Neustadt Geheimnisse, die ans Licht wollen – was die neue „Arthouse“-Staffel im Roxy-Kino bringt

Was tut man nicht alles, um seiner Tochter einen guten Start an der neuen Schule zu sichern? Zum Beispiel sich bei der Klassenfa
Was tut man nicht alles, um seiner Tochter einen guten Start an der neuen Schule zu sichern? Zum Beispiel sich bei der Klassenfahrt zum Affen machen lassen, so wie in der dänischen Komödie »Von Vätern und Müttern«, die die neue »Arthouse«-Staffel am Montag eröffnet.

Als Bühne des deutschen und europäischen Kinos präsentiert sich einmal mehr die neue Zweimonatsstaffel der Kunstfilmreihe „Arthouse“ im Neustadter Roxy-Kino, die am Montag mit der dänischen Komödie „Von Vätern und Müttern“ startet. Aber auch ein amerikanisches Drama mit Starbesetzung hat die Reihe bis Ende August im Angebot.

„Von Vätern und Müttern“, die vierte Regie-Arbeit der Schauspielerin Paprika Steen, ist eine Satire, die die Dynamiken zwischen überengagierten Eltern an einer elitären Privatschule beleuchtet. Im Mittelpunkt stehen Piv und Ulrik, die ihre Tochter Hannah an eine neue Schule schicken und sich beim jährlichen Camping-Ausflug mit den komplexen Hierarchien und Rivalitäten innerhalb der Elternschaft konfrontiert sehen. Kritiker lobten die Spielfreude des Ensembles, auch wenn der Film nicht an den Biss legendärer dänischer Gesellschaftsdramen wie „Das Fest“ oder „Der Rausch“ heranreiche.

Im weiteren Verlauf bietet die Staffel eine sehr vielfältige Mischung aus Genres, Themen und narrativen Ansätzen. Einen Einblick in die Welt der klassischen Musik gewährt etwa die deutsche Dokumentation Joana Mallwitz – Momentum“, für die der Filmemacher Günter Atteln die aufstrebende Dirigentin Joana Mallwitz, seit 2023 Chefdirigentin des Konzerthausorchesters Berlin, zwei Jahre lang auf ihrem Weg an die Spitze einer männerdominierten Branche begleitete und dabei auch Privates einfing, zum Beispiel, wie Mallwitz und ihr Mann sich nach der Geburt ihres ersten Kindes als Familie neu organisieren mussten.

Regiedebüt für Musiker und Schauspieler Robert Gwisdek

„Der Junge, dem die Welt gehört“, das Regiedebüt des Schauspielers und Alternative-Hip-Hoppers Robert Gwisdek (Käptn Peng), wiederum ist eine Coming-of-Age-Geschichte, die Realität und Phantasie vermischt. Der in Schwarz-Weiß gedrehte Film erzählt die Geschichte von Basilio, einem jungen Musiker, der in einer verlassenen Villa auf Sizilien lebt und sich auf die Suche nach der „wahren Poesie“ begibt, um die Welt in Musik zu verwandeln. Von der Kritik wurde der Film gemischt aufgenommen. Die einen lobten seine visuelle Ästhetik, seine poetische Atmosphäre und seinen experimentellen Charakter, andere beschrieben ihn als verwirrend und schwer zugänglich.

Ins ferne Georgien führt „Amsel im Brombeerstrauch“ von Elene Naveriani, ein bildgewaltiger Film, der die Beziehung zwischen einer älteren Frau und einem jüngeren Mann mit Behinderung in einem konservativen georgischen Dorf behandelt und von manchen Beobachtern wegen seiner durchkomponierten Weitwinkelaufnahmen mit einem Historiengemälde verglichen wurde. Im Mittelpunkt steht der Ausbruch einer starken, eigenwilligen Frau aus traditionellen, patriarchalischen Strukturen.

