Neustadt Räuber und Gendarm – höchst amüsierlich

Multiinstrumentalistin, Sängerin und auch noch Puppenspielerin: Heike Michaelis mit Schlangendiva Celina Python.
Multiinstrumentalistin, Sängerin und auch noch Puppenspielerin: Heike Michaelis mit Schlangendiva Celina Python.

«Hassloch». „Crime-Time“ im Haßlocher „Kulturviereck“: Auf Einladung des „Kulturvereins Ältestes Haus“ gab sich am Freitagabend das abgründig Böse im Menschen ein gruselig prickelndes, musikalisch-literarisches Stelldichein von hohem Unterhaltungswert. Mit seinem Programm „Kriminaltango“ griff das Duo „Dulabi“ beherzt in die kabarettistische Trickkiste ironischer Draufsicht. Und lieferte nicht zuletzt eine hochkarätige instrumentale Performance.

In Begleitung waren sie angetreten, die beiden Künstlerinnen. Ihre Handpuppen, die leuchtend grüne Schlangendiva Celina Python mit unwiderstehlichem Glubschaugen-Blick und leicht rheinischem Zungenschlag, der Heike Michaelis zwischenzeitlich Aktion und Stimme lieh, und deren Verehrer, das blaue Fabelwesen Götz E., paffend, leicht badisch parlierend, obendrein rappend und von Regina Fischer in Szene gesetzt, waren so etwas wie die Shootingstars eines thematischen Rundumschlags, der lustvoll quer durch die musikalischen Genres mäanderte und nicht minder beherzt literarische Gattungen, Epochen überspannend, plünderte. Das Ganze in unbekümmert kontrastfreudiger Folge, die zuweilen vielleicht, vor allem im ersten Teil des Abends, eine Spur zu beliebig anmutete. Giftmord, Raubüberfall, Mordfantasien; Hercule Poirot, Maigret und James Bond; „Tatort“ und „Polizeiruf 110“. Zwangläufig wahrscheinlich begegnet man – schon im Steckbrief nach Noten – etlichen alten Bekannten, von Reinhard Mey und seinem mordenden Gärtner über Friedrich Hollaenders „Kleptomanin“, „Bonnie & Clyde“ oder Mackie Messer bis zu „Goldfinger“; und selbstverständlich fehlen auch nicht Mimi und ihr Bett-Krimi sowie der schwüle „Kriminaltango“. Die Rezitationsintermezzi wiederum warteten etwa mit Wedekinds „Tantenmörder“ auf; dem Schiller’schen „Räuberlied“, bitter ironischen Versdichtungen à la Heinrich Heine – „Ein Weib“ – und nicht zuletzt Erich Kästners rabenschwarzer „Ballade vom Nachahmungstrieb“, die auf gespenstische Weise mit einem Kindermord unter Kindern konfrontiert. Aber so soll es sein, auch die Komödie ist dann erst geerdet, wenn der Lacher zuweilen im Hals gefriert. Startete der Abend zunächst noch etwas betulich – was vor allem an den teils ein wenig ungelenken Zwischenmoderationen lag –, kam das Ganze, speziell nach der Pause, doch merklich in Schwung. Als uneingeschränkt faszinierend erlebte man das instrumentale Allroundkönnen der beiden klassisch ausgebildeten Vollblutmusikerinnen, die souverän zwischen Flügel, Saxophon, Vibraphon und Bongos wechselten und unter anderem mit prachtvollen Jazz-Recitals zwischen Blues und fetzigem Boogie-Woogie begeisterten. Und was Regina Fischer auf Sax und E-Gitarre aus dem Repertoire von „AC/DC“ und „Rage against the machine“ an Funk- und Heavy-Metall-Sound mit atemberaubend rasantem Zugriff coverte, ließ den Saal beben. Virtuose Spitzenklasse. Getoppt nur durch den Kontrast, der gleich folgte: Puccinis „Tosca“ in süffisant verbalisiertem Zeitraffer und mit köstlichen Gesangseinlagen, offeriert von „Opern-Diva“ Celina, der Michaelis ihren makellos intonierenden, zuweilen sehr gekonnte überzeichnenden Mezzo lieh. Und mit „Something stupid“ durften Celina und der spröde Götz E. sich schließlich auch zum Liebesduett vereinen – wer erkannte da nicht voller Wehmut „Muppets“-Reminiszenzen, will sagen: Kermit und Miss Piggy. Auch weil dann prompt gleich wieder die Fetzen flogen und sich selbst die Liebespoesie als „geklaut“ erwies. Köstlich!

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