Über den Kirchturm hinaus Wir sind doch wer

Peter Nirmaier
Peter Nirmaier

Von Sehnsüchten, Ängsten und positiven Zeichen.

Wir sind doch noch wer, wir Deutschen. 5:1 haben wir bei der Europameisterschaft gegen Schottland gewonnen und dann noch 2:0 gegen Ungarn. Ja, wir sind doch noch wer. Die wenigsten in unserem Land haben zwar mitgespielt, aber jetzt sind Mannschaft und das Volk eins, wir sind doch noch wer.

Es ist eine Grundsehnsucht in uns, wer zu sein. Und da gab und gibt es ja einiges in den letzten Jahren, was uns diese Grundsehnsucht streitig macht: Corona, wie schienen wir dieser Krankheit zunächst hilflos ausgeliefert; der Angriffskrieg in der Ukraine, welche Folgen wird das auch für uns haben, für unsere Werte? Die Klimakrise: Wie soll das weitergehen, wenn wir die Ursachen nicht in den Griff kriegen? Wie wird das mit der Pflege älterer und kranker Menschen in Zukunft sein?

Ja, es ist einiges, was uns an unser Gefühl geht, wer zu sein. Vielen, gerade auch jungen Menschen, macht das Angst. Und Angst kann Menschen in die Hände anderer Menschen treiben, die vorgeben, die entsprechenden Mittel gegen die Angst zu haben. Und diese Mittel seien eigentlich ganz einfach. Man müsse nur das oder jenes tun, und schon sei alles wieder klar.

Ich wünsche mir zunächst, dass es weiterhin Menschen gibt, die von Gott her sagen können: Bei ihm bist du wer, einfach schon, weil du da bist. Diese Würde kann dir niemand nehmen, nicht einmal der Tod. Eine für mich immer noch kostbare Botschaft.

In Gottes Händen aufgehoben

Ich wünsche mir weiterhin, dass es Orte gibt, wo Ängste zur Sprache kommen können und ernst genommen werden. Wo wir nicht gleich als Angsthasen beschimpft werden. Auch Jesus stand zu seiner Angst, im Garten Gethsemane. Die Gefahr ist groß, dass irgendwann die Ängste uns haben, und nicht mehr wir sie. Mit unabsehbaren Folgen. Und ich wünsche uns, dass wir versuchen, möglichst sachlich die anstehenden Fragen anzugehen und Lösungsansätze zu suchen. Und nicht nur jammern über die ach so schlechte Welt und die bösen Anderen, sondern das vielleicht auch nur Wenige tun, was wir beitragen können. Und ich wünsche uns, dass wir uns darüber freuen können, wenn wir dadurch positive Zeichen setzen können. Vielleicht bewirken sie auf Dauer doch etwas, was wir jetzt noch nicht sehen können.

Die EM wird in einem Monat vorbei sein. Ob wir dann wenigstens im Fußball wer sind, war bei Schreiben nicht abzusehen. Von meinem Glauben her kann ich sagen: Ich bin wer, auch wenn die Fußballer nur Zweiter oder Dritter werden oder vorher ausscheiden. Ich möchte es auch gar nicht ihre Hände legen. Das wäre mir alles zu unsicher. Da weiß ich mich in Gottes Händen besser aufgehoben.

Der Autor

Peter Nirmaier ist katholischer Pfarrer in Maikammer.

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