Ludwigshafen Großprojekt auf Pump

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Seit zehn Jahren baut die Stadt das Angebot an Kindertagesstätten aus. Junge Eltern sollen Arbeit und Familienleben vereinbaren können, fordert der Gesetzgeber. Im Februar hat der Stadtrat das dritte Ausbaupaket für 52,8 Millionen Euro abgesegnet. Insgesamt 135,5 Millionen Euro werden bis 2020 in die Kita-Erweiterungen geflossen sein. Finanziert wird das über Kredite.

Durch das dritte Ausbaupaket sollen in den nächsten vier Jahren laut Verwaltung 48 neue Kindergarten- und 14 zusätzliche Krippengruppen entstehen. Zudem sind 25 neue Gruppen bei den sogenannten freien Trägern in Planung, das sind vor allem die Kirchen, die auch bei den ersten beiden Ausbaupaketen mit im Boot waren. Kita-Neubauten soll es etwa in der Adolf-Diesterweg-Straße in Oggersheim, an der Ecke Westend-/Dörrhorststraße und an der Berliner-/Wörthstraße in Mitte geben. In Friesenheim, Nord und Süd zum Beispiel werden überdies alte Kitas abgerissen und durch neue Gebäude ersetzt. Ein Provisorium mit acht Gruppen am Südwestknoten in der Bürgermeister-Hoffmann-Straße in Mitte soll ab Ende 2017 dafür sorgen, dass die langen Wartelisten in den Einrichtungen in Mitte und Süd kürzer werden. Hintergrund für den Turboplan ist nicht allein, dass Ludwigshafen sich das Attribut familienfreundlich anheften will. Zum einen wurden die Weichen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beim sogenannten Krippengipfel zwischen Bund, Ländern und Kommunen vor bald zehn Jahren per Gesetz gestellt. Zum anderen sind die Geburtenzahlen in Ludwigshafen in den vergangenen Jahren auf über 1700 pro Jahr gestiegen. Außerdem wächst die Bevölkerung in der Stadt am Rhein sowohl durch den Zuzug in die Neubaugebiete als auch infolge der Flüchtlingswelle. Nach Ansicht von OB Lohse und Jugenddezernentin Cornelia Reifenberg (CDU) haben sich Bund und Land bisher nicht an das Versprechen vom Krippengipfel gehalten, wonach der Kita-Ausbau zu je einem Drittel von den drei Partnern bezahlt werden sollte. Reifenberg rechnet vor, dass für den Ausbau bisher gerade mal knapp 19 Millionen Euro Förderung geflossen seien. Das entspreche bei Investitionen von insgesamt über 135 Millionen Euro gerade mal 13,7 Prozent. Weil die Stadt mit demnächst 1,4 Milliarden Euro verschuldet ist, stehen auch für den Kita-Ausbau keine Reserven, sondern nur Kredite zur Verfügung. Das Bundesfamilienministerium ließ eine Anfrage der RHEINPFALZ nach der Höhe der bisherigen Förderung für das Ludwigshafener Kita-Ausbauprogramm unbeantwortet. Ein Sprecher informierte lediglich über das Gesamtvolumen im Bundeshaushalt und verwies nach Mainz: „Die bedarfsgerechte Verteilung auf die Kommunen und Träger obliegt den Ländern.“ Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums hat die Stadt seit 2008 Anträge für den Kita-Ausbau gestellt, „die mit rund 5,4 Millionen Euro aus Landesmitteln und 5,8 Millionen Euro vom Bund gefördert wurden und werden“. Kosten für Plätze für Über- Dreijährige sowie Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen würden im Allgemeinen nicht vom Land bezuschusst. Über ein weiteres Programm erhalte die Stadt am Rhein zudem rund zwei Millionen Euro für Kita-Baumaßnahmen. Auch fördere das Land die Kita-Betreuung in Ludwigshafen im Rahmen des Programms „Kita!Plus“ sowie mit Mitteln für Sprachförderung und Übergangsmaßnahmen von der Kita in die Schule seit 2006 mit rund 5,5 Millionen Euro. Neben der Finanzierung des Kita-Ausbaus macht der bundesweite Erzieher-Fachkräftemangel der Stadtverwaltung große Probleme. Ludwigshafen beschäftigt nach Angaben von Dezernentin Reifenberg derzeit 650 Erzieherinnen und Erzieher, viele davon in Teilzeit, auf 470 Stellen. Aktuell seien 27 nicht besetzt, weil der Arbeitsmarkt in diesem Sektor leer gefegt sei. Bundesweit gibt es laut Reifenberg 27.000 offene Erzieherstellen. Ihrer Ansicht nach haben Bund und Länder es beim Krippengipfel vor zehn Jahren versäumt, die Ausbildung des benötigten Personals in den Blick zu nehmen. Wegen der unbesetzten Erzieherstellen und laufender Baumaßnahmen können derzeit nicht alle Plätze belegt werden. Von 6354 Kita-Plätzen waren am Stichtag 1. März nur 6021 tatsächlich vergeben. 223 Plätze gab es nur auf dem Papier. Obwohl die Situation in vielen Stadtteilen mittlerweile angespannt ist und viele Eltern auf einen Kita-Platz in ihrer Nähe warten müssen, ist im Rathaus Reifenberg zufolge derzeit kein Widerspruch anhängig. „Klagen gibt es gar keine.“ Es sei in Einzelfällen bisher immer noch gelungen, Eltern die benötigten Plätze zur Verfügung zu stellen.

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