Interview 30 Jahre Weltladen: „Bei uns ist das gesamte Produkt fair“

Engagiert: Dorothea Herrmann (links) und Rosemarie Hofmann (Zweite von links) mit dem ehrenamtlichen Weltladen-Team.
Engagiert: Dorothea Herrmann (links) und Rosemarie Hofmann (Zweite von links) mit dem ehrenamtlichen Weltladen-Team.

Seit 30 Jahren besteht der Weltladen in Friesenheim. Er ist eine der Voraussetzungen dafür, dass sich Ludwigshafen seit 2019 als „Faire Stadt“ bezeichnen darf. Im Gespräch erklären Rosemarie Hofmann und Dorothea Herrmann aus dem Vorstandsteam des Trägervereins Volker Endres, welche Bedeutung der Laden über sein Sortiment hinaus hat.

Welche Bedeutung hat der Weltladen für die „Faire Stadt“?
Herrmann: Es gibt gewisse Voraussetzungen, die für eine solche Auszeichnung erfüllt sein müssen. Zum Beispiel muss die Stadt bei eigenen Veranstaltungen fair gehandelten Kaffee und Zucker anbieten. Außerdem benötigt man eine faire Schule, die eben diese Kriterien erfüllt und auch ein Lokal mit fair gehandelten Produkten. Und dann gehört dazu eben auch, dass es einen Weltladen geben muss. Deshalb waren wir 2019 von Anfang an und auch jetzt bei der erneuten Zertifizierung im Steuerungskreis mit dabei. Wir freuen uns darüber, dass Ludwigshafen die 800. Stadt mit dieser Zertifizierung ist. Das ist eine schöne Zahl, aber der Weltladen selbst hat nichts davon.

Das Ladenlokal ist im vergangenen Jahr von der Sternstraße in die Spatenstraße umgezogen. Hat sich das bemerkbar gemacht?
Hofmann: Auf jeden Fall. In der Sternstraße hatten wir gerade an den Markttagen eine Menge Laufkundschaft. Das ist am neuen Standort deutlich weniger geworden. Hier halten uns vor allem die Stammkunden die Treue.

Wer sind die Stammkunden im Weltladen?
Hofmann: Ich würde sagen, dass ist die Generation der über 40-Jährigen. Die meisten davon kennen wir schon längere Zeit. Aus der sogenannten „Generation Z“ kommen nur sehr wenige unserer Kunden. Das ist schade, denn eigentlich setzt doch gerade diese Generation sehr auf bewussten Einkauf. Wir haben auch schon versucht, auf die jungen Leute zuzugehen. Als beispielsweise das Theodor-Heuss-Gymnasium eine Aktionswoche zu fairem Handel gemacht hat, gab es bei uns einen Vortrag darüber. So etwas würden wir jederzeit wieder tun. Außerdem sind wir jedes Jahr Bestandteil des Kinder-Zukunfts-Diploms.

Macht der Weltladen darüber hinaus Öffentlichkeitsarbeit?
Hofmann: Als nächstes sind wir beim Weihnachtsmarkt der Waldorfschule in Frankenthal dabei. Außerdem machen wir am zweiten und dritten Wochenende des Weihnachtsmarktes des Kolpingvereins in Oggersheim mit. Angeblich soll es im kommenden Jahr auch wieder einen Inselsommer auf der Parkinsel geben. Dort waren wir schon in der Vergangenheit vertreten und wären natürlich auch wieder mit einem Verkaufsstand dabei.

Woraus besteht das Sortiment?
Herrmann: Bei den Lebensmitteln sind vor allem die Klassiker wie Tee und Kaffee sehr beliebt. Und natürlich Schokolade. Außerdem führen wir Wein von der Lebenshilfe aus Bad Dürkheim. Das hat zwar wenig mit fairem Handel zu tun, aber wir wollen auch dieses Projekt unterstützen. Außerdem führen wir Geschenkartikel und Spielzeuge von unseren zertifizierten Handelspartnern. Hier können wir bei der Bestellung auch auf Kundenwünsche reagieren. Zu Ostern und Weihnachten machen wir außerdem besondere Tische. Den für Weihnachten bauen wir ab Mitte November auf. Da gibt es dann zum Beispiel Weihnachtskarten aus handgeschöpftem Papier. Die bestellen wir aber erst noch. Wenn wir zu unserem Kunden-Frühstück am 23. November einladen, ist alles da!

Mittlerweile bieten auch Supermärkte fair gehandelte Produkte an. Spüren Sie diese Konkurrenz?
Herrmann: Die Angebote in Supermärkten sind oft nur zu einem Teil fair gehandelt. Ein Anteil, der für die Zertifizierung ausreicht. Bei den Produkten unserer Partner gilt das jedoch für den gesamten Herstellungsprozess. Bei uns können die Kunden sicher sein, dass das gesamte Produkt fair ist, die Leute vor Ort unterstützt werden und dass das Geld auch ankommt. Aber es macht uns nichts aus, dass es beispielsweise bei Aldi fair gehandelte Bananen gibt. Besser die Kunden kaufen sie dort fair gehandelt als gar nicht.

Was sind ihre Verkaufsschlager?
Hofmann: Das sind bei uns schon Tee, Kaffee und Bananen. Mittlerweile haben wir auch getrocknete Mangos und Konfekt vom Projekt „Preda“ für Kinderrechte, das von den Schauspielern des Kölner „Tatort“, Joe Bausch, Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär, unterstützt wird. Unser Ziel ist es, dass wir zu unserem Jubiläum über ein Partnerunternehmen 30 Mangobäume auf den Philippinen pflanzen. Ein Baum kostet zehn Euro. Das sieht aktuell sehr gut aus.

Wie hat sich der Trägerverein mittlerweile entwickelt?
Herrmann: Wir haben aktuell 37 Vereinsmitglieder und 16 Mitarbeiter für den Laden. Dabei ist gerade die Mitarbeitergewinnung für uns nicht einfach. Berufstätige können schließlich schlecht zu den Ladenöffnungszeiten mitarbeiten. Aber bei unserem Tag der offenen Tür neulich hat sich wieder eine Frau zur Mitarbeit im Laden bereiterklärt.

Welche Voraussetzungen braucht man dafür?
Herrmann: Ein wenig Geschick und Verkaufstalent und natürlich die Freude am Kontakt mit Menschen. Außerdem wären Kenntnisse über den fairen Handel und das Interesse daran von Vorteil.

Wohin können sich Interessenten wenden?
Herrmann: Am besten, sie kommen direkt beim Laden in der Spatenstraße vorbei. Dann können sie sich gleich auch mal umschauen. Ansonsten sind wir per E-Mail an weltladen-lu-friesenheim@t-online.de zu erreichen. Das Telefon im Laden funktioniert aktuell leider nicht.

Info

Der Weltladen in der Spatenstraße 1 (Friesenheim) hat immer halbtags geöffnet: montags bis samstags von 9 bis 13 Uhr und donnerstags von 14.30 bis 18 Uhr.

Das neue Ladengeschäft in der Spatenstraße.
Das neue Ladengeschäft in der Spatenstraße.
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