Im weiteren Sinne dem Genre Biopic zuordnen lässt sich „Mit einem Tiger schlafen“ von Regisseurin Anja Salomonowitz, der dieses Jahr auf der Berlinale seine Premiere hatte. Die Schauspielerin Birgit Minichmayr verkörpert hier die österreichische Avantgarde-Malerin Maria Lassnig in verschiedenen Lebensphasen und psychischen Zuständen und erzählt auf eher experimentelle Weise von ihrer lebenslangen Suche nach künstlerischem Ausdruck, ihrem Kampf in der männlich dominierten Kunstwelt, ihrem künstlerischen Erfolg und ihren Liebesbeziehungen.

Um die zerstörerische Kraft des Schweigens und der Verdrängung geht es im Film „Ein Schweigen“ des für seine intensiven Familiendramen bekannten Belgiers Joachim Lafosse. Im Zentrum steht die Familie Schaar, bestehend aus dem prominenten Anwalt François (Daniel Auteuil), seiner Frau Astrid (Emmanuelle Devos) und ihrem Sohn Raphael, auf der ein dunkles Geheimnis lastet, das in Thriller-Manier erst nach und nach ans Licht geholt wird. Die Kritik lobte vor allem die nuancierte Darstellung der Familiendynamik und die schauspielerischen Leistungen, insbesondere von Emmanuelle Devos.

Lässt sich „Ein Schweigen“ wohl am besten als kriminalistisches Sozialdrama aus höheren Kreisen beschreiben, so ist „La Chimera“, der neueste Film der italienische Regisseurin Alice Rohrwacher, eine Abenteuer- und Liebesgeschichte im Stil des magischen Realismus. Er spielt in den 1980er Jahren im Milieu der Tombaroli (Grabräuber) in der Toskana und verbindet auf poetische Weise Archäologie und Mythologie mit der Suche nach einer alten Liebe.

Kammerspiel mit Natalie Portman und Julianne Moore

Den einzigen Ausflug nach Amerika unternimmt die neue „Arthouse“-Staffel mit Todd Haynes' „May December“. Allerdings ist dieser starbesetzte Film des renommierten Independent-Filmemachers keine typische Hollywood-Produktion, sondern eher ein unabhängiges Arthouse-Drama. Die Oscar-Preisträgerinnen Natalie Portman und Julianne Moore spielen hier die Hauptrollen in einem Kammerspiel über eine Schauspielerin, die eine Frau portraitieren soll, die vor Jahren durch ihre Beziehung zu einem minderjährigen Jungen Schlagzeilen machte. Die Recherchen für die Rolle bringen nun lange verborgene Wahrheiten ans Licht.

Den Abschluss der Staffel bildet Ende August dann ein weiteres Sozialdrama aus Deutschland: „Alle die Du bist“ von Michael Fetter Nathansky. Im Mittelpunkt stehen Nadine (Aenne Schwarz) und Paul (Carlo Ljubek), ein Ehepaar im rheinischen Braunkohlerevier, bei dem es privat schon lange nicht mehr rund läuft. Denn nach mehreren Jahren Ehe hat Nadine das Gefühl, dass ihr Partner ihr wie ein Fremder vorkommt. Sie will die Liebe aber nicht aufgeben und versucht, die Gefühle für Paul wiederzuentdecken. Auch dieser Film feierte seine Weltpremiere auf der Berlinale 2024 und wurde von der Kritik sehr positiv aufgenommen. Epd-Film lobte, dass den Figuren viel Raum gegeben werde, sich zu entfalten.

TERMINE

Die Filme der KunstfilmreiheArthouse“ laufen in den betreffenden Wochen jeweils montags und mittwochs um 17.30 und 20 Uhr im Neustadter Roxy-Kino: „Von Vätern und Müttern“ am 1. und 3. Juli, „Joana Mallwitz – Momentum“ am 8. und 10. Juli, „Der Junge, dem die Welt gehört“ am 15. und 17. Juli, „Amsel im Brombeerstrauch“ am 22. und 24. Juli, „Mit einem Tiger schlafen“ am 28. und 31. Juli, „Ein Schweigen“ am 5. und 7. August, „La Chimera“ am 12. und 14. August, „May December“ am 19. und 21. August und „Alle die du bist“ am 26. und 28. August. Karten und weitere Infos unter www.roxy.de.

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