Landau Nachwuchssorgen: Handwerk lässt Jugendliche Dinge ausprobieren

Bei den Dachdeckern konnte man versuchen, eine Schieferplatte zurecht zu hauen.
Bei den Dachdeckern konnte man versuchen, eine Schieferplatte zurecht zu hauen.

Überall fehlen Fachkräfte – auch und besonders im Handwerk. Zum ersten Mal hat die Kreishandwerkerschaft darum zur Messe „Jugend trifft Handwerk“ eingeladen. Vor dem Landauer Südpfalzstadion hatten sich die verschiedensten Innungen versammelt, um jungen Leuten ein erstes Herantasten an ihre Branche zu ermöglichen.

Die Arbeitgeber kämpfen um den Nachwuchs und wollen die öffentliche Wahrnehmung ändern: Nicht jeder muss an die Uni, eine spannende Karriere ist auch bei der Arbeit mit den Händen möglich. Diese Botschaft sollen Schüler und Eltern mitnehmen.

Zu ihrer ersten Messe hat die Kreishandwerkerschaft alle Schüler in der Südpfalz und darüber hinaus bis Haßloch und Wörth eingeladen. 949 sind letztlich gekommen. Sie bekamen einiges geboten. Überall war Mitmachen angesagt. Bei der Bauinnung konnten die Schüler mit einem Kran eine Mauer bauen, bei den Dachdeckern eine Drohne fliegen. Beides Beispiele dafür, dass die Handwerksberufe immer mehr technisiert sind und nicht mehr nur Muskelkraft vorausgesetzt wird, erklärt Melanie Böhm von der Kreishandwerkerschaft. Eine Drohne habe inzwischen fast jeder Dachdeckerbetrieb, etwa um das Dach auszumessen oder nach Schäden zu suchen – so könne man sich im ersten Arbeitsschritt das Gerüst sparen.

Feingefühl fürs Blech

Das heißt natürlich nicht, dass die körperlichen Aspekte ausgespart werden. Bei den Dachdeckern können die Jugendlichen etwa Nägel in Holz schlagen oder ein Herz aus Blech schneiden. „Versuch, die Schere etwas schräg zu halten, dann klappt es besser“, rät Dachdeckermeister Jörg Groß einem Azubi in spe. Für die Blecharbeit braucht’s Feingefühl, ein andermal ist dann Zeit fürs Grobe. Der RHEINPFALZ erzählt er, dass ein paar Stunden vorher ein paar Schülerinnen ihren Jungsfrust am Nagelbrett ausgelassen hätten. „Das Handwerk dient auch dem Austoben“, sagt Groß mit einem Augenzwinkern.

Weitere Renner sind beispielsweise die Kraftfahrzeug-Innung, die immer wieder mit heulenden Motoren für Aufmerksamkeit sorgt. Oder die Elektro-Innung, bei der die Schüler mit einer Virtual-Reality-Brille einen Arbeitseinsatz nachspielen können. Bei der Steinmetz- und Steinbildhauer-Innung haben drei Jungen vielleicht ihre Berufung gefunden: Jaron, Liam und Franz von der Montessori-Schule haben den halben Tag am Stand von Obermeister Michael Graf verbracht. „Eigentlich war es uns erst langweilig auf der Messe“, berichtet Jaron. „Dann haben wir gesehen, wie hier auf Steine geschlagen wird und wollten mitmachen.“ Mit Hammer und Meißel haben sie eine Flusslandschaft in einen Sandstein gehauen. Nach drei Stunden Arbeit haben die Jungs Blasen an den Händen. „Wir sind heute ohne eine bestimmte Vorstellung gekommen“, sagt Liam. Aber jetzt können sich die drei Jungs im Alter von zwölf bis 14 Jahren gut vorstellen, ein Praktikum bei einem Steinmetz zu machen.

Es gibt gute Karrierechancen

Für Melanie Böhm ist das Musik in den Ohren. Die Zielgruppe für die Messe ist für sie zweigeteilt: Da sind zum einen die Jugendlichen, die bereits mit dem Gedanken an einen bestimmten Handwerksberuf spielen. Sie können mit den Innungen ins Gespräch kommen und sich Tipps für Praktikums- und Ausbildungsstellen geben lassen. Wer wirklich Feuer und Flamme ist, wird am Abend noch auf die Gesellenabschlussfeier auf dem Herbstmarkt eingeladen. Zum anderen sind es diejenigen, die noch nie etwas mit dem Handwerk zu tun hatten. „Wer kommt schon in Kontakt mit Metallarbeit?“, nennt Böhm ein Beispiel. Gitta Altpeter, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, wünscht sich, dass vor allem auch die Eltern das Handwerk wieder als guten Weg für ihre Kinder wahrnehmen. „Es gibt im Handwerk gute Karrieren zu machen. Wer seinen Meister macht, hat gute Chancen, einmal einen Betrieb in der Gegend zu übernehmen. Es ist auch eine Branche, wo man seine Kreativität ausleben kann. Wenn man Talent und Leidenschaft mitbringt, sind den Möglichkeiten wenig Grenzen gesetzt.“

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