Ludwigshafen Essen schmeckt auswärts besonders
Ludwigshafen. Der Tusem Essen musste in der jüngeren Vergangenheit einiges schlucken. Dem Handball-Traditionsverein wurde zweimal die Lizenz entzogen, zweimal stieg der dreifache deutsche Meister in die Regionalliga ab. Zwar kam Essen immer wieder zurück, doch der Glanz der 1980er Jahre ist schon lange verblasst. Am Samstag nun tritt Essen in Friesenheim an (17 Uhr, Friedrich-Ebert-Halle). Auswärts schmeckt Essen den Gastgebern besonders gut.
Von 1986 bis 1994 war die erfolgreichste Zeit des Turn- und Sportvereins Essen-Margarethenhöhe. Drei deutsche Meisterschaften, drei Pokalsiege und zwei Europapokalsiege feierte der Verein in diesen acht Jahren. Der letzte internationale Titel, der EHF-Pokalsieg 2005, schmeckte Essen allerdings nicht gut. Denn ein griechischer Hauptsponsor zahlte die vertraglich zugesicherten Gelder nicht. Essen musste – nach 26 Jahren ununterbrochener Bundesliga-Zugehörigkeit – in die Regionalliga absteigen. Kaum hatte sich der Verein wieder aufgerappelt, gab es Ende 2008 wieder finanzielle Probleme. Zum zweiten Mal wurde Tusem die Lizenz entzogen. Viele Spieler verließen den Verein. Tusem hielt den Spielbetrieb mit einer besseren Jugendauswahl und sechs britischen Nationalspielern aufrecht. Am Ende musste die Mannschaft zwangsabsteigen, mit gerade einmal drei Punkten. Das war zwar nebensächlich, aber eine der erfolglosesten Bilanzen in der bislang 50-jährigen Geschichte der Handball-Bundesliga. 2012 stieg Essen abermals in die Bundesliga auf. Doch die Verantwortlichen gingen kein finanzielles Risiko ein. Die Folge: Essen stieg wieder ab. Seitdem wird es wirtschaftlich immer schwieriger für den Tusem. 2013, als der Klub aus der Bundesliga kam, wurde der Etat um 500.000 Euro eingedampft – auf 1,2 Millionen Euro. Mit diesem Geld aber musste auch die Nachwuchsarbeit finanziert werden. Diese verfolgt Essen mit viel Herzblut. Vom Deutschen Handball-Bund wurde der Klub mehrmals für eine vorbildliche Jugendarbeit ausgezeichnet. Nichts anderes bleibt dem gefallenen Topverein übrig. Denn im Vorjahr wurde der Etat abermals abgespeckt, auf 900.000 Euro. Vor der aktuellen Saison wurden dann noch einmal etwas mehr als 60.000 Euro abgezwackt. „Es ist schmerzlich, Jahr für Jahr weniger Geld zur Verfügung zu haben“, sagt Geschäftsführer Nils Erwanger, „dies wirkt sich zwangsläufig auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit aus.“ Vor dieser Saison begann daher eine Rochade. Trainer Mark Dragunski wurde völlig überraschend als Chefcoach abgelöst. Enttäuscht kehrte der ehemalige Nationalspieler auf die Position des Jugendkoordinators und Trainers der zweiten Mannschaft zurück. Für Dragunski kam Stephan Krebietke. Der war bislang Sportlicher Leiter, saß aber schon unter Dragunski mit auf der Bank. Dem studierten Sportwissenschaftler Krebietke blieb ein neuerlicher Umbruch erspart. Große Sprünge bei Neuverpflichtungen konnte sich Essen allerdings auch nicht leisten. Zwei Spieler kamen vor der Saison auf Leihbasis von Bundesligisten: Georg Pöhle (TBV Lemgo) und Srdjan Predragovic (VfL Gummersbach). Der 20 Jahre alte Bosnier hat sich aber Anfang Dezember den Daumen gebrochen und fällt für längere Zeit aus. Das ist ein schwerer Schlag für Essen. Denn die Mannschaft kämpft um den Klassenverbleib. Nach einem guten Start fiel Tusem ab. Trainer Krebietke sieht die Lage noch entspannt. „Die Mannschaft hat inzwischen mehr Stabilität und eine Linie gefunden“, sagt er, bemängelt aber, dass das Team nicht konstant genug ist. Auswärts holte die Mannschaft erst fünf Punkte, zu Hause dagegen 15. Daher sagt Krebietke auch: „Wir schauen in der Tabelle doch eher nach unten als nach oben.“