Neustadt Kopfzerbrechen um Windkraft-Projekt

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Soll den Stadtwerken Neustadt ermöglicht werden, vor Ort in Windenergie zu investieren, um ihnen damit ein zusätzliches Standbein zu sichern? Diese Frage treibt den Stadtrat um. Konkret geht es zunächst darum, für den Flächennutzungsplan von 2005 eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen: Weil der mögliche Standort zweier Windräder östlich von Mußbach außerhalb der festgelegten Konzentrationsflächen für Windenergie liegen würde. Darüber soll der Stadtrat heute abstimmen. Ob es dazu kommt, war gestern offen.

Die Juwi Energieprojekte GmbH mit Sitz im rheinhessischen Wörrstadt will die Windräder bauen, die Stadtwerke würden sie betreiben (wir berichteten). Wie wirtschaftlich das Ganze wäre, wird derzeit nicht benannt. Dazu braucht es den Initiatoren zufolge eine gewisse Planungssicherheit, die eben noch nicht vorliegt. Allerdings sagen sie: Es besteht dringender Handlungsbedarf – weil sich ab 2017 das Erneuerbare-Energien-Gesetz ändert. Ab dann werden die staatlichen Subventionen per Ausschreibung verteilt; ob ein Projekt wie Mußbach dann noch hoch gefördert würde, wäre offen. Und damit auch die Frage, ob sich das Projekt angesichts der Windverhältnisse auf der Mußbacher Gemarkung überhaupt noch lohnt. Die Frage, über die der Stadtrat entscheiden muss, betrifft die geforderte Planungssicherheit. Dabei gehen die Meinungen dazu, wie diese geschaffen werden kann, auseinander. Zunächst gilt der alte Flächennutzungsplan. Allerdings muss er ohnehin dem künftigen Raumordnungsplan für den pfälzischen Teil des Verbands Region Rhein-Neckar angepasst werden, sobald dieser mit Blick auf die Windenergie fortgeschrieben ist. Die jetzt ins Auge gefassten Standorte 100 und 400 Meter außerhalb der Konzentrationsfläche wären nur ein Vorgriff darauf. Aber ist es in Ordnung, eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, nur um den betriebswirtschaftlichen Argumenten von Juwi und Stadtwerken zu entsprechen? Oder sollte vielmehr ein ordentliches Änderungsverfahren eingeleitet werden, das zwar nicht mehr 2016 abgeschlossen werden kann, aber nicht punktuell etwas festschreibt, sondern ein Gesamtkonzept umfasst? So zumindest fordern es die Planungsverbände gemeinhin. Befürworter wie SPD, Grüne und Teile der CDU sehen kein rechtliches Problem. Sie votieren dafür, den Stadtwerken die Option zu eröffnen, und setzen darauf, dass damit nichts entschieden wäre. Ob tatsächlich zwei Windräder gebaut werden, solle anhand der Wirtschaftlichkeitsprüfung letztlich nicht vom Aufsichtsrat der Stadtwerke, sondern vom Stadtrat beschlossen werden. Das habe Oberbürgermeister Hans Georg Löffler zugesagt. Gegner eines solchen Verfahrens wie die FWG und andere Teile der CDU sehen keinen Grund zur Eile und eine Ausnahmegenehmigung als nicht rechtens an. Sie plädieren dafür, sich an das normale Verfahren zu halten. Wie dem Stadtrat insgesamt ist ihnen klar, dass der Strombedarf auch über erneuerbare Energien gedeckt werden muss. Deshalb wollen sie ihre Sicht der Dinge auch nicht als Votum gegen Windenergie verstanden wissen. Indes sind ihnen aber zwei weitere Dinge suspekt: Zum einen, dass die Anlagen eine Nabenhöhe von 149 Meter hätten, was der FWG zufolge insgesamt 212 Meter bedeutet und damit die Höhe des Hambacher Schlosses erreicht werde. Zum anderen, dass die Stadtwerke mit Juwi einen Partner hätten, der immer wieder in die Schlagzeilen geraten war, zuletzt wegen Vertragsstreitigkeiten mit den Pfalzwerken. Befürchtet wird, dass sich die Stadtwerke nicht ausreichend absichern, zum Beispiel, was eine Garantie eventueller Rückbaukosten betrifft, falls die Windräder sich nicht lohnen und abgebaut würden. Zudem bezweifeln die Gegner, dass, sobald Planungsrecht vorliegt, das Windpark-Projekt noch zu stoppen wäre. Frei von all diesen Überlegungen ist die FDP. Sie lehnt Windräder auf Neustadter Gemarkung grundsätzlich ab – wegen des Landschaftsschutzes und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, da die Windverhältnisse es nicht ermöglichten, Anlagen rentabel zu betreiben. (ahb)

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