Ludwigshafen Porträt dreier ungleicher Schwestern

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„Alles in Butter“ ist einer der kürzesten Filme beim Filmfestival Mannheim-Heidelberg und der einzige aus der Region. Die gebürtige Heidelbergerin Rike Holtz hat das halbstündige Porträt dreier ungleicher Schwestern und einer ganzen Generation in ihrem Elternhaus und in ihrer Heimatstadt gedreht.

Der Film, der als Double-Feature zusammen mit dem russischen Beitrag „Anomie“ zu sehen ist, erzählt von Nora, gespielt von Katharina Alf vom Staatstheater Mainz, die als Punk auf der Straße und im Wald oberhalb des Heidelberger Philosophenwegs lebt, von Lisa (Anne Kulbatzki), die sich im Zimmer ihres Handschuhsheimer Elternhauses verkriecht, und von Hannah (Anna von Haebler), die beide aus ihrer Lage erretten möchte. „Es ist die Geschichte von drei jungen Frauen, die erwachsen werden“, erklärt Rike Holtz. „In einer Zeit, in der einerseits alles vorhanden und alles in Butter scheint, aber andererseits auch eine große Ratlosigkeit herrscht, was man mit dem Leben anfangen soll.“ Nora, Lisa und Hannah, alle Anfang 20, sind auf der Suche nach ihrem Weg. „Dabei sind sie sehr verhaftet in ihren Vorstellungen, wie es denn zu laufen hätte“, sagt Rike Holtz. „Sie machen sich so gegenseitig mehr kaputt, als dass sie sich unterstützen.“ „Lisa, du bist uns scheißegal!“, brüllt die Punkerin Nora ihre Schwester an. „Ihr seid mir auch scheißegal!“, kommt es zurück. Dabei sind sich die Schwestern nicht gleichgültig, besonders Hannah nicht, die an Lisa appelliert: „Du kannst doch hier nicht verrotten, du musst doch mal anfangen zu leben!“ Hannah ist es auch, die das Geschehen dokumentiert. Sie hat eine Kamera dabei und filmt. „Hannah ist schon die Figur, die mir am nächsten ist, weil sie auch Filme machen will“, meint die Regisseurin, die auch das Drehbuch geschrieben und den Film produziert hat. „Dahinter steckt der Gedanke, dass man allem einen Sinn geben muss und dieser Sinn darin besteht, das Leben zu erforschen.“ Holtz, die selbst mit drei Schwestern in Heidelberg aufgewachsen ist, erklärt, „Alles in Butter“ sei ein sehr persönlicher Film. Die 36-Jährige hat ihn ihrer 2004 verstorbenen Schwester Magdalena gewidmet, die auf der Straße gelebt hat. „Ihr Tod war für mich der erste Auslöser, diesen Film machen zu wollen, weil ich zu ihren Lebzeiten eigentlich nie verstanden habe, warum sie so lebte, wie sie lebte“, erzählt Holtz. „Ich war vielleicht damals zu jung, um es verstehen zu können oder auch nur verstehen zu wollen. Aber nach ihrem Tod hat es mich interessiert, was jemanden dazu bringt, so extrem zu leben.“ In „Alles in Butter“ ist es ausgerechnet die verschlossene Lisa, die am Ende zu einem Monolog ausholt, Fragen stellt und mögliche Antworten bereithält. „Was ist denn eigentlich mit uns los? Was ist denn schief gelaufen? Wir haben hier doch alles, uns liegt hier doch alles zu Füßen“, sagt sie, als Heidelberg tatsächlich zu ihren Füßen liegt. „Aber ich kann einfach nichts damit anfangen. Ihr doch auch nicht?“, vergewissert sie sich bei ihren Schwestern. „Es ist“, stellt sie fest, „als ob ich zugeschüttet bin, wie eingepackt in Watte oder in Butter. Irgendwie ist alles in Butter.“ Gerade Heidelberg, ihre Heimat und der Drehort des Films, vermittle oft den Eindruck einer heilen Welt. „Es ist ja auch eine unglaublich schöne Stadt“, weiß Holtz. „Aber ich habe gegen Ende meiner Schulzeit gespürt, ich muss hier weg, weil ich mich hier irgendwie so eingepackt fühle.“ Sie habe sich in der Stadt eingeschlossen gefühlt wie in einer behüteten Blase. Die Möglichkeit, sich zu entwickeln, habe sie nicht gesehen. Nach ihrem Abitur hat sie Heidelberg verlassen, um an der Kunsthochschule Kassel Regie zu studieren. „Alles in Butter“ ist ihr Abschlussfilm dort.

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