Neustadt Das zweite Leben der Fassdaube

Wie macht man eigentlich aus geraden Brettern ein dickbauchiges Barriquefass? Magnus Mewes, Produktdesigner aus Duttweiler, kann das inzwischen erklären. Doch schon lange bevor er es wusste, interessierte er sich aus einem anderen Grund für die Wölbung der 225-Liter-Fässer: Sie ist für eine Sitzschale „perfekt“. So entstand die Idee, aus alten Barriquefässern Stühlen zu bauen. Das war 2010. Inzwischen kann der 35-Jährige von seinen Stühlen leben. Mewes’ präsentierte seinen Fassholz-Stuhl zum ersten Mal bei einem Europäischen Architektur- und Design-Wettbewerb. Das Produkt sorgte für Aufmerksamkeit. Zahlreiche überregionale Medien berichteten, darunter die „Welt am Sonntag“ und „Schöner Wohnen“. Dennoch war die Resonanz nicht so groß, wie Mewes erwartet hatte. „Vielleicht wollten viele Interessenten erst einmal gucken, wie lange ich mich am Markt halte“, sagt er. Diese Zeiten sind längst vorbei. Inzwischen ist die Nachfrage nach den Barriqueholz-Stühlen „made in Duttweiler“ so groß, dass Mewes sie selbst mit einem Mitarbeiter zusammen nicht mehr decken kann. Der Umsatz hat sich in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. Dennoch hat Mewes bisher alle Angebote, die Produktion zusammen mit einem Partner richtig groß aufzuziehen, abgelehnt. „Ich will gesund wachsen“, sagt er. Gesund: Das bedeutet für den gebürtigen Landauer in erster Linie ohne Kredite. Deshalb spielt sich die Herstellung seiner Produkte weiterhin in einer Werkstatt ab, die vielleicht 30 bis 40 Quadratmeter groß ist. Dass sie sich im Weingut Bergdolt in Duttweiler befindet, hat in erster Linie private Gründe: Mewes ist der Lebensgefährte von Carolin Bergdolt, der jungen Betriebsnachfolgerin des Weinguts. Beinahe wäre der Produktdesigner sogar hauptberuflich mit in den Betrieb eingestiegen, er hätte es sich vorstellen können. Dann entschied er sich doch für die Selbstständigkeit. Dennoch: Die beiden Betrieben „hängen zusammen“, wie Carolin Bergdolt sagt. So ist es selbstverständlich, dass die Werkstatt während der Weinlese geschlossen ist. Da ist Mewes im Weingut unabkömmlich. Trotz der kleinen Werkstattfläche hat Mewes die Produktpalette erweitert. Zum Klassiker, dem „Barrique Limited“, sind weitere Modelle hinzugekommen, bei denen Mewes Barriqueholz teils mit anderen Hölzern, teils mit ganz anderen Materialien kombiniert. Zudem hat er Tische, Hocker, Barhocker und ein Hackblock entwickelt. Mewes bietet inzwischen über 20 Produkte an. Den Hackblock hat Mewes eigentlich für sich selbst entwickelt – Mewes ist Jäger. Natürlich sollte das Teil auch optisch etwas hermachen. Dass es sich auch gut verkaufen lässt, hatte der Produktdesigner gar nicht erwartet. Doch „Barrique le Block“ wird nachgefragt – trotz des vierstelligen Preises. Neue Produkte entwickeln – das eine Sache, die Mewes reizt. Im kommenden Jahr wird er dafür Gelegenheit haben. Er hat den Auftrag, für die Fernsehköche Ralf Zacherl und Mario Kotaska eine Holztheke zu bauen. „Eine Herausforderung“, sagt er. Und ein Aushängeschild. Obwohl Mewes sich selbst eine langsame Gangart verordnet hat, hat der 35-Jährige Pläne und Visionen. So würde er gerne den Export in die USA verstärken. Bereits heute ist er mit seinen Produkten in einem New Yorker Möbelladen vertreten. Der Markt sei riesig, hat er sich sagen lassen, europäische Handwerkskunst und Tradition gefragt. Mewes’ Hölzer haben, bis sie in New York oder sonst wo landen, schon eine lange Geschichte hinter sich. Die Eichen, die für Barriquefässer gefällt werden, sind rund 200 Jahre alt. Viermal werden die Fässer dann mit Rotwein befüllt, bevor sie aussortiert werden, weil sie keine Geschmackstöne mehr abgeben. Wie entsteht die perfekte Wölbung? Mewes erklärt: Die Eichenbretter (Dauben) werden bei der Fassherstellung überm Feuer erhitzt und biegbar. Dass die Wölbung zum Setzen bequem ist – reiner Zufall.

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