Landau Grüne fordern Kampagne für Straßenumbenennung

So ist Offenburg mit dem Thema umgegangen.
So ist Offenburg mit dem Thema umgegangen.

Bleibt es dabei, dass drei Straßen in Landau umbenannt werden? Zum Monatsende will eine Bürgerinitiative genug Unterschriften gegen diese Entscheidung des Stadtrats beisammen haben. Die Grünen wollen mit einer Kampagne gegensteuern.

Die Grünen-Fraktion im Stadtrat will, dass die Stadtverwaltung die Landauer über die Gründe für die im April beschlossene Umbenennung der Kohl-Larsen-Straße, der Hindenburgstraße und der Hans-Stempel-Straße informiert. Damit reagiert die Fraktion offenbar auf das bald endende Bürgerbegehren gegen die Umbenennung.

„Die Benennung einer Straße war, ist und bleibt eine Ehrung einer Person und ihrer Verdienste“, betonen die Fraktionsvorsitzenden Lea Heidbreder und Lea Saßnowski in ihrem Antrag für den Stadtrat. Die Namensträger von Straßen würden „ganz automatisch als wichtige, ehrenswerte Personen in unserem Gedächtnis abgespeichert“. Deshalb sei es so wichtig, Straßennamen mit Bedacht zu wählen und bei neuen Erkenntnissen die gewährte Ehrung wieder zu entziehen. Ex-Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU) hatte sogar einmal davon abgeraten, überhaupt noch Straßen nach Persönlichkeiten zu benennen.

Grüne: Es gibt K.o.-Kriterien

Gegen die Umbenennung wird häufig argumentiert, dass dies eine Form der Geschichtsfälschung sei. Stattdessen sollte man auch zu heute umstrittenen Straßennamen stehen und die Schilder um Zusatzinformationen und QR-Codes zum Weiterlesen ergänzen, warum jemand heute kritisch gesehen wird. Das schlägt auch die Landauer Bürgerinitiative gegen Straßennamen-Umbenennung vor, und dies war auch der Vorschlag der Stadtverwaltung für den Fall, dass der Stadtrat sich gegen eine Umbenennung ausgesprochen hätte.

Die Grünen sehen das anders. Ein Straßenschild lasse keine ausreichend differenzierte Betrachtung zu. Es müsse K.o.-Kriterien geben wie Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit oder Nationalsozialismus. „Wer hier negativ auffällt und dennoch mit einer Straße geehrt wird, trägt zur Verharmlosung und Normalisierung dieser unmenschlichen Einstellungen bei“, schreiben Saßnowski und Heidbreder.

Konkret werfen sie Ludwig Kohl-Larsen vor, nicht nur früh Mitglied der NSDAP und SA gewesen zu sein, sondern auch „Wegbereiter und glühender Verfechter der rassistischen ideologischen Grundlagen“ des Nationalsozialismus. Er habe den Beweis der rassischen Überlegenheit der Arier liefern wollen.

Problemfall Stempel

Hindenburg werfen sie vor, mit seinem Verbreiten der Dolchstoßlegende die Weimarer Republik ins Wanken gebracht zu haben. Gemeint ist die Verschwörungserzählung, dass das Deutsche Reich beziehungsweise sein Heer den Ersten Weltkrieg nur wegen mangelnder Unterstützung insbesondere durch Sozialdemokratie und Judentum verloren habe. Zudem habe der Reichskanzler das Ermächtigungsgesetz unterzeichnet, das es ermöglichte, Gesetze zu erlassen ohne Zustimmung von Reichstag, Reichsrat und Gegenzeichnung des Reichspräsidenten.

Beim ehemaligen Kirchenpräsidenten Hans Stempel sei die Abwägung „sicherlich am schwersten, doch mit seinem Einsatz für NS-Täter ohne Reflexion und ohne Mitgefühl und Gedanken an die Opfer“ habe auch diese Umbenennung eine

Mehrheit gefunden.

Nach Auffassung der Grünen sind viele Landauerinnen und Landauer über die Biografien der Namensgeber nur schlecht oder gar nicht informiert – eine Einschätzung, die durch Kommentare zur RHEINPFALZ-Berichterstattung auf Facebook gestützt wird. Das sollte durch eine breite Kampagne geändert werden, so die Grünen, damit am Ende die Mehrzahl der Landauer „aus Überzeugung hinter der vom Stadtrat beschlossenen Umbenennung der Straßen stehen kann“.

Die Grünen stellen sich eine Kampagne auf den Social-Media-Kanälen der Stadt, mit Plakaten und Interviews vor, um Argumente für die Straßenumbenennungen aufzuzeigen. Darüber hinaus sollten weitere Maßnahmen geplant werden, um im Falle eines Bürgerentscheids schnell handlungsfähig zu sein.

Bürgerinitiative: Rat soll einlenken

Karl-Heinz Schehl, einer der Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Umbenennungen, sagte am Dienstag, dass die BI ihre gesammelten Unterschriften am Donnerstag, 29. August, Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) überreichen will. Geißler ist ein glühender Verfechter der Umbenennungen. 2659 Unterschriften müssten es bis dahin sein. Schehl ist sehr zuversichtlich, dass das klappt. 2601 Unterschriften lägen schon vor, und bei den Infoständen – am Samstag wieder auf dem Rathausplatz – kämen in der Regel 150 dazu. Schehl sagt, dass die BI bereits doppelte und ungültige (zum Beispiel wegen Wohnort im Kreis) Unterschriften aussortiert habe und einen Sicherheitspuffer einplane.

Schehl hofft, dass der Stadtrat dies als starkes Signal empfindet und – vermutlich im November – dem Bürgerbegehren folgt, also die beschlossene, aber noch nicht vollzogene Umbenennung rückgängig macht. Wenn der Stadtrat den Bürgerwillen akzeptiere, könnten Aufwand und Kosten für einen Bürgerentscheid vermieden werden. Ob bei diesem Thema die Karten aufgrund der Kommunalwahl neu gemischt sind, muss sich erst noch herausstellen. Wenn der Rat dem Bürgerbegehren nicht folgt, muss die Stadtverwaltung einen Bürgerentscheid im Frühjahr vorbereiten, der organisatorisch einer Oberbürgermeisterwahl entspricht. Beim ersten Bürgerentscheid in Landau müssten sich etwa 15 Prozent der Wahlberechtigten oder rund 5000 Menschen gegen die Straßenumbenennung aussprechen, wenn dieser Erfolg haben soll.

Im September 2023 hatten sich die Menschen in Bad Dürkheim bei einem Bürgerentscheid mit fast 74 Prozent gegen die Umbenennung von drei Straßen ( Karl-Räder-Allee, Philipp-Fauth-Straße und Maler-Ernst-Straße) ausgesprochen, nachdem der Stadtrat sich von einem Bürgerbegehren nicht hatte umstimmen lassen.

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