Über den Kirchturm hinaus Willkommen im Club

Bernhard Braun
Bernhard Braun

Ähnliche Entwicklungen bei Parteien und den Kirchen.

In diesem Monat sind in den ostdeutschen Bundesländern drei Wahlen. Thüringen und Sachsen haben schon gewählt. Brandenburg folgt am 22. September. Die bisherigen Wahlergebnisse lassen viele nachdenkliche Gesichter zurück. Ein Aspekt, der mir auffällt, ist das Abschneiden der Grünen. In Brandenburg hatten sie bei Umfragen 2020 noch 16 Prozent Wählerstimmen. Jetzt bei der Wahl dümpeln sie um fünf Prozent und haben die Befürchtung, es gar nicht mehr in das Landesparlament zu schaffen.

Wenn wir diese Partei mal anschauen, müssen wir feststellen, dass sie eine wichtige Rolle in unserer politischen Landschaft eingenommen hatte mit ihrem auf Werten beruhenden Parteiprogramm, ihrem Engagement für Umweltschutz und Klimabewusstsein. Allerdings haben sie sich selbst daraus den Missionsauftrag gegeben, die ganze Nation nach ihren Vorstellungen umzubauen. Dabei haben sie sich mit der Bevormundung der Bürger keinen großen Gefallen getan. Stichworte sind hier der Veggieday oder das Heizungsgesetz. Damit sind sie in neuester Zeit zum Prügelknaben der Ampelkoalition geworden. Sie müssen für Dinge, die im Grunde einen richtigen Kern haben, Spott und Häme über sich ergehen lassen. Auch da, wo sie keine Schuld haben.

Deutungshoheit über Moral und Handeln

Der Gedanke kam mir letztens: Herzlich willkommen im Club! Ihnen geht es genauso wie den Kirchen. Gerade die katholische beanspruchte jahrhundertelang die Deutungshoheit über Moral und Handeln. Sie griff tief in das Private der Menschen ein und machte Vorschriften, wie die Menschen zu leben haben. Der moralische Zeigefinger der Kirche war hoch erhoben. Die Werte der Kirche sind gut und richtig. Sie verdienen es, befolgt und gelebt zu werden.

Aber die Zeiten, in denen das Volk alles willig annimmt und befolgt, sind vorbei. Und wenn dann noch das Führungspersonal durch Versagen, Inkompetenz und Abgehobensein auffällt, dann sehen wir die Folgen auf beiden Seiten, den Grünen und der Kirche. Beide werden dann nur noch belacht und nicht mehr ernst genommen. Trotzdem funktionieren Politik und Kirche dort noch besonders gut, wo sie sich für Menschen einsetzen, gerade bei denen, die sich nicht wehren können. Auch da, wo Menschen begleitet, anstatt bevormundet werden, wo das Fundament glaubhaft vorgelebt wird: hier die Sorge um die Schöpfung, dort der Christusglaube. Hoffen wir, dass beide daraus lernen.

Der Autor

Bernhard Braun ist katholischer Pfarrer.

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