Neustadt Danke für das Geräusch!

Neustadt-Duttweiler. Am Ende wollten ihn die Zuschauer gar nicht mehr gehen lassen. Begeistert zeigten sie sich am Samstagabend im Weingut Breitling-Walter in Duttweiler von der Perfektion, mit der Hans-Joachim Heist den großen Komiker Heinz Erhardt nicht nur einfach imitierte, sondern gleichsam wieder zum Leben erweckte.

Hans-Joachim Heist ist den meisten sicher vor allem aus dem Fernsehen bekannt als schimpfender und keifender Kommentator Gernot Hassknecht in der „ZDF-heute-Show“. Aber an diesem Abend in Duttweiler ist Heist nicht Hassknecht, sondern Heinz Erhardt. Tatsächlich sieht der 1949 an der hessischen Bergstraße geborene Schauspieler und Komiker dem 1979 verstorbenen Fernsehliebling nicht nur ähnlich, sondern versteht auch dessen Mimik, Gestik, Sprache und Intonation, ja dessen ganzes Gebaren genau wiederzugeben. Hier, auf der kleinen Bühne in dem Duttweilerer Weingut steht (fast) leibhaftig Heinz Erhardt! Heist stellt den , den Comedy-Star der 1950er bis 1970er Jahre kurz vor. 1909 in Riga geboren, hätte er eigentlich die Musikalienhandlung seines Großvaters übernehmen sollen. Doch „zu unserem Glück“ habe sich der junge Erhardt anders entschieden, habe in Leipzig Musik studiert und sei 1942 von der Filmbranche entdeckt worden. „Wer kennt nicht den kleinen Finanzbeamten Willi Winzig. Den hat er 650-mal gespielt“, berichtet Heist, bevor er – lediglich mit einem alten Brillengestell als Accessoire – in die Rolle des witzig-spritzigen Dichters schlüpft. Leicht nach vorne gebeugt, mit schlenkernden Armen – unterlegt von der typischen Begleitmusik – schlurft Heist alias Erhardt über die Bühne. Er begrüßt herzlich die Damen und die, „die ihnen nachlaufen“. Weil er doch so scheu sei, habe ihm der Ortsvorsteher geraten, alles abzulegen, was „dich host – nein hemmt“. Dennoch, es sei leichter, den Mund als eine Rede zu halten. Es sind genau diese Wortverdrehungen, diese grandiosen Spielereien mit der Sprache, die selbst nach so langer Zeit nichts von ihrem Esprit und ihrer Witzigkeit verloren haben. Das Publikum lacht herzhaft über die Texte und Gedichte, die es bestimmt schon x-fach gehört hat. Aber sie sind im wahrsten Sinne des Wortes einfach (und) genial. Gern leisten die Zuhörer Erhardt Folge, der sie auffordert: „Lassen Sie uns den Abend genießen, Genossen“, um sich sofort zu verbessern, „… genießen Komma genossen wir doch selten einen solch schönen“. Auf drei Teile sollten sie sich einstellen: also eins, zwei und schon kommt es kollektiv aus allen Mündern: „drei“. „Ach, das kannten Sie schon“, meint der Komiker süffisant und bietet die Alternative „Teil a, b und c“, also A wie Anfang, B wie Bause und C wie „darauf curückkommen“ an. An diese Einteilung hält sich der Vortragende dann doch nicht, wenngleich es ihm stets gelingt, ideale thematische Übergänge zu schaffen. Da erzählt er nonchalant von seinem Urlaub in Cannes und Nizza, „kann auch Pizza gewesen sein“, vom Aufenthalt am Meer, dort, wo aus dicken Rohren „alte Bekannte“ kommen, gut, diese Begegnungen steckten ja bereits im Namen, „Côte d’Azur“. Ob Südlappland, wohin der Urlauber lediglich Seife zur Reinigung mitzubringen brauche, „Lappen gibt es dort genug“, oder die Alpen, die mit Schneeschuhen oder sicher auch mit Sandalen zu begehen seien – für jede Region weiß der Komiker irrwitzige Begebenheiten zu berichten. Herrlich sein Getue um den Begriff „Piste“. Aber nicht nur Episoden, die das Leben so schreibt, nein auch jede Menge Gedichte trägt Heist in gekonnter Manier vor. Da ist die Hymne der Müllmänner, „Auf, auf von Tonne zu Tonne lasst uns eilen, wir wollen dem Müll eine Abfuhr erteilen“, oder die Ode über „Ze-us“, der die schöne Europa freite, die sich zierte, ihm mal folgen wollte und mal nicht, sodass selbst „Zeus wurde ganz klar, wie uneinig Europa war“ – eine mehr als sinnige und aktuelle Conclusio. Außerdem erfährt der Zuhörer, dass das Ei des Kolumbus lediglich ein Ausruf des Erstaunens war ob der Schönheit einer Frau, die am Rande des Triumphzugs in Madrid stand. Dazwischen wendet sich Heist immer wieder dem Publikum zu, kommentiert Gäste, die aufstehen, ein klingelndes Telefon oder die Speisekarte. Alle fordert er schelmisch auf, dem guten Wein hier zuzusprechen, schließlich sei er am Umsatz beteiligt. Zu wahrer Hochform läuft der Künstler auf, als er – nach etlichen „albernen Reimen“, wie er selbst sagt -, die Besucher bittet, ihm einen lustigen Ortsnamen zu sagen. Neustadt finden nur einige witzig, Lachen schon mehr. „Zäskäm“ aber wird zum wahren Brüller, besonders, weil Heist, der gebürtige Hesse, das Wort kaum nachsagen kann. „Großartig, das ist bestimmt das gelobte Land“, ruft er den „Zäskämern“ zu, und diese bestätigen das Lob nur zu gern. Balladen von den Rittern Kunibert und Fips, von allen möglichen Tieren, wozu natürlich auch die Made, die ihren Gatten und dann ihr Kind verlor, zählt, oder „Das Gewitter“ dürfen nicht fehlen. Noch stundenlang hätten die Anwesenden Erhardt/Heist lauschen und sich amüsieren können. Klar, dass der Künstler nicht ohne Zugabe und Abschiedslied von der Bühne gelassen wurde.

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