Ludwigshafen Und samstags zum VfB

Wechselte vom Nationaltheater Mannheim ans Schauspiel Stuttgart: Burkhard C. Kosminski.
Wechselte vom Nationaltheater Mannheim ans Schauspiel Stuttgart: Burkhard C. Kosminski.

Was das C. in seinem Namen bedeutet, hat er auch diesmal nicht verraten. Aber ansonsten war Burkhard C. Kosminski überaus auskunftsfreudig. Der ehemalige Mannheimer Schauspielintendant war Gast in der Gesprächsreihe „Außer Dienst“ im Ludwigshafener Kulturzentrum Das Haus.

Die Besucherzahl war ungleich kleiner als beim Auftakt der Reihe mit dem ausgemusterten „Tatort“-Kommissar Andreas Hoppe. Man sei die Vorband für Pussy Riot, witzelte dann auch Moderator Robert Montoto mit Blick auf die nachfolgende Performance der Moskauer Punkband (Besprechung auf der überregionalen Kulturseite). Montoto hatte wohl einen lustigeren Gesprächsverlauf im Sinn. Das ist mit dem freundlich, aber jederzeit wohlüberlegt antwortenden Kosminski eher nicht zu machen. „Das klingt alles so vernünftig“, stellte Montoto irgendwann resigniert fest. Ein interessanter Abend wurde es trotzdem. Wer im schwäbischen Pfullingen im Haus eines Pfarrers aufwächst, ist vermutlich eher der nachdenklichen Seite des Lebens zugetan. Kosminskis Vater starb, als er ein Jahr alt war, die Mutter zog mit ihren drei Kindern ins Haus des Onkels. Eine „unaufgeregte Jugend“ sei das gewesen, nach der Schule Handball und Karate, mit 15 nach Stuttgart ins Theater, wo sich Peymann gerade mit Filbinger anlegte. „Ans Theater zu gehen, war aber nur der Notfallplan“, räumte Kosminski ein. Auf jeden Fall wollte er erst mal möglichst weit weg vom Schwabenland. Er kam bis nach New York ans Lee-Strasberg-Institute, arbeitete dann als Regisseur in Frankfurt, Dortmund, Dresden und Düsseldorf. Als ihm 2006 die Leitung des Mannheimer Schauspiels angetragen wurde, hatte er nicht vermutet, dass daraus zwölf Jahre würden. „Lieber Gott, warum tust du mir das an“, habe er gedacht, als er zum ersten Mal vom Bahnhof in die Stadt ging. „Aber alles verklärt sich“, gestand er, „heute werde ich sentimental, wenn ich am Mannheimer Hauptbahnhof ankomme.“ Auf die Zeit am Nationaltheater blickt er mit berechtigtem Stolz zurück: Konsequent setzte er auf zeitgenössisches Autorentheater, brachte Klassiker in spannenden Regiehandschriften, machte aus den Schillertagen ein Festival mit eigenen Produktionen, etablierte Bürgerbühne und Spielclubs. Abgeschaut hatte er sich die Idee mit der Bürgerbühne in Dresden, erzählte Kosminski. Er sei anfangs skeptisch gewesen, sah dann aber, wie sich das Laientheater dort entwickelte und wie sich damit neue Besuchergruppen erschließen ließen. Eigentlich wollte Kosminski auch gar nicht wieder weg aus Mannheim. Aber dann gab es ein paar Angebote von großen Bühnen in Deutschland, darunter eines aus Stuttgart, wo der Versuch, mit dem vom Berliner Gorki-Theater kommenden Armin Petras cooles Hauptstadttheater zu machen, gerade krachend gescheitert war. „Ich wusste, dass ich für Stuttgart richtig bin“, sagte Kosminski, „in Berlin würde ich niemals ein Theater übernehmen.“ Auch privat passte der Wechsel perfekt, seine Frau pendelte schon seit Jahren täglich nach Stuttgart. Als Regisseur startete er dort im November mit dem israelisch-arabischen Familiendrama „Vögel“ von Wajdi Mouawad, einer tragisch endenden Liebesgeschichte inmitten von politischen Wirren und religiösem Hass. Vier Sprachen werden auf der Bühne gesprochen, das Stück ist dreieinhalb Stunden lang und schreckt nicht vor Pathos zurück. Die Kritiker waren nicht alle begeistert, aber das Publikum zeigte sich ergriffen. Der neue Stuttgarter Schauspielintendant fühlt sich verstanden. Kosminski, der fast einmal in ein Haus auf der Ludwigshafener Parkinsel gezogen wäre, scheint also angekommen in seiner alten Heimat Stuttgart. „Total verändert“ habe sich die Stadt, die ein „beschissenes Image“ habe, aber auch die höchsten Pro-Kopf-Kulturausgaben in Deutschland. Zum VfB ins Stadion geht der Fußballfan ebenfalls, nachdem die alte Liebe zu Bayern München weitgehend erkaltet ist. „Über Menschenrechte reden und gleichzeitig einen Spieler fertig machen, das geht gar nicht“, fand Kosminski und schaut jetzt lieber dem VfB beim Verlieren zu. Seinen Diesel hat er inzwischen durch einen Elektrohybrid ersetzt. Für einen Euro kommt er 70 Kilometer weit. Da freut sich der Schwabe.

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