Ludwigshafen An der Zukunft schrauben

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Bei ihrer Sommertour im Wahlkreis machte Staatsministerin Maria Böhmer Station im Berufsbildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer (HWK) der Pfalz. Dort können seit 20. Juni Flüchtlinge Grundlagen der Handwerksberufe erlernen.

Mittwoch, Spätnachmittag, und wohl noch nie haben dem 23-jährigen Reza Rahmani so viele Menschen beim Schrauben über die Schulter geschaut. Maria Böhmer ist auf Sommertour. Mit ihr ein ganzer Tross vom Landrat über Journalisten, Arbeitgeber bis zu Mitarbeitern der Agentur für Arbeit. Doch bevor die alle in die Werkstatt strömen, erzählt der Mann aus Afghanistan, dass er seit anderthalb Jahren in Deutschland lebt. „Ich habe keinen Schulabschluss“, sagt er, ist über die Türkei nach Holland, dann einige Zeit in die Schweiz, dann nach Deutschland gekommen. „Wir haben gute Chancen“, sagt er über das Angebot der HWK. Die Gruppe in der Werkstatt sei „sehr heterogen“ gemischt, sagt Erdem Kar, der als stellvertretender Projektleiter und Sozialpädagoge die Flüchtlinge betreut. Sie kommen nicht nur aus ganz unterschiedlichen Ländern, sondern hätten auch unterschiedliche Vorkenntnisse. „Wir schauen hier: Was können sie? Was macht ihnen Spaß?“, erklärt er, worauf es ankommt. Im Hintergrund wird gearbeitet, Sicherungskästen zusammengebaut, Stromkreise geschlossen. Die Flüchtlinge lernen hier Grundelemente der Handwerksberufe. Wie es dann weiter geht? Reza Rahmani kann sich vorstellen, in den Bereich Elektro oder Metallbau zu gehen. Auch Maler interessiert ihn. All das probiert er zwei Wochen lang aus. „Die Sprache ist die größte Barriere“, sagt Projektleiter Kar. Und auch so einige kulturelle Unterschiede gebe es zu überwinden, ergänzt er schmunzelnd. „Aber die Pünktlichkeit haben wir inzwischen drin.“ Dann kommt der Politiker-Tross, schaut, redet, staunt auch ein bisschen, über Deutsch-Kenntnisse etwa und über die Motivation der jungen Menschen. Mit dabei ist auch Andreas Christ. Er hat eine Metzgerei in Rödersheim-Gronau. Seit 1. August ist ein 19-jähriger Afghane in seinem Betrieb. Zunächst für ein Jahr sogenannte Einstiegsqualifizierung, dann möchte er ihn in die Fleischer-Ausbildung übernehmen. Christ kennt den jungen Mann inzwischen gut, hatte ihn bereits als Praktikant beschäftigt. „Es hat alles gepasst“, sagt der Arbeitgeber. In der anschließenden Diskussion zwischen Politikern, Arbeitsagentur und Arbeitgebern werden auch Schwierigkeiten deutlich. Etwa, dass viele arbeiten wollen, aber nicht erst drei bis vier Jahre lang eine Ausbildung machen möchten. Viele wüssten nicht, wie wichtig eine berufliche Qualifikation ist, sagt Böhmer. Doch Beate Schnitzius, Vorsitzende der Agentur für Arbeit, macht den Betrieben Mut, Flüchtlinge einzustellen: „Machen Sie sich die Arbeit. Sie können einige Perlen entdecken.“

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