Ludwigshafen „Immer wieder Krieg und Flucht“

Regisseurin Melanie Andernach im Cinema Quadrat.
Regisseurin Melanie Andernach im Cinema Quadrat.

Familienzusammenführung per Film: Die Dokumentation „Global Family“ porträtiert eine somalische Familie, die auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat in aller Welt verstreut lebt. Die rheinland-pfälzische Regisseurin Melanie Andernach präsentierte ihren lebensnahen Beitrag zur aktuellen politischen Debatte im Cinema Quadrat.

„In Somalia lebten wir alle in einem Haus. Jetzt ist unsere Familie über Afrika, Europa und Kanada verteilt“, erklärt Ibrahim Shaash im Film. Er wohnt mit seinen beiden erwachsenen Töchtern und ihren Kindern in Bonn. Sein Bruder Aden lebt als Obdachloser in Mailand, Abdulahi, der dritte Bruder, mit der 90-jährigen Mutter im äthiopischen Addis Abeba. Ibrahim war Kapitän der somalischen Fußballnationalmannschaft. „Mein Vater war der berühmteste Mann im ganzen Land, so wurde es mir immer erzählt“, berichtet seine Tochter Yasmin. Mit ihrer Schwester überlegt sie, wie es wohl gekommen wäre, wenn sie die Heimat nicht hätten verlassen müssen. „Wir wären High Society“, spekulieren sie, nur halb im Scherz. Shaash, so nennen sie ihren Vater, wäre heute Sportminister oder gar Präsident von Somalia. Shaash war nach Beendigung seiner Fußballerkarriere tatsächlich in die Politik gegangen. Er hatte eine Partei gegründet und für die Gleichberechtigung der verschiedenen Clans im Land gekämpft, so informiert der Film. Doch kurz vor Ausbruch des Bürgerkriegs, der ein Drittel der Bevölkerung in die Flucht trieb, musste auch Shaash fliehen. Obwohl er seit 1990 mit seinen Kindern in Deutschland lebt, sei er nie wirklich hier angekommen, so Melanie Andernach. „Shaash träumt bis heute jeden Tag von seiner Rückkehr.“ „Seine Familie im Film steht stellvertretend für viele Familien, die zur Diaspora gezwungen wurden, wegen Krieg, Vertreibung oder Hunger“, so die Regisseurin aus Neuwied. In ihrer Doku, die sie zusammen mit Andreas Köhler gedreht hat, sucht Shaash als Oberhaupt der Familie nach einer Möglichkeit, seiner alten Mutter Imra zu einem würdigen Lebensabend zu verhelfen. Er besucht seinen Bruder Aden, der als Bootsflüchtling über das Mittelmeer in Italien gestrandet ist. Als Wohnsitzloser verfügt er jedoch nicht über die Mittel, die Greisin zu versorgen. „Immer wieder Flucht, Krieg, Flucht, Krieg“, beklagt er die Ursachen seiner Armut und momentanen Lebenssituation. Shaash reist weiter nach Äthiopien, wo Abdulahi und eine Nichte sich um Imra kümmern. Die 17-jährige Nichte träumt von Kanada, wo eine Verwandte lebt. Abdulahi und Imra möchten am liebsten zurück in ihre alte Heimat Somalia, die sie vor einem Vierteljahrhundert verlassen mussten und die vom anhaltenden Krieg zerrüttet ist. „Es geht um den Kampf, eine Familie zu bleiben, auch wenn tausende Kilometer zwischen einem liegen“, erläutert Andernach den Kern ihres Films. Tatsächlich spiegelt jeder Einzelne in ihrer Dokumentation die Zerrissenheit auf eigene Art. „Global Family“ scheint kunstlos, ist aber sehr empathisch und ganz dicht an seinen Akteuren.

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