Landau Mit Trauermarsch die Kerwe belebt

Ein Umzug, ein Kerwekranz und Freibier gehören in vielen Dörfern zur Kerwetradition. In einigen Gemeinden gibt es Besonderheiten: In Ottersheim beschließen die Bürger das Fest mit einem Trauermarsch, im Nachbarort lassen Kerweredner das Jahr Revue passieren und in Wörth verlegen die Chöre ihre Singstunde in die Gaststätte.

Die Trauergemeinde schluchzt, Männer greifen zu karierten Stofftaschentüchern, Frauen weinen still in ihre Hände: Die Kerwe wird beerdigt. Seit mehr als 30 Jahren endet in Ottersheim das Fest mit einem Trauermarsch durch die Straßen. Bürgermeister Gerald Job erinnert sich daran, wie der Trauermarsch ins Leben gerufen wurde: 1985 sei die Kerwe „fast ausgestorben“ gewesen. Deshalb beschlossen Ottersheimer Jugendliche ihr wieder neuen Atem einzuhauchen – mit einem Trauermarsch. Jedes Jahr finden sich seither zum Kerweende die „Trauernden“ am Dienstagabend auf dem Kerweplatz zusammen. Danach zieht die Gemeinde durch den Ort. Begleitet wird sie von der Musikkapelle. Auch eine Trauerrede wird gehalten. Diese übernimmt seit einigen Jahren die „Bärenkönigin“. Sie erzählt von lustigen Dingen, die während der Kerwe vorgefallen sind. „Ich weiß nicht, wie die das immer mitbekommen“, meint Job lachend. Organisiert wird der Marsch immer noch von den „Jugendlichen“ von damals, die sich mittlerweile in der Interessengemeinschaft Kerwe organisiert haben. Auch die Knittelsheimer führten Mitte der 1990er-Jahre einen neuen Brauch ein, um die Kerwe wieder aufzufrischen. Zwei Männer, die aus der West- und Vorderpfalz zugezogen waren – einer von ihnen Ortsbürgermeister Ulrich Christmann –, brachten die Tradition der Kerwerede aus ihren Gemeinden mit. Zunächst trug ein Dorfbüttel die Rede in Knittelsheim vor. Es wird von Missgeschicken und Verwechslungen, die sich im Laufe des Jahres im Dorf zugetragen haben, im Dialekt erzählt. Mittlerweile halten zwei Frauen im Duett die Rede und berichten sich gegenseitig von den Vorfällen. Am nächsten Wochenende feiern die Knittelsheimer wieder Kerwe. Allerdings wird es in diesem Jahr keine Kerwerede geben: „Es ist einfach nicht genug passiert“, sagt Christmann. Wenn am Kerwemontag in Wörth die drei Männer-Gesangvereine MGV Concordia, Männerchor und Lyra/Liederkranz gemeinsam im Bayerischen Hof singen, knüpfen sie an eine langjährige Tradition an. Bereits Anfang der 1950er-Jahre hielten die Wörther Gesangvereine ihre lockere „Kerwesingstund“ am Montagmorgen in verschiedenen Gastwirtschaften ab, erzählt Günther Vogel von der Concordia. Der frühere Dirigent Willy Börckel berichtet, dass er 1958 nach der Übernahme des MGV Concordia diese Kerwesingstunde „verpflichtend“ eingeführt habe. „Die anderen Gesangvereine haben peu à peu nachgezogen und haben sich ebenfalls in ihren Stammlokalen zum Singen eingefunden.“ Die Concordia im „Hirsch“, der Männerchor im „Engel“, die Lyra im „Bayerischen Hof“ und der Liederkranz im „Rössel“. An diesem Montag hatten fast alle Sänger und viele Wörther Bürger Urlaub. Gleichzeitig gab es nämlich in den Sälen der Gaststätten am Vormittag kostenlose Tanzmusik. „Das war einmalig in der ganzen Gegend, so dass auch viele Auswärtige nach Wörth kamen“, berichtet Rony Schaaf. Er selbst spielte in der „Blau-Weiß-Junior“-Kapelle im „Engel“. „Mehrere Frauen kamen von der Tanzmusik runter zu uns, äußerten ihre Wünsche, welche Lieder sie von uns hören wollten und gaben uns dafür ein paar Schoppenweine aus“ erinnert sich Willy Börckel. „Vor der Tanzmusik gab es um 9 Uhr in der katholischen Kirche noch einen Gottesdienst für die Verstorbenen“, erzählt Christel Schaaf. Während einige Vereine die Kerwesingstunden im Laufe der Jahre sausenließen, hält der MGV Concordia bis heute daran fest und lädt wechselnde Gastsänger dazu ein. Umzug, Freibier, Aufziehen des Kerwebaums: Das Geschehen rund um den „Rheinzammer Markt“ steht stellvertretend für viele Kerwen in der Region. Samstags ziehen Kinder mit bunten Kerwestecken und Fahrrädern, der Musikverein Lyra, Feuerwehrleute und eine Abordnung des Schützenvereins zusammen mit dem Kerwebaum, der Kerwekrone sowie einem Fass Freibier durch die Hauptstraßen von Rheinzabern bis zum Marktplatz. Dort wird der Kerwebaum aufgestellt. Nun greift der Bürgermeister zum Hammer und sticht das Fass an. „Prost uff de Rheinzammer Markt, Prost uff unser Kerwe“, rief Bürgermeister Gerhard Beil dieses Jahr wieder in die Menge. Die Freudenböller der Schützen verkünden weit hörbar, dass der Markt eröffnet ist. Den Kerwekranz bindet seit mehr als 30 Jahren Rudi Arbitter. Der Rheinzaberner fertigt auch die Dekoration für den Schubkarren, auf dem das Bierfass durchs Dorf geschoben wird: Bögen aus Eichenblättern und Bänder werden angebunden und gelbe Fähnchen aufgesteckt, auf denen das Rheinzaberner Wappen zu sehen ist.

x