Neustadt Lachen, träumen, weinen unter freiem Himmel

Neustadt. Komödien mit hohem Unterhaltungswert, aber zugleich Tiefgang, bevorzugt aus Deutschland und Frankreich, bestimmen in diesem Jahr das Bild beim Open-Air-Kino im Innenhof der Neustadter Hetzelgalerie. Los geht es morgen mit der Tragikomödie „Honig im Kopf“, die in Deutschland mit rund 6,9 Millionen Kinobesuchern sogar den Abschluss der „Hobbit“-Trilogie toppte. Auf vielfachen Publikumswunsch gibt es außerdem eine Wiederbegegnung mit dem französischen Erfolgsfilm „Monsieur Claude und seine Töchter“.

„Filme, die bewegen, die etwas auslösen im Kopf, im Herzen, in der Seele – das ist das, was in Neustadt besonders gut ankommt“, sagt Kino-Betreiber Michael Kaltenegger über die spezifischen Wünsche des hiesigen Kino-Publikums, und das ist genau das, was er diesem deshalb auch beim Open-Air-Kino bevorzugt bietet – mit drei Komödien aus Frankreich, zwei aus Deutschland und einer aus den USA ist das Genre sehr gut vertreten. Etwas aus dem Rahmen fallen bei den insgesamt acht Filmen nur die „Minions“, die trotz ihres anarchischen Witzes noch als „Familienfilm“ durchgehen können, und die Doku „Pedal the World“ des aus Herxheim stammenden Weltumradlers Felix Starck. Auf Action-Kracher verzichtet Kaltenegger dagegen ganz. „Da war das Interesse in der Vergangenheit nicht sehr groß“, sagt er. „Pedal the World “ und die Komödie „Ein Sommer in der Provence“ mit Jean Reno sind dabei die beiden einzigen Streifen, die bislang nicht im regulären Roxy-Programm gelaufen sind. Der zweite deutsche Film neben Til Schweigers Sensationserfolg „Honig im Kopf“ ist „Frau Müller muss weg“, Sönke Wortmanns Verfilmung der gleichnamigen Erfolgskomödie von Lutz Hübner. Beiden Filmen gemeinsam ist, dass sie im Grunde ziemlich depressive Themen – hier eine Alzheimer-Erkrankung, dort die deutsche Bildungsmisere – mit einer Leichtigkeit und einem Witz behandeln, die man den Deutschen vor einigen Jahren noch nicht zugetraut hätte. Die Entdeckung bei „Honig im Kopf“ ist dabei der grandiose Hauptdarsteller Dieter Hallervorden. Der 79-Jährige, der in den 1970er Jahren mit der Slapstick-Reihe „Nonstop Nonsens“ bundesweit bekannt wurde, spielt hier einen an Alzheimer erkrankten Opa, der mit seiner elfjährigen Enkelin ausbüxt, um noch einmal nach Venedig zu reisen, wo er einst seine Flitterwochen verbrachte. In der Schulkomödie „Frau Müller muss weg“, die nach Kalteneggers Worten ebenfalls in Neustadt sehr gut und lange gelaufen ist, rüstet sich eine Gruppe von Eltern, angeführt von Anke Engelke, zur Attacke auf eine Grundschullehrerin, die die gymnasiale Zukunft der vielleicht doch nicht so begabten Sprösslinge gefährdet. Für seine Rückkehr auf die Erfolgsspur hat sich der deutsche Film dabei vielleicht auch eine Scheibe vom französischen abgeschnitten, der mit der Zuverlässigkeit eines Schweizer Uhrwerks Jahr um Jahr einen locker-flockigen Komödienhit nach dem anderen zuwege bringt. 2014 nahm die Multikulti-Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ diese Rolle ein – in Deutschland kam der Streifen mit Christian Clavier als gebeuteltem (Schwieger-)Vater auf 3,8 Millionen Besucher. In Neustadt war er sogar so erfolgreich, dass ihn Kaltenegger im August 2014 zeitgleich im Open-Air-Kino und im Roxy-Kino laufen ließ und die Nachfrage immer noch nicht befriedigen konnte. Klar, dass er ihn deshalb in diesem Jahr noch einmal unter freiem Himmel zeigen will. Sein persönlicher Lieblingsfilm ist für den Neustadter Kino-Chef allerdings ein anderer französischer Streifen, „Verstehen Sie die Béliers?