Corona-Impfungen Gesundheitsminister: Astrazeneca nur noch für Personen über 60

Die Charité schränkt das Impfen mit dem Astrazeneca-Vakzin ein.
Die Charité schränkt das Impfen mit dem Astrazeneca-Vakzin ein.

[Aktualisiert um 19.50 Uhr] Der Corona-Impfstoff von Astrazeneca soll nach einem Beschluss der Gesundheitsminister von Bund und Ländern ab Mittwoch in der Regel nur noch für Menschen ab 60 Jahren eingesetzt werden. Unter 60-Jährige aus den Priorisierungsgruppen 1 und 2 sollen sich „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung“ weiterhin damit impfen lassen können, wie aus dem Beschluss von Dienstagabend hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Zuvor hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) eine entsprechende Altersbeschränkung für Astrazeneca empfohlen. Grundlage seien derzeit verfügbare Daten zum Auftreten „seltener, aber sehr schwerer thromboembolischer Nebenwirkungen“. Diese seien 4 bis 16 Tage nach der Impfung ganz überwiegend bei Personen im Alter unter 60 Jahren aufgetