Neustadt Morphium für Privatpatienten?

3920 Ampullen Morphinsulfat soll ein im Rhein-Pfalz-Kreis tätiger Arzt, der in Neustadt wohnt, zwischen Oktober 2012 und März 2014 zwei Privatpatienten verordnet haben, ohne dass dafür eine medizinische Notwendigkeit bestand. Der Arzt soll das Opiat selbst konsumiert haben. Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz wirft Staatsanwalt Kai Ankenbrand in einem gestern am Amtsgericht Ludwigshafen begonnenen Prozess dem Arzt vor.

„Den Vorwurf weise ich entschieden zurück“, betonte der Arzt. Im März 2014 war eine in der Praxis tätige Sprechstundenhilfe zur Polizei gegangen, weil ihr „Unregelmäßigkeiten“ bei den Betäubungsmittel-Rezepten aufgefallen seien, wie sie gestern sagte. Zudem habe sich ihr Chef in der Zeit zuvor verändert, deshalb hätten sie und eine Kollegin den Verdacht gehabt, dass der Arzt Betäubungsmittel konsumiere, sagte die 45-Jährige. Bei der Polizei hatte sie außerdem gesagt, der Angeklagte habe ihr gegenüber zugegeben, dass er Morphin nehme. Gestern sagte die Frau, sie könne sich daran nicht erinnern. Die Kollegin gab an, nie mit der 45-Jährigen über das Thema gesprochen zu haben. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Arztes in Neustadt im Juni 2014 fand die Polizei eine Ampulle mit Morphinsulfat im Nachttisch des Mediziners. Das habe er von einem Hausbesuch bei einem Patienten mit nach Hause genommen, sagte der Angeklagte. Bei der Durchsuchung der Praxis wurde bei den persönlichen Sachen des Arztes eine leere Morphin-Ampulle gefunden. Außerdem 58 Rezepte für Morphin, die auf zwei Privatpatienten ausgestellt waren. Der eine Patient ist inzwischen gestorben. Wie ein Kripobeamter gestern sagte, hatte der Mann einige Monate vor seinem Tod ausgesagt, dass er von dem Arzt nie Morphinsulfat verordnet und dieses auch nie genommen habe. Bei der Krankenversicherung des Mannes seien nie Rezepte für Morphinsulfat eingereicht worden, so der Kripobeamte. Der Patient habe nicht gewollt, dass jemand erfahre, dass er Morphin nehme, weil er Angst gehabt habe, dass er deshalb seinen Führerschein verliere, sagte der Arzt. Aus diesem Grund habe der Mann die Rezepte nicht eingereicht und gegenüber der Polizei gelogen. Der zweite Patient ist ein ebenfalls in Neustadt wohnender Cousin des Arztes. Er sagte gestern, dass er Rezepte für Morphinsulfat bekommen und in der Apotheke eingelöst habe. Was dann mit dem Opiat geschehen sei, dazu möchte er nichts sagen, weil er sonst eventuell zugeben müsste, dass er eine Straftat begangen hat. Dazu ist kein Zeuge verpflichtet. Bei beiden Patienten habe für die Verordnung von Morphinsulfat „eindeutig“ keine medizinische Notwendigkeit bestanden, so ein Schmerzmediziner, der ein Gutachten erstellt hat. Auch hätte eine Behandlung mit dem Opiat beiden Patienten nicht geholfen. Wenn eine Behandlung mit Morphinsulfat angebracht gewesen wäre, dann hätten Tabletten verschrieben werden müssen. Unter anderem deshalb, weil bei denen die Dauer der Wirkung weitaus länger sei. Der Prozess gegen den Mediziner wird am Freitag, 16. September, 10 Uhr, fortgesetzt. |ann

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