Landau Landau: Bernstein- und Trassenwaldschaben gibt es in der Pfalz

schabe2.JPG
Bernstein- oder Trassenwaldschabe? Nur Experten können sie unterscheiden. Dieses Exemplar ist laut Alban Pfeifer sehr wahrscheinlich eine Lappland-Waldschabe, Ectobius lapponicus.

„Aus Schaben wird man klug“, spottet der Kollege in der Redaktionsstube und fängt das Viech mit der bloßen Hand. Anderen wird es ganz anders, wenn sie dem bronzefarbenen Insekt begegnen. Kakerlaken? Nein, harmlose Bernstein- oder Trassenwaldschaben, beruhigt der Fachmann.

„Ihhhh, eine Kakerlake“, ruft sie, „wie ekelig.“ „Hab dich nicht so“, sagt ihr Gegenüber und wischt die Schabe vom Tisch. Abendliche Szene in einem Hof mitten in der Landauer Innenstadt. Die dämmerungs- und nachtaktiven Tierchen sind Gesprächsthema auch in anderen Runden. Die RHEINPFALZ hat einen Experten dazu befragt. Der Biologe Alban Pfeifer aus Bobenheim-Roxheim gibt Entwarnung: Diese Insekten seien keine Kakerlaken, auch bekannt als Küchenschaben und Vorratsschädlinge, sondern Bernstein-Waldschaben – Ectobius vittiventris – oder in den meisten Fällen Trassenwaldschaben – Planuncus tingitanus. Und: „Beide sind harmlos.“ Zu unterscheiden seien sie kaum.

Insektenexperte Pfeifer

Pfeifer muss es wissen. Bei der Pollichia Pfalz gilt er als der Insektenexperte schlechthin. Mit den Schaben ist er sehr vertraut. 2012 hat er im Westen Friesenheims bei Ludwigshafen die Trassenwaldschabe entdeckt, ein Jahr zuvor in Landau den Erstnachweis der Bernstein-Waldschabe für Rheinland-Pfalz erbracht. Der 55-Jährige, der zurzeit auf Schaben-Erkundungstour in den Schweizer Bergen ist, erklärt im Gespräch, dass sich die Schaben „mordsmäßig“ vermehrt haben. „Auch ein Zeichen für den Klimawandel“. Die Trassenwaldschabe ist Nordafrikanerin, eigentlich im Atlasgebirge zu Hause. Vor zehn Jahren wurde sie eingeschleppt. In der Rheinebene habe sie ideale Lebensbedingungen gefunden. „Sie ist weniger schädlich als eine Stubenfliege, die sich ja auch mal auf Kot setzt.“ Die Trassenwaldschabe sei ein eher reinliches Tier, lebe im Gebüsch, ernähre sich von Pflanzenresten und auch angefaultem Obst. Für alles andere sei ihr Mundwerkzeug gar nicht kräftig genug.

Verbreitung in den Norden durch Menschen

Ebenso wie sie halten sich laut Pfeifer auch die Bernstein-Waldschaben nicht gerne im Haus auf. Zwar habe es in einem Schweizer Krankenhaus vor Jahren mal eine Plage gegeben, das sei aber die Ausnahme. Die Gattung stammt aus dem Mittelmeerraum. „Sie hat sich langsam nach Norden vorgearbeitet, mit Hilfe des Menschen“, sagt Pfeifer. Zuerst erkundeten die Tiere die Schweiz, dann Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz. Inzwischen seien sie auch in Nordrhein-Westfalen zu finden. Es nütze nichts, Trassenwald- oder Bernstein-Schaben im Haus zu bekämpfen. „Sie kommen von draußen rein.“ Selbst wenn sie Eigelege, Ootheken, im Haus hinterlassen, erklärt Pfeifer. „Die Junge haben keine Chance, dort zu überleben.“ Die Schaben legen ihre Eier im Herbst, die Jungen schlüpfen im Frühjahr. Für einen Sommer. Im Herbst verenden sie.

Kaum natürliche Feinde 

In Deutschland ist die Gruppe der Schaben klein. Der Biologe, der sich auch auf Heuschrecken und Tagfalter spezialisiert hat, kennt hierzulande zehn Arten Schaben, weltweit sind es 4600. Sehr selten, wenn auch nicht bedroht, sei an einigen Stellen auf den Ostfriesischen Inseln die Küstenschabe. Bis auf das ein oder andere Insekt, dass sich auch mal eine Schabe munden lässt, haben die Tiere keine natürlichen Feinde, erzählt Pfeifer. Wie müssen wir uns seine Expeditionen vorstellen? Ganz unprätentiös. Zu den wichtigsten Instrumenten Pfeifers zählt sein Regenschirm. Den spannt er auf, dreht ihn um und hält ihn unter ein Gebüsch, bevor er es schüttelt oder daran rüttelt. In den Alpen sucht er die Insekten unter Steinen. Die Exemplare verstaut er in Gläsern. Zu Hause oder im Quartier werden sie in Alkohol gelagert oder aufgespießt, die Flügel aufgespannt. „Denn unter den Flügeln finden sich besondere Merkmale, die die Schaben voneinander unterscheiden.“

pfeifer.JPG
Eine Schabe hat Alban Pfeifer im Trassenwald bei Friesenheim entdeckt, die andere in Landau.
schabe.JPG
So sieht eine Bernstein-Waldschabe aus.
trassenw.JPG
Dies ist eine Trassenwaldschabe, die in der Pfalz immer häufiger ist.
x