Neustadt Ab jetzt lässt er schießen

Karl Hammann gießt sich seine Kugeln selbst.
Karl Hammann gießt sich seine Kugeln selbst.

«Neustadt.» Der Neustadter Karl Hammann hat 2012 mit der Luntenschlosspistole bei der WM in Pforzheim 90 von 100 möglichen Ringen geschossen. Dies bedeutete einen neuen Weltrekord. 2008 bei der EM in Bordeaux hat er gar 92 von 100 Ringen erreicht und damit seinerzeit einen Europarekord aufgestellt. Doch jetzt hat der Schütze zumindest auf internationaler Ebene aufgehört zu schießen.

„Ich glaube nicht, dass mein Rücken besser wird“, sagt der 58-Jährige, der zwei Operationen an Wirbelsäule beziehungsweise Bandscheiben hinter sich hat. „Ich brauche einen stabilen Stand beim Schießen. International muss man körperlich fit sein, sonst hat es keinen Wert.“ Karl Hammanns Rückzug ist diesmal endgültig, auch wenn er sich 2000 schon einmal vom Leistungssport verabschiedet hatte. „2000 haben wir Nachwuchs gekriegt“, verrät der Familienvater den damaligen Grund. Seine Rückkehr in den Leistungssport hat sich gelohnt: 2008 erhielt der Neustadter in Berlin vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble das silberne Lorbeerblatt. „Das ist die höchste Auszeichnung für einen Sportler in Deutschland“, erzählt Hammann. Eigentlich hätte die Ehrung Bundespräsident Horst Köhler vornehmen sollen. Doch der sei damals verhindert gewesen. „Als Vorderladerschütze musste man mindestens fünf internationale Einzeltitel gewonnen haben“, erklärt Hammann, wie er zu Ehren gekommen ist. „Das hatte ich gehabt – 2012 sind noch zwei weitere hinzugekommen.“ Das war bei der WM in Pforzheim mit der Luntenschloss- und Percussionspistole. Karl Hammann geht es in seinem Sport nicht alleine ums Schießen. Der gelernte Schmied stellt die Komponenten für seine Waffen „so ziemlich alle selbst her“. Jede Pistole, jeder Revolver, erklärt er, habe ein anderes Laufinnenmaß. „Meist sind es handgefertigte Waffen.“ Hammann: „Je nach Laufstärke muss man entsprechend die Kugeln gießen und die Menge der Pulverladung herausfinden.“ Für eine Woche Training braucht der Neustadter rund 100 bis 150 Kugeln. Eine Stunde Zeit investiert er dafür, diese herzustellen. „Man braucht dazu um die 320 Grad Hitze – die Kugeln aus Blei mit kleinem Zinnzusatz werden in einer Stahlform gegossen“, schwärmt er von seiner Handarbeit. Er verschweigt nicht, dass eine Schwarzpulverwaffe einen großen Zeitaufwand bedeutet. Nach einem Wettkampf braucht es noch mindestens eine halbe Stunde, um die Waffe zu reinigen. Das Schwarzpulver kauft der Neustadter. Dafür braucht er einen Pulverschein, den Sprengstofferlaubnisschein zum sportlichen Schießen mit Schwarz- und Nitropulver. „Man muss dafür eine Prüfung ablegen nach dem Sprengstoffgesetz, Paragraph 27“, informiert er. Schwarzpulver werde hauptsächlich für Vorderladerwaffen gebraucht. „Man schiebt das Pulver vorne in den Lauf und dann eine Kugel rein“, erzählt er. „Beim Schuss raucht’s dann.“ Nitropulver sei hingegen ziemlich rauchlos. Vier Einzeltitel bei Weltmeisterschaften, drei bei Europameisterschaften sowie 14 Titel bei deutschen Meisterschaften hat Karl Hammann seit 1994 gewonnen. Während des Wettkampfs sei er nur auf sich konzentriert, sei „in einem Tunnel“. „Ich kriege es nicht mit, wenn hintendran 100 Leute sitzen und applaudieren“, sagt er. „Wenn man’s mitkriegt, ist man nicht konzentriert.“ Um im Tunnel zu bleiben, wenn’s darauf ankommt, hat er im jahrelangen Einsatz für die Bundesliga-Mannschaft der SG Ludwigshafen gelernt. „Da sind bis zu 200 Leute mit Rasseln und Trompeten dabei gewesen.“ Ohne das Schießen in der Bundesliga „wäre ich international nie so erfolgreich gewesen“, weiß der Schütze. Ein- bis zweimal pro Woche sei er nach Ludwigshafen zum Training gefahren. Zweimal habe er zudem im Schützenverein in Hambach trainiert. „Der Bewegungsablauf muss automatisiert sein“, betont Hammann. Das Meiste habe er sich selbst beigebracht, von anderen Schützen abgeguckt oder in Büchern gelesen. Ein Wettkampf dauert im Schnitt eine Stunde. „Ein Außenstehender sieht das gar nicht, wie anstrengend das ist“, erzählt Karl Hammann von der großen Konzentration und hohen Körperspannung die ganze Zeit. Jetzt will er nur noch Spaß haben „und keinen verbissenen Wettkampf mehr“. Er werde noch ein bisschen trainieren und sein Wissen und seine Erfahrung an den Schießnachwuchs weitergeben. „Ein Kollege, der auch aufgehört hat, sagt, er schieße jetzt nicht mehr, er lasse schießen“, sagt Karl Hammann lachend.

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