Neustadt „Das Undenkbare in Betracht ziehen“

Vorbereitet sein – das gilt auch für einen Stromausfall.
Vorbereitet sein – das gilt auch für einen Stromausfall.

Die Konsequenzen eines langanhaltenden Stromausfalls und mögliche Vorsorgemaßnahmen auch in Landwirtschaft und Weinbau waren gestern Thema einer Tagung im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Mußbach. Dabei wurde schnell klar, welches Chaos ein solcher „Blackout“ anrichten kann.

Schon ein nur zwei Stunden dauernder Stromausfall könne für einen Winzer eine mittlere Katastrophe darstellen, erläuterte Stadtfeuerwehrinspektor Stefan Klein anhand eines Beispiels aus der Südpfalz: „Mitten in der Weinlese ist dort bei 30 Grad die Kühlung ausgefallen, das war eine Zeit des Bangens für den betroffenen Betrieb.“ Auch in der Tierhaltung sei ein länger andauernder Stromausfall ein schlimmes Szenario: Wenn mehrere hundert Kühe in einem nicht mehr beheizten Stall stehen und gemolken werden müssen, aber die Maschinen stillstehen, sei schnell Gefahr im Verzug, wurde als Beispiel genannt. Als mögliche Ursachen eines Blackouts nannte Klein Unwetter wie den schweren Wintersturm, der im November 2005 weite Teile von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen teils tagelang lahmlegte, technische Risiken innerhalb des Systems, aber auch gezielte Hackerangriffe. „Ein Feuer können wir löschen, aber ein Stromausfall betrifft die komplette Infrastruktur“, so Klein: Schon ab 30 Minuten ohne Strom greife ein standardisierter Notfallplan für Einsatzkräfte wie die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk. Zunächst gelte es, die Kommunikation aufrecht zu erhalten, denn das Mobilfunknetz breche in der Regel als erstes zusammen: „Schon bei einem Fest wie der Mandelblüte in Gimmeldingen ging zeitweise nichts mehr, weil die Netze überlastet waren – und da ist gar nichts passiert“, berichtete der Feuerwehr-Chef. Die Einsatzkräfte besetzten deswegen zunächst die Zentralen und die Gerätehäuser, um als Ansprechpartner für die Bevölkerung zur Verfügung zu stehen. Auch wenn Neustadt – als kreisfreie Stadt auch originär für den Katastrophenschutz zuständig – mit rund 330 Einsatzkräften personell gut aufgestellt sei, stießen die Hilfskräfte im Fall der Fälle schnell an ihre Grenzen: „Die Ressourcen sind knapp“, erläuterte Klein. Allein das Evakuieren eines Pflegeheims binde jede Menge Personal und Fahrzeuge. Auch die Versorgung der Wehren mit Kraftstoff für die Fahrzeuge könne schnell an ihre Grenzen stoßen: „Je nach dem räumlichen Umfang eines Störfalls können solche Engpässe mit Hilfe von außen beseitigt werden, doch bei flächendeckenden Ausnahmesituationen sind die Kollegen vor Ort damit beschäftigt, im eigenen Revier zu helfen“, so Klein. Seit dem – erfreulichen – Ende des Kalten Krieges seien viele Ressourcen des Katastrophenschutzes abgebaut worden: „Das holt uns irgendwann ein“, warb er für mehr Unterstützung der Hilfsorganisationen. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, hat die Oberrheinkonferenz die grenzüberschreitenden Kontakte zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz verstärkt: „Von einem Blackout wären zwischen Germersheim im Norden und Solothurn im Süden über sechs Millionen Einwohner auf einer Fläche von fast 22.000 Quadratkilometern betroffen“, erklärte Oberrheinkonferenzpräsident Werner Schreiner. Weil die Stromversorgung grenzübergreifend funktioniere und die Netze voneinander anhängig seien, wären die wirtschaftlichen, sozialen und menschlichen Konsequenzen vielschichtig, mahnte er zu umfangreichen Präventionsmaßnahmen: „Um vorbereitet zu sein, müssen wir das Undenkbare in Betracht ziehen.“

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