Landau Für immer jung

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Er ist das wohl berühmteste Schaltjahres-Geburtstagskind: das italienische Opern-Genie Gioachino Rossini. Auch der 1468 geborene Papst Paul III. soll zu diesem exklusiven Klub gehören. Aktuelle – mehr oder weniger prominente – deutsche Vertreter sind Fußball-Nationalspieler Benedikt Höwedes, Model Lena Gercke und Dana Schweiger, Modeunternehmerin und Ex-Frau von Til Schweiger. Sie haben an einem 29. Februar Geburtstag und können diesen streng genommen nur alle vier Jahre feiern. Denn diesen Tag gibt es nur in Schaltjahren – kein anderer steht so selten in unserem Kalender. Die Chance, an einem 29. Februar geboren zu sein, ist daher sehr gering. In Eschbach scheint dieses kuriose Phänomen dennoch häufiger aufzutreten. In der Gemeinde mit rund 600 Einwohnern gibt es gleich zwei Jubilare, die am kommenden Montag, am 29. Februar, Geburtstag feiern: Lorenz Schmitzer und Michael Naab. „Es hängt von der Einstellung ab, ob es ein Vorteil oder Nachteil ist, am 29. Februar geboren zu sein“, sagt Michael Naab, der am Montag 40 Jahre alt wird. Er feiert in der Regel am 28. Februar, da ihm seine Mutter schon in frühester Kindheit erklärt habe, dass er im Monat Februar geboren sei und deshalb auch im Februar feiern müsse. An dieses mütterliche Gebot hielt er sich lange ausnahmslos. Bis ihm eines Tages ein hübsches Mädchen am 1. März zum Geburtstag gratulierte. Verschämt gestand er damals: „Ich habe gestern Geburtstag gefeiert.“ Seitdem feiert er gleich an zwei Tagen, am 28. Februar und am 1. März. Um Punkt Mitternacht hält er kurz inne – die Sekunde zwischen dem 28. Februar und dem 1. März, das ist sein Geburtstag. Dabei kam Michael Naab nur ganz knapp in den Genuss dieses seltenen Geburtsdatums: Laut Urkunde ist er um 23.25 Uhr geboren. Dass er am Montag – eigentlich erst zum elften Mal – regulär Geburtstag hat, freut den Eschbacher einerseits. Andererseits kann er ihn in diesem Jahr dann nicht zwei Tage lang feiern. Noch stört den siebenjährigen Lorenz, Sohn von Michaela und Mathias Schmitzer aus Eschbach, der Rummel um seinen besonderen Geburtstag nicht. Auch seine Eltern nehmen die Sache gelassen. Natürlich wisse er, dass er seinen Geburtstag nicht immer am gleichen Tag feiern kann. Dabei war der Geburtstermin ein kleiner Schock, denn ursprünglich war dieser auf Anfang März datiert. Als Lorenz jedoch nicht mehr so lange warten wollte, schlugen die Ärzte einen Kaiserschnitt vor – damit wäre die Geburt auf einen 28. Februar gefallen. Doch Michaela Schmitzer entschied sich anders: „So, wie es kommt, ist es recht“, verfügte sie. Sechs der bisherigen sieben Geburtstage feierte Lorenz Schmitzer am 1. März, lediglich vor vier Jahren konnte er am 29. Februar feiern. Wie es der bald Achtjährige künftig hält, wenn er sich der Tragweite des Datums bewusst ist, wollen seine Eltern ihm selbst überlassen. Mit dem 29. Februar hat sich die Familie inzwischen angefreundet, immerhin sei dies ein ganz besonderer Tag, betonen die beiden Eltern. Wie viele Schalttagskinder es gibt, kann man nur schätzen, da das Bundesamt für die Statistik nicht die Geburtenzahlen einzelner Tage erfasst. In Deutschland sind es vermutlich 55.000. „Ein Wunschtermin ist der 29. Februar nicht unbedingt “, berichtet Heiko Ries, Pressesprecher des Landauer Vinzentius-Krankenhauses. Doch schummeln gilt nicht: „Die optimalen Bedingungen für das Neugeborene sind im Zweifel immer wichtiger als ein gewolltes Geburtsdatum“, erteilt Ries all denen eine Absage, die mit einem Kaiserschnitt verhindern möchten, dass ihr Kind an einem 29. Februar zur Welt kommt. Und anstelle des 29. einfach den 28. Februar eintragen lassen? Standesbeamte lassen bei der Beurkundung nicht mit sich verhandeln, versichert Ralph Minor, Vorsitzender des Fachverbands der Standesbeamten in Rheinland-Pfalz: „Ein Standesbeamter erhält von einem Arzt eine Geburtsanzeige, da gibt es nichts zu diskutieren.“ In den vergangenen acht Schaltjahren wurden im Vinzentius-Krankenhaus lediglich 28 Schalttagskinder geboren. 2012 und 2008 waren es jeweils nur zwei. Allerdings gehören Februar und März ohnehin nicht zu den geburtenstarken Monaten. Doch nicht alle Neugeborenen im Vinzentius-Krankenhaus bleiben nach ihrer Geburt Landauer, wie Zahlen aus dem Landauer Standesamt zeigen: In den vergangenen sechs Schaltjahren wurden lediglich drei Geburtsurkunden für Schalttagskinder ausgestellt. Vor vier Jahren, am 29. Februar 2012, wurde nur ein einziges Kind geboren, dessen Eltern die Geburt in Landau beurkunden ließen. In Annweiler zählen die Standesbeamten nur ein einziges Schalttagskind aus dem Jahr 1996, in Herxheim sind es immerhin neun – die letzte Geburtsurkunde, die auf einen 29. Februar datiert ist, stammt ebenfalls aus dem Jahr 1996. Genau acht Jahre früher ist Vanessa Marx geboren. Die Herxheimerin findet ihr Geburtsdatum „einfach cool“, wie sie sagt. Es sei schließlich ein besonderes Datum, das nur wenige Menschen feiern können. Die Bankangestellte hat kein Problem mit ihrem Geburtstag. Rechnete man nur die „echten“ Geburtstage, würde sie am Montag gerade mal sechs Jahre alt. Somit habe sie gute Chancen, immer jung zu bleiben, scherzt sie. In der Regel feiert sie ihren Geburtstag am 1. März – nach dem Rat ihrer Oma, die ihr mit auf den Weg gab: „Einen Geburtstag feiert man nicht vor, das bringt Unglück.“ Ihre Familie denke zwar auch in Nicht-Schaltjahren an ihren Geburtstag, doch bei Facebook-Freunden sei das nicht immer so. Offenbar kommt das soziale Netzwerk, das virtuelle Freunde normalerweise ans Gratulieren erinnert, mit diesem Datum nicht zurecht. Die Laune verderben lasse sie sich davon aber nicht. In den meisten Fällen kämen die Gratulationen dann doch noch – nur eben mit etwas Verspätung. Übrigens: Der 29. Februar ist auch bei Brautpaaren eher unbeliebt. Denn geheiratet wird an diesem besonderen Datum nur ganz selten, wie Ralph Minor vom Fachverband der Standesbeamten bestätigt. Er selbst könne sich an keine einzige Eheschließung an einem Schalttag erinnern. (pkl/adh/tca)

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