Neustadt „Nichts falsch gemacht, nichts rausgekommen“

Zandvoort. Es ist eine Momentaufnahme beim DTM-Rennen in Zandvoort. 22 Runden sind gefahren, exakt die Hälfte des Rennens. Jamie Green überholt Nico Müller. Nicht irgendwo im Feld, sondern ziemlich weit vorne. Der Brite belegt danach Platz zwei, der Schweizer ist Dritter. In Führung liegt Audi-Markenkollege Mike Rockenfeller. Die Aussicht für das Rosberg-Team, dieses neunte Rennen der Saison positiv abzuschließen, stehen gut. Doch es geht ganz anders aus.

Als nach 43 Runden die schwarz-weiß-karierte Flagge für Sieger Mattias Ekström geschwenkt wird, sieht die Situation ganz anders aus. Jamie Green fährt als 15. durchs Ziel, Nico Müller erreicht dieses gar nicht. Mercedes-Pilot Christian Vietoris hatte ihm in einer schnellen Rechtskurve einen Stubser auf seinen Audi RS5 gegeben, darauf landete er in den Leitplanken. „Ich wäre zwischen Platz zwei und fünf rausgekommen“, ärgerte sich der 22-Jährige. Es wäre das beste Ergebnis des DTM-Neulings gewesen. Trotzdem gab′s Lob vom großen Chef. Dieter Gass, Leiter DTM bei Audi, sagte: „Nico ist ein richtig starkes Rennen gefahren und wird dann rausgeschubst, ohne dass diese Aktion bestraft wird.“ Nicht ganz so war′s bei Green. Der Brite war von BMW-Pilot Bruno Spengler umgedreht worden. Wofür er eine Durchfahrtsstrafe erhielt. Punkte für die starke Vorstellung hat Green trotzdem keine bekommen. Nach einer nachträglichen Zeitstrafe gegen Mercedes-Benz-Pilot Daniel Juncadella kommt der Fahrer des Teams Rosberg in der Endwertung auf Platz 14. Mächtig verärgert war auch Teamchef Arno Zensen. „Die beiden waren richtig schnell, haben nichts falsch gemacht“, zählt er auf, „doch es ist nichts rausgekommen.“ Der Grund dafür waren der Zusammenstoß zwischen Müller und Vietoris sowie vier Safetycar-Phasen. Diese waren wegen Unfällen nötig. Aber dadurch waren auch immer wieder die Abstände, die die Piloten herausgefahren hatten, verloren. Zusätzlich machten sie sämtliche Strategien zu Makulatur. Wieder war die routinemäßige Vorbereitung nicht belohnt worden. Denn so ein Rennwochenende beginnt nicht erst am Freitagabend mit dem Roll-out an der Rennstrecke. Schon vor der Abfahrt absolviert das Rosberg-Team auf dem Flughafen in Speyer einen letzten Funktionstest. Dazu gehört auch ein intensives Boxenstopptraining mit Räderwechsel. Und zwar unter allen Bedingungen. „Einmal hat es so geschüttet“, erinnert sich Arno Zensen, „dass die Mechaniker nach einer Minute nass bis auf die Haut waren.“ Flughafen-Mitarbeiter und -Besucher hätten das Treiben aus der Distanz kopfschüttelnd angesehen. Im Trockenen. Die Verwunderung wurde umso größer, als die Mannschaft das Equipement just in dem Moment einpackte, als es aufhörte zu regnen. Während sich die Mechaniker auf diese Art auf das Rennen vorbereiten, lassen die Ingenieure die Rechner arbeiten. Und immer wieder werden einzelne Parameter verändert. Mal ist es die Fahrzeughöhe, mal sind es Fahrwerkseinstellungen wie Sturz und Dämpferhärten, mal wird der Heckflügel verstellt und damit die Aerodynamik verändert. „Eine Stunde vor dem Training haben wir einen fixen Plan“, sagt Pilot Nico Müller. „Ich weiß immer, wann wir was machen. Ich weiß, was zu tun ist.“ Über den Haufen geworfen wird dieser Plan lediglich, wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt. An der Strecke ist das Vorgehen immer dasselbe. Mit den vorhandenen Reifensätzen – je nach Verbrauch beim vorangegangenen Rennen sind dies unterschiedlich viele neue Sätze – wird die Zahl der Einsätze auf der Strecke eingeteilt. Der Start ist immer der gleiche. „Im Normalfall sind wir ein wenig zu hoch, arbeiten uns nach unten“, erläutert Teammanager Kimmo Liimatainen. Und zwar in Schritten von einem halben Millimeter. „Wenn die Balance passt, dann gehen wir vorne und hinten gleich viel runter“, sagt Zensen. So war dies am Samstag der Fall. Jamie Green wurde dann sehr früh auf einen Longrun über 20 Runden geschickt. So kam der Brite auf 51 Runden während des zweimal eine Stunde langen Trainings. Bei Nico Müller waren′s 48, dafür war er am Ende in 1:31,607 Minuten der Schnellste. Und das, obwohl er zum ersten Mal auf dem 4,307 Kilometer langen Kurs durch die Dünen fuhr. Entsprechend des Ergebnisses fiel auch seine Einschätzung aus: „Ein geiler Kurs.“ Um den Rückstand an Erfahrung auszumerzen, durfte Müller am Nachmittag im ersten Abschnitt des Qualifyings zweimal mit neuen Reifen ausrücken. Doch das hat nur bedingt etwas gebracht. Bei aller Strategie lässt sich ein Rennen doch nicht hundertprozentig planen. Dies sorgt bei Teamchef Zensen für ordentlich Verdruss. „Zurzeit macht′s keinen Spaß“, klagt er. Doch Aufgeben gilt nicht. In drei Wochen steht das Saisonfinale an. In Hockenheim, also direkt vor der Haustür.

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