Neustadt So poetisch wie Mey, so hintersinnig wie Wader
«Neustadt». Die deutsche Liedermacherszene – in den glorreichen 70er Jahren war es schick ihr anzugehören. Lieder wie „Heute hier, morgen dort“, „Über den Wolken“ oder „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“ gehörten zum Standardprogramm eines jeden Nachwuchssängers/-gitarristen und konnten selbst am Lagerfeuer nicht kaputt gespielt werden. Einer dem zugetraut wird, diese große Tradition wiederaufzunehmen, ist der gerade einmal 29-jährige Songschreiber Carsten Langner. Am Sonntag stellt er sich im Duo mit dem Gitarren-Altmeister Adax Dörsam im Saalbau vor.
Hannes Wader, Reinhard Mey, Konstantin Wecker oder, auf der selteneren weiblichen Seite, Joana – bisher hat es kein junger Musiker oder keine junge Musikerin geschafft, in die großen Fußstapfen dieser Zunft-Vorbilder zu treten, die mit ihren teils intellektuellen, aber auch humoristischen oder satirischen Texten die Massen für sich begeisterten. Auch der Zeitgeist sprach dagegen, das Publikum wandte sich anderen Themen zu und zog es nach dem Mauerfall und mehr als 40 Jahren Frieden in Europa vor zu tanzen, statt mahnenden Worten und schwerer politischer Kost zu lauschen. Übrig blieb eine Handvoll Liedermacher, die ihrer Linie treu blieben und die teilweise auch heute noch, wenn auch nicht mehr in so großem Rahmen wie früher, auf der Bühne stehen. Inzwischen sind aber auch diese Ikonen alt geworden: Hannes Wader spielt derzeit gerade seine letzten Livekonzerte, Reinhard Mey wird im Dezember 75, Konstantin Wecker ist 70, Hein Kröher im letzten Jahr verstorben, und sein Zwillingsbruder Oss durfte vergangenen Monat 90 Kerzen auf der Torte ausblasen. Stellt sich die Frage, was danach kommt? Glaubt man Kennern der Szene, könnte die Antwort eben Carsten Langner lauten. Denn der junge Mann aus dem hohen Norden der Republik hat sich in diesem Sommer erlaubt, ein Album mit dem Titel „Von Wegen“ zu veröffentlichen und mit eigenen Ideen und musikalischen Filetstücken zu glänzen, dabei aber auch wie eine gelungene Mischung aus Reinhard Mey und Hannes Wader zu klingen. Reinhard Mey übermittelte dem jungen Musiker daraufhin folgendes Lob: „Ich habe Deine Lieder wie Gedichte gelesen und mich an Deinem perfekten Schreib-Handwerk erfreut, so etwas ist selten geworden.“ Ähnliches wird sich Hannes Wader gedacht haben (mit dem sich Langner übrigens schon die Bühne teilen durfte, wie auch mit anderen Liedermachergrößen wie Black – von Schobert und Black – oder „Liederjan“ ), als er den Song „Keine Wahl“ zum ersten Mal gehört hat. Hier klingt der in der Nähe von Kiel lebende Komponist, Texter, Sänger, Gitarrist, Produzent Label- und Studiobetreiber nämlich genauso (gut) wie der junge Wader zu Zeiten von „7 Lieder“ oder „Ich hatte mir noch so viel vorgenommen“. Damals bildete Wader noch eine perfekte Einheit mit dem Gitarristen Werner Lämmerhirt. Langner ließ sich nun auf seinem Album sogar gleich von zwei Ausnahmegitarristen begleiten: Jens Kommnick (sonst für Reinhard Mey tätig) und Adax Dörsam. Letzteren kennt man in der Region nicht nur als Gitarrist von Joana oder dem singenden Pastor Clemens Bittlinger, sondern auch von seinem vor kurzem stattgefundenen und viel gelobten Gig mit Alex Auer beim Treppenhauskonzert in der Villa Böhm. Gemeinsam kommen die beiden nun auf Initiative des Neustadter Veranstalters Christoph Schmid und seines Partners Bernd Magin zu einem Konzert in den Saalbau – „für Liebhaber der klassischen Liedermacher ein Muss!“, schreibt Schmid in seinem Newsletter. Da könnte er Recht haben! Termin Carsten Langner und Adax Dörsam treten am Sonntag, 29. Oktober, um 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) im Scheffelsaal des Saalbaus in Neustadt auf. Karten (19,50 Euro) an allen bekannten Vorverkaufsstellen, in Neustadt bei Tabak Weiss (06321/2942) und beim Media Markt, über den Rheinpfalz-Ticket-Service und unter www.reservix.de.