RHEINPFALZ-Expertentelefon Die Reform des Betreuungsrechts und die Folgen

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Den Termin schon mal vormerken: Fünf Expertinnen und Experten beantworten am kommenden Dienstag, 27. September, zwischen 12 und 14 Uhr im Pressezentrum der RHEINPFALZ telefonisch Fragen zum Thema Betreuungsrecht.

Beim Betreuungsrecht geht es um den Schutz von Menschen, die ihre Rechte wegen psychischer Krankheit, geistiger Behinderung oder anderen Erkrankungen/Behinderungen (etwa Demenz) nicht selbst vertreten können. Diesen Schutz stellt der Staat sicher, indem er ihnen einen Unterstützer (rechtlicher Betreuer) zur Seite stellt. Das ist so seit 30 Jahren. 1992 löste das Betreuungsrecht die bis dahin gültigen gesetzlichen Regelungen über die Vormund- und Pflegschaft für erwachsene Menschen ab.

Abschaffung der Entmündigung

Die wichtigste Änderung war die Abschaffung der Entmündigung: Statt anonymer Verwaltung der vormaligen „Mündel“ sollten die Person und die Wünsche des nunmehr „Betreuten“ im Vordergrund stehen, die für den Betreuer maßgeblich sind. Seit es das Betreuungsrecht gibt, gab es aber auch immer wieder Kritik daran. So wurde in Frage gestellt, ob das deutsche Betreuungsrecht mit der seit 2009 auch für Deutschland gültigen UN-Konvention über die Rechte Behinderter konform ist. In zwei vom Justizministerium beauftragten Untersuchungen zum Betreuungsrecht, die 2018 veröffentlicht wurden, ergaben sich Defizite, etwa hinsichtlich der praktischen Umsetzung rechtlicher Vorgaben und einer mangelhaften Umsetzung des sogenannten Erforderlichkeitsgrundsatzes, also der Vorgabe, dass eine Betreuung nur eingerichtet werden darf, wenn sie tatsächlich notwendig ist.

Darauf hat der Gesetzgeber mit der zum 1. Januar 2023 in Kraft tretenden und mit Abstand umfassendsten Reform des Betreuungsrechts reagiert. Prägend ist dabei vor allem die Betonung der Selbstbestimmung und Autonomie der unterstützungsbedürftigen Menschen, gekennzeichnet durch die Betonung von „unterstützender Entscheidungsfindung“ statt „ersetzender Entscheidungsfindung“.

Ziel: Qualität verbessern

Ein weiteres Anliegen der Reform ist die Verbesserung der Qualität in der Arbeit rechtlicher Betreuer. Hierfür werden neue, für die Praxis dieser Betreuung bedeutsame Vorgaben eingeführt. Die Tätigkeit des rechtlichen Betreuers ist in aller erster Linie ein Ehrenamt. Daneben gibt es aber professionelle Betreuer, die immer dann ins Spiel kommen, wenn für eine Betreuung kein Ehrenamtlicher bereitsteht. Sei es, weil tatsächlich niemand da ist, der diese Aufgabe übernehmen könnte, oder aber, weil abzusehen ist, dass ein Ehrenamtlicher mit der Aufgabe überfordert wäre. Für beide Gruppen gibt’s neue Vorgaben, bei denen die Betreuungsvereine ins Spiel kommen.

Deren Aufgabe ist es seit jeher, ehrenamtliche Betreuer und seit der vorletzten Reform 2005 auch Bevollmächtigte zu beraten, zu unterstützen und zu schulen.

Verbindliche Vereinbarung

Diese Angebote der Betreuungsvereine, die in Ludwigshafen und der Vorderpfalz teilweise gemeinsam innerhalb der Arbeitsgemeinschaft (AG) Betreuungsvereine erbracht werden, waren jedoch bisher nicht mehr als Angebote, die von Ehrenamtlichen in Anspruch genommen werden konnten, aber nicht mussten.

Das ändert sich nun. Jeder, der als Nicht-Verwandter ab nächstem Jahr eine Betreuung übernimmt, muss oder „kann“ (bei mit dem Betreuten Verwandten) mit einem Betreuungsverein eine Vereinbarung über die Begleitung und Unterstützung abschließen. Dadurch erhofft man sich eine an den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention orientierte qualitätvolle Betreuung.

Die AG Betreuungsvereine sieht diese Neuerung sehr positiv, weil sie davon ausgeht, dass eine kontinuierliche Begleitung bei dieser anspruchsvollen Tätigkeit den Betreuern zugutekommt, aber auch den Betreuten, die von einer größeren Kompetenz ihres Betreuers profitieren sollen.

Kontakt zu den Experten

Fragen zu diesem komplexen Thema beantworten Jerry Schackert, Betreuungsverein Arbeiterwohlfahrt Frankenthal, Martin Schoenberger vom SKFM-Betreuungsverein Ludwigshafen, Ralph Sattler vom Betreuungsverein Ludwigshafen im Diakonischen Werk Pfalz, Vera Rosisko vom Arbeiterwohlfahrt-Betreuungsverein Pfalz, Petra Maier vom Betreuungsverein der Johanniter/Pfalz und und Christina Pawellek von der Lebenshilfe. Erreichbar sind sie unter 0621 5902-230, -240, -243, -246, -270.

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