Neustadt Südliche Weinstraße: Schorle für alle

Oft sind es gerade die kleinen Veränderungen, die für Rollstuhlfahrer viel bewirken – auch auf Weinfesten im Landkreis.
Oft sind es gerade die kleinen Veränderungen, die für Rollstuhlfahrer viel bewirken – auch auf Weinfesten im Landkreis.

Als erste Region in Deutschland bekommt der Landkreis Südliche Weinstraße ein barrierefreies Weinfestangebot. Initiator ist der Verein Südliche Weinstraße. Im Weinfestkalender des nächsten Jahres sind geprüfte und somit geeignete Feste mit einem Symbol markiert.

Weinfeste gehören zur Pfalz wie die Luft zum Atmen. Während der Weinfestsaison ist für viele Menschen an der Südliche Weinstraße klar, was am Wochenende ansteht. Das beliebteste Werbemittel und Markenzeichen der Region ist deshalb der Weinfestkalender. Dieser enthält neben Weinfesten auch andere Ortsfeste, Märkte und Weihnachtsmärkte. Die Broschüre im Hosentaschenformat nennt rund 200 Termine, an denen die Südpfälzer zusammenkommen, Wein trinken und feiern können. Doch nicht jeder hat bei den Festen seine Freude. Sind Gassen zu eng, ist der Bodenbelag zu holprig, sind die Tische zu tief, die Toiletten nicht barrierefrei, dann verwandelt sich der Spaß für so manchen Besucher in einen regelrechten Albtraum – etwa für Senioren oder Menschen mit Behinderung. Denn während der durchschnittliche Gast über solche Gegebenheiten wohl nicht weiter nachdenkt, bedeuten sie für Mobilitätsbeeinträchtigte schnell ein unüberwindbares Hindernis. Um das zu ändern, hat der Verein Südliche Weinstraße – er kümmert sich um Tourismus und Wein – nun ein innovatives Angebot vorgestellt. Titel: „Pfälzer Feste für alle“. Im neuen Weinfestkalender für das nächste Jahr sind die barrierefreien Feste mit einem „Inklusions-Button“, also einem Piktogramm, gekennzeichnet.

Oft sind es die kleinen Veränderungen

Christian Bohr, Projektleiter für barrierefreien Tourismus an der Südlichen Weinstraße, hat sich dafür mächtig ins Zeug gelegt. Gemeinsam mit einer dreiköpfigen Weinfestkommission hat er zusammengezählt neun Weinfeste im Kreis Südliche Weinstraße und der Stadt Landau besucht. Doch statt mit Schoppengläsern war das Team mit Wasserwaage, Messband und Fotoapparat ausgerüstet: „Wir haben zum Beispiel überprüft, ob barrierefreie Toiletten vorhanden und für Rollstuhlfahrer zugänglich sind, ob es entsprechende Parkplätze in der Nähe der Festgelände gibt, welche Steigungen die Wege haben oder ob es Stufen gibt.“ Ziel des Projekts sei es, immer mehr Feste barrierefrei zu machen, sagt Bohr im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Für Hinweise und Verbesserungsvorschläge seien die meisten Veranstalter sehr dankbar. „Wir stoßen bei den Festverantwortlichen stets auf offene Ohren und haben bereits für nächstes Jahr die ersten Anmeldungen“, sagt er. Oft seien es gerade die kleinen Veränderungen, die für Rollstuhlfahrer viel bewirkten, betont Uta Holz, Geschäftsführerin der Tourismussparte im Verein Südliche Weinstraße. So wären zum Beispiel abgesenkte Tische für Mobilitätsbeeinträchtigte ein wichtiges Kriterium. Durch die Sensibilisierung aller Beteiligten werde das Thema Barrierefreiheit mit der Zeit bestimmt immer weitere Kreise ziehen, sagt Holz.

„Weinfeste gehören zur Kultur“

Auch Landrat Dietmar Seefeldt (CDU) begrüßt das neue Angebot: „Natürlich ist der Tourismus für uns ein sehr wichtiges Thema. Doch soziale Themen sollten mindestens genauso wichtig sein.“ Umso besser, dass nun beide Themen miteinander verbunden würden. Für Betroffene sei es wichtig, gute und gesicherte Informationen zu haben, betont Matthias Rösch, Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen. Von dem neuen Angebot profitierten nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern beispielsweise auch Familien mit Kinderwagen oder ältere Menschen. „Weinfeste gehören zur Kultur dazu. Der neue Kalender ist ein weiterer Schritt dahin, dass wir alle dazugehören“, sagt Rösch. Hintergrund der Aktion ist die Tatsache, dass die Südliche Weinstraße seit 2015 Modellregion für barrierefreien Tourismus in Rheinland-Pfalz ist. Förderer sind der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz. Zum ersten Januar wird der Landkreis auch als Mitglied der „Arbeitsgemeinschaft Barrierefreie Reiseziele in Deutschland“ beitreten. Es handelt sich dabei um einen Verbund aus Städten und Tourismusregionen, die sich der Entwicklung des barrierefreien Tourismus in Deutschland in besonderem Maße verschrieben haben und diesen ständig weiterentwickeln möchten.

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