“ „Es ist eine ganz einfache Geschichte um ganz normale Menschen, aber mit einer Wärme, die ans Herz geht, ohne kitschig zu sein“, sagt Kaltenegger über den Film, in dem es um das Leben einer gehörlosen Bauernfamilie im Westen Frankreichs geht, die im Alltag auf die Hilfe der als einziges Familienmitglied nicht behinderten Tochter angewiesen ist. Als diese ein Gesangsstipendium erhält und nach Paris gehen will, wird die Abhängigkeit zum Problem. In die Provinz (und das ist in Frankreich alles, was nicht Paris ist) führt schließlich auch die Feel-Good-Komödie „Ein Sommer in der Provence“, die von einer Großfamilie handelt, die sich beim gemeinsamen Urlaub in der Provence langsam wieder näher kommt. Filmstar Jean Reno ist dabei in der Rolle eines brummigen Großvaters zu sehen, der seinen drei Enkeln gegenüber zunächst so waldschratig auftritt, dass Heidis Almöhi dagegen fast wie ein Partyhengst wirkt. Voll wird das Komödien-Sextett schließlich durch den Film „Madame Mallory und der Duft von Curry“, der zwar eine amerikanisch-indische Koproduktion ist, aber kurioserweise ebenfalls in Frankreich spielt. Es geht um eine indische Familie, die in eine französische Kleinstadt zieht und ihre indischen Spezialitäten ausgerechnet einem hochambitionierten Sterne-Restaurant gegenüber anbietet. Dessen Inhaberin, Madame Mallory, startet einen Kleinkrieg, besinnt sich aber, als ein Brandanschlag auf die Zuwanderer verübt wird. Wer sich hier ein wenig an den Erfolgsfilm „Chocolat“ erinnert fühlt, liegt goldrichtig. Regisseur ist hier wie dort der Schwede Lasse Hallström. Die Titelrolle hat die britische Charakterdarstellerin Hellen Mirren. Obwohl vom Genre her ganz anders gelagert, gibt es auch zwischen dem Animationsfilm „Minions“ und den genannten Komödien eine Verbindungslinie: Es ist der subtile Humor, den eigentlich nur ein erwachsenes Publikum so richtig goutieren kann. Klar ist freilich, dass die kleinen gelben Wesen mit ihrem ersten eigenen Film trotzdem vor allem ein jüngeres Publikum und Familien mit Kindern ansprechen werden. Zum Abschluss des Open-Air-Kinos kommt am 13. August dann noch Felix Starck mit seiner Dokumentation „Pedal the World“ nach Neustadt. Der damals 23 Jahre alte Herxheimer stieg am 22. Juni 2013 auf sein Fahrrad, um damit im wahrsten Sinne des Wortes die Welt zu erfahren. Insgesamt 18.000 Kilometer führten ihn durch 22 Länder, immer dabei: seine Kamera-Ausstattung. Aus den 500 Stunden Rohmaterial entstand ein 80-minütiger Film über eine wahrgewordene Weltenbummler-Vision, den der junge Mann in der Hetzelgalerie auch selbst vorstellen wird. Noch Fragen? Das Open-Air-Kino im Innenhof der Neustadter Hetzelgalerie läuft von morgen bis 13. August. Ab 20 Uhr gibt es jeweils kostenlose Live-Unterhaltung, Filmstart ist bei Anbruch der Dunkelheit gegen 21 Uhr. Die Vorstellungen finden bei jedem Wetter statt. Karten kosten an der Abendkasse 9 Euro, im Vorkauf bis einen Tag vor der Vorstellung 8 Euro. Auch ein Dreier-Abo für drei verschiedene Filme (21 Euro) gibt es. Vorverkaufsstellen sind das Roxy-Kino sowie die Art Unlimited Kunstgalerie und die Flugbörse Neustadt in der Hetzelgalerie. Mehr Informationen unter 06321/2659 (ab 14.30 Uhr) und unter www.roxy.de. (hpö)

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