Ludwigshafen Niedecken lässt es leiser angehen
In der Eberthalle hatte die Kölschrockband BAP seit den 80er Jahren mehrere umjubelte Auftritte. Ein Konzert im BASF-Feierabendhaus allerdings, und dann gleich zweimal binnen Monatsfrist, das ist neu. Aber BAP ist auch nicht mehr die Band, die sie einmal war. Sie hat Umbesetzungen erlebt, und ihr Star Wolfgang Niedecken hat noch mehr das Sagen als früher. Und dann ist die Rockband nicht nur älter, sondern auch leiser geworden. „Niedeckens BAP zieht den Stecker“ heißt die Tour, auf der die Band nun in Ludwigshafen Station gemacht hat.
Erst Mitte März hat BAP im ausverkauften Feierabendhaus gespielt und die Tour, die noch bis September dauert, eröffnet. Noch vor Berlin. Diese Ehre wurde der Stadt zuteil, weil das Konzert in Ludwigshafen das erste der Tournee war, das ausverkauft war. Und dann habe die Band auch zwei Tage lang in Ludwigshafen im Feierabendhaus geprobt, erzählt Bandleader Wolfgang Niedecken vor dem Konzert. Der erste Auftritt im März war dann so eine Art Vorpremiere. „Eine traumhafte Akustik“ schwärmt der Musiker von dem neulich erst von Grund auf sanierten Haus, in dem sonst vorzugsweise kammermusikalische Konzerte stattfinden. Der Kammermusik näher gekommen sind inzwischen auch Wolfgang Niedecken und BAP. Im vergangenen Jahr hat der Musiker, der gerade 63 geworden ist, eine Soloplatte aufgenommen. „Zosamme alt“ heißt sie, und in dem Titelsong bringt er einen innigen Wunsch an seine Frau zum Ausdruck. Vor zweieinhalb Jahren hätte ihn beinahe ein Schlaganfall das Leben gekostet. Nach dem einschneidenden Erlebnis lässt Niedecken offenbar alles etwas ruhiger angehen. Er griff einen Vorschlag seines alten Freundes, des englischen Liedermachers Julian Dawson, auf und nahm mit ihm als Produzent in Woodstock das Unplugged-Album auf. Mit im Studio waren Larry Campbell, ein langjähriger Begleiter von Niedeckens Idol Bob Dylan, und Stewart Smith von den Eagles. „Die Band fand das Album prima“, erzählt Wolfgang Niedecken. „Und sie haben gefragt, wann wir jetzt endlich eine Unplugged-Tour machen.“ BAP-Unplugged, also auf akustischen Instrumenten, durfte die Tour dann aber nicht heißen. Der Musiksender MTV, der eine Konzertreihe übertragen hat, in der sogar einmal Kurt Cobain und Nirvana auf akustischen Instrumenten ihre Grunge-Musik dargeboten haben, reklamiert das Namensrecht für sich. Also nannte Niedecken die Tour einfach „BAP zieht den Stecker“, was zu den Texten im Kölner Dialekt auch viel besser passt. „Als wenn wir in einem großen Wohnzimmer spielen würden“, meint der Rockmusiker nun zu der Atmosphäre im Vergleich zu den großen Hallen, in denen BAP in früheren Zeiten aufgetreten ist. In Wohnzimmeratmosphäre wird auch das Konzert zelebriert. Auf der Bühne zwischen all den Instrumenten und neben Niedeckens Stuhl brennt eine Lämpchen. Es soll wohl heimelige Stimmung verbreiten. Für ein Unplugged-Konzert ist aber immer noch viel Technik im Einsatz. Nennen wir es half-unplugged, die Lautstärke ′runtergedreht. Denn ohne Tonabnehmer und Verstärker wird kein einziges Instrument gespielt. Gitarrist Ulrich Rode, der kurzfristig für Helmut Krumminga eingesprungen ist, spielt auch elektrische Gitarre und Pedal-Steel-Guitar. Seine Frau, die Multiinstrumentalistin Anne de Wolff, hat Tonabnehmer auch an Bratsche und Cello, spielt Xylophon und bläst Posaune ins Mikrofon. Wie der aus Marokko stammende und seit langem in Köln lebende Perkussionist Rhani Krija war sie auch schon bei der vorhergehenden BAP-Unplugged-Tour „Radio Pandora“ 2009 dabei. Schlagzeuger Jürgen Zöller, Bassist Werner Kopal und Keyboarder Michael Naß sind BAP-Veteranen. Der einzige aus der Ursprungsbesetzung von 1976 freilich ist Wolfgang Niedecken. Das Programm ist ähnlich wie beim ersten Auftritt im März, aber es ist nicht dasselbe. Schließlich kann BAP auf eine fast vierzigjährige Bandgeschichte mit unzähligen Alben zurückblicken. Manche Lieder in dem Konzert stammen von dem „Zosamme alt“-Soloalbum, mit einem neu arrangierten „Nippes, Ihrefeld un Kreuzberg“ greift die Band ganz auf den Anfang zurück. Im Sinne der Steigerung fängt das Konzert mit dem getragenen „Nach all dänne Johre“ an und steigert sich bis zur Pause zu einer Kölschen Version von Bob Dylans „All I Really Want to Do“, das wiederum in den Rock’n’Roll-Klassiker „Twist and Shout“ ausklingt. Das ganze Konzert endet mit dem Hit „Verdamp lang her“, der geradezu nach einer Zugabe schreit. Die fällt dann mit sechs Titel so üppig aus, dass sie ein eigenes kleines Konzert bildet. Für Niedecken kommt viel auf seine Liedtexte an, nur leider war sein Gesang zu leise. Und bei der Musik kommt es auf den Gesamtklang an. Dennoch durften die Musiker mit Soli ihr Können zeigen. Perkussionist Rhani Krija, der schon mit Sting, Prince, Al di Meola und vielen Größen zusammengespielt hat, ist besonders hervorzuheben. Niedecken spielte Rhythmusgitarre. Locker vom Hocker. Und er war nicht mehr so durchgeschwitzt wie in früheren BAP-Jahren.