Ludwigshafen Gesucht: Cooler Mix für die neue Mitte

Teil des Bearbeitungsfelds F1: der Messplatz: Hier laufen seit August vorbereitende Baggerarbeiten zum Bau der künftigen Helmut-
Teil des Bearbeitungsfelds F1: der Messplatz: Hier laufen seit August vorbereitende Baggerarbeiten zum Bau der künftigen Helmut-Kohl-Allee.

Mit dem Auftakt des „Werkstattverfahrens“ ist am 12. September der Prozess für die „City West“ entlang der künftigen Helmut-Kohl-Allee gestartet. Bis Januar diskutieren Planer, Politiker und Architekten über die Gestaltung des 39-Hektar-Areals. Die wichtige Rolle der Lu-City-Entwicklungs-GmbH, kurz: LCE, erläutert Geschäftsführerin Sonja Müller-Zaman.

Für einen Blick nach vorne lohnt häufig ein Blick zurück. Das Rheinufer-Süd ist mit rund 30 Hektar Fläche zwar nicht ganz so groß wie das Gebiet beidseits der künftigen Helmut-Kohl-Allee. Aber es gibt einige Parallelen. Denn auch das ehrgeizige Unterfangen, die Stadt – ausgehend vom ehemaligen Halberg-Areal – näher an den Fluss zu rücken, erstreckte sich über Jahrzehnte. Der erste im Stadtrat vorgelegte Rahmenplan datiert aus dem Jahr 1989. Auch damals wurde das Gelände in Baufelder unterteilt. Und natürlich ging es dann – konkret ab den 2000er-Jahren – darum, den richtigen Mix von Wohnen, Wirtschaft und Lebensqualität zu finden. Heute gilt das Rheinufer-Süd, wo um die 5000 Menschen leben, wo Unternehmen wie die BASF und die Telekom angesiedelt sind, als Erfolgsmodell. Alle Grundstücke sind belegt. Mit dem Wohn- und Studentenkomplex „Ludwigs-Quartier“ wird jetzt sozusagen der Deckel drauf gemacht.

Aus RSE wird LCE

Federführend war seinerzeit die Rheinufer-Süd Entwicklungs-GmbH (RSE), aus der 2020 die LCE hervorging. Die Zügel halten weiter die Stadt und ihre Tochter, die kommunale Wohnungsbaugesellschaft GAG, in der Hand. Bei der GAG ist Sonja Müller-Zaman seit 1983 beschäftigt . „Die Kunst ist, wie man alle wichtigen Akteure zusammenbringt“, sagt die 62-Jährige zum sogenannten Werkstattverfahren, in dem externe Fachleute und Experten der Verwaltung ihre Kompetenzen für die Entwicklung der „City West“ bündeln. Ein Prozess, der 20 bis 25 Jahre in Anspruch nehmen wird, nachdem die bis zu achtspurige Kohl-Allee zu Beginn der 2030er-Jahre die marode Hochstraße Nord (B44) ebenerdig ersetzen soll.

Bereits beim Rheinufer-Süd habe sich dieses Vorgehen bewährt, betont Müller-Zaman, von der die Idee zum Werkstattverfahren stammt. Ihr und den drei LCE-Kollegen Frederik Verst (Stadtplaner), Rainer Stäb (Geograf) und Frederik Allstädt (Geologe) ist es dabei wichtig, die Bürger aktiv zu beteiligen. Das Büro Adk, Mainz, moderiert das Verfahren im LCE-Auftrag. In Ludwigshafen ist es in gleicher Funktion auch beim Bau des neuen Polizeipräsidiums im Einsatz.

LCE-Geschäftsführerin Sonja Müller-Zaman
LCE-Geschäftsführerin Sonja Müller-Zaman

Für das „City-West“-Werkstattverfahren haben sich unter insgesamt 20 Bewerbern drei Teams aus sechs Planungsbüros durchgesetzt. Flankiert von weiteren Fachleuten definierten sie vor zweieinhalb Wochen hinter verschlossenen Türen erste Aufgabenziele für die sechs Bearbeitungsfelder. Dass Feld 6 auch den Hauptbahnhof und seinen Vorplatz umschließt, ist laut Müller-Zaman ein absoluter Gewinn. Es war allerdings „ein echter Kraftakt“, wie sie betont. Denn die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn, die nun mit im Boot ist, waren zäh. Kein Wunder: Für das Gebäude in Ludwigshafen ist Berlin, für den Vorplatz Saarbrücken und für die Gleise Frankfurt zuständig.

