert wurde. „Meine Familie weiß nicht, wen sie wählen soll“, sagt Werling, die mit ihrem deutschen Mann und den beiden Kindern in Jockgrim lebt und an der Universität Landau promoviert. Die 32-Jährige ist im Norden Floridas aufgewachsen, einem „Swing State“, einem Staat, der für den Ausgang der Wahlen entscheidend sein wird. Werling darf zwar selbst nicht wählen, weil sie nicht mehr in Florida gemeldet ist, doch darüber ist sie diesmal nicht unglücklich: „Ich wüsste nicht, wem ich meine Stimme geben sollte. Ich halte beide für die falschen Kandidaten.“ Sie sei zwar eher konservativ eingestellt, aber Trump wählen? Dennoch übt sie Kritik an der Berichterstattung der deutschen Medien. „Auch Hillary hat viele Skandale, die sie immer wieder vertuschen wollte“, sagt die Kommunikationswissenschaftlerin. Viele störten sich am Establishment in Washington, das nach Meinung der Trump-Anhänger nur für den eigenen Vorteil arbeite, sagt Werling. Egal, wie die Wahl ausgehen mag, Angst müsse die Welt nicht haben – da sind sich Werling und Horvath sicher. Das politische System der USA basiere auf „Checks and Balances“, auf Kontrolle und Machtverteilung durch die Institutionen. Die ersten Wahlergebnisse werden nach deutscher Zeit am frühen Mittwochmorgen gegen 1 Uhr einlaufen, die letzten gegen 7 Uhr. Die Landauer Politikwissenschaftler werden bei einer Wahlparty des Frank-Loeb-Instituts die Nacht vor dem Fernseher verbringen. So oder so – das Ergebnis wird morgen für Diskussionen sorgen. |ansc

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