Neustadt „Im 24. Jahr so nötig wie noch nie“

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Kaum einen freien Platz gab es für Jung und Alt gestern auf dem Marktplatz beim 24. Fest der Kulturen. Geschätzte 3000 Besucher bevölkerten die Innenstadt.

Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung vor über zwei Jahrzehnten, als ausländerfeindliche Anschläge in Mölln und Solingen die Gründungsmitglieder des Vereins „Neustadt gegen Fremdenhass“ erschütterten. Sie wollten gegensteuern, mit einem bunten Fest ein Zeichen setzen, wie sich Gründungsmitglied Wolfgang Helfferich erinnert. Ein harter Kern von zwölf Personen bereit seitdem das Fest vor und trifft sich alle zwei Wochen, in der Endphase sogar jede Woche. „Es immer wieder erstaunlich, dass aus unserer relativ chaotischen Planung dann am Veranstaltungswochenende viele weitere Helfer hinzukommen. Das Fest hat seine feste Stelle im Terminplan des Marktplatzes am letzten Sonntag des September“, erklärt er. Diesmal sei sogar von der Stadtverwaltung deswegen eine andere Veranstaltung verlegt worden. Die Stadtverwaltung brächte dem Verein das Vertrauen entgegen, man könne auch alle Einrichtungen des Rathauses nutzen. Den Auftakt am Sonntag machte ein evangelischer Gottesdienst unter freiem Himmel mit Dekan Armin Jung. Höhepunkt war die Taufe des einjährigen Vincent Magin. Danach kündigte Moderator Stefan Werdelis den ersten Programmpunkt an. Die Bigband des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums unter Leitung von Pascal Koppenhöfer hatte passende Songs heraus gesucht. So sollte „Back to Black“ oder „Water to Drink“ und „Respect“ auf die Thematik der Vielfältigkeit aufmerksam machen. Werdelis verdeutlichte auch das Motto „Global denken, lokal handeln.“ Man wolle versuchen, weltweit für Frieden zu sorgen, doch müsse man hier in Neustadt die lokalen Projekte zur Integration unterstützen. Konkret geschieht das mit dem Erlös des Festes. Damit sollen die Sprachfördererkurse von Eresdevinda Lopez-Herreros unterstützt werden. „Denn ohne Sprache gibt es keine Integration“, betonte Werdelis, der als Pfarrer an der Berufsbildenden Schule in Ludwigshafen unterrichtet. Auch er ist von Beginn an dabei und moderiert auf lockere Art mit vielen Informationen. Nachdenklich sagte er: „Es gab eine Zeit, da glaubten wir, solch ein multi-kulturelles Fest sei nicht mehr notwendig. Doch die Flüchtlingsproblematik zeigt: im 24. Jahr so nötig wie noch nie.“ Ein weiterer Programmpunkt ist der Meditations-Tanz „Thien-Dia“ aus Vietnam. „Das heißt Himmel und Erde“, erklärt Trienh Dho, der die Bewegungen mit fünf Mitstreitern vorführt. An diesem sommerlichen Herbsttag folgen die vielen Besucher seinen Anweisungen mit Hingabe. Eine neugierige Menschenschlange schart sich um Ayesha Saeed. Die 18-jährige aus Pakistan lebt seit fünf Jahren in Neustadt. Sie verziert den Arm von Julia Heber mit einem Henna-Tattoo. Das filigrane orientalische Ornament hat eine Lebensdauer von rund zwei Wochen, erzählt Ilknur Akdas. Seit 42 Jahren lebt die Frau mit türkischen Wurzeln in Neustadt. Sie sagt: „Das Bemalen mit Henna geschieht in den islamischen Ländern traditionell einen Tag vor der Hochzeit am Henna-Abend.“ Dicht belagert sind die Stände mit internationalen Spezialitäten. Im Angebot ist „Palau“, afghanische Hackfleischbällchen mit Spinat und Salat, oder „Mafé“ aus dem Senegal, Rindfleisch mit Couscous und Erdnussbutter-Soße. Alle Künstler, die von dem Konzertveranstalter Christoph Schmid eingeladen wurden, traten gestern ohne Honorar auf. So begeisterte das bunte Publikum auch Yunuz Yildiz mit eigenen Klavier-Kompositionen, Tobi Breitenbach und Band, Michelle Labonté mit der Formation „Famdüsax“, einem Walking Act mit vier Saxophonen, das Neustadter Tanztheater „Hoffnung“, der französische Künstler „Jesers“ und „The Clerks“, die lustige Ska-Truppe aus Köln. |kle

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