Bürgerwerkstatt im Bloch-Zentrum

150.000 Euro nimmt die Stadt für das Werkstattverfahren in die Hand. Im Vorfeld gab es Untersuchungen des von Kanälen und Kabeln durchzogenen Bodens sowie beim Fraunhofer-Institut beauftragte „City-Index-Analysen“ zu den Themen Resilienz, Lebensqualität, Mobilität und Innovation, „um zu wissen, wo wir stehen“, erklärt Müller-Zaman.

„Boah, hier lebe ich gerne, hier fühle ich mich wohl“: Sollten Bewohner des neuen Stadtquartiers irgendwann einmal dieses Fazit ziehen, dann habe man vieles richtig gemacht, sagt sie. „Es geht um die Enkeltauglichkeit unserer Planung“, bringt es Professor Markus Neppl, Architekt und Stadtplaner aus Karlsruhe, als Vorsitzender des Fachgremiums auf den Punkt.

Dazu zählt für Süd-Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU) eine weitere Grundschule für seinen Stadtteil und ein Nahversorger für den Hemshof. Kritikern der Kohl-Allee hält er entgegen: „Breite Straßen müssen nicht zwangsläufig eine trennende Wirkung haben.“ Auch Heller betont: „Die Bevölkerung darf bei allen Planspielen nicht vergessen werden.“

Teil des Bearbeitungsfelds F6: der Hauptbahnhof und sein Vorplatz.
Teil des Bearbeitungsfelds F6: der Hauptbahnhof und sein Vorplatz.

Bürgern öffnet sich die Tür im Nachgang zu einer ersten Entwurfswerkstatt am 6. November, in der die Planungsteams einer Jury erste Ideen und Konzepte erläutern. In der zweiten Entwurfswerkstatt, die am 17. Dezember vormittags stattfindet, präsentieren die Teams ihre überarbeiteten Vorschläge, die dann ebenfalls besprochen werden. Am Abend des 17. Dezember (18 Uhr, Ernst-Bloch-Zentrum) findet dann eine öffentliche Bürgerwerkstatt statt. Die Abschlusswerkstatt ist Ende Januar.

Wunsch: Mehr Grün, mehr Freizeiträume

Was Ludwigshafenern im Quartier „City West“ wichtig ist, hat die Verwaltung bereits in einem ersten Schritt ermittelt. Vom 19. August bis 6. September konnten sich Interessierte im Netz unter www.ludwigshafen-diskutiert.de äußern. In dieser Zeit gab es 400 Seitenaufrufe, 532 Kommentare sowie 125 „sehr konstruktive Beiträge“. Ganz vorne auf der Wunschliste rangierten die Themen „Mehr Grün und Freizeiträume“, „Mobilität“ sowie „Nachbarschaft“.

Bauarbeiten an der Hochstraße Nord, die für die Helmut-Kohl-Allee weichen muss.
Bauarbeiten an der Hochstraße Nord, die für die Helmut-Kohl-Allee weichen muss.

„Es gibt keine Denkverbote“, betonte Professor Neppl nach dem ersten Treffen und ergänzte: „Wir Fachleute denken oft sehr abstrakt.“ Er freut sich daher auf Impulse aus der Bürgerschaft. „Nur wenige Städte haben die Chance, ein solch umfassendes Gebiet zu entwickeln“, meinte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos). Müller-Zaman kann sich in dem neuen Quartier auch hybride Gebäudenutzungen vorstellen, wie ein Parkhaus mit Büros und Wohnungen sowie einer Freizeitanlage auf dem Dach. Guido Roth vom Planungsbüro Adept (Kopenhagen, Hamburg) hofft, dass die „City West“ am Ende sogar zur „Blaupause für deutsche Innenstädte“ werden könnte. Das wäre dann ganz im Sinne des LCE-Teams.

Zur Person

Nach einer kaufmännischen Ausbildung bei der BASF wechselte Sonja Müller-Zaman 1983 zur GAG. Zunächst war sie in der Grundstücksverwaltung tätig. Berufsbegleitend absolvierte sie ein BWL-Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Mannheim. Seit 2020 ist sie LCE-Geschäftsführerin. Die gebürtige Ludwigshafenerin ist 62 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern und lebt im Stadtteil Süd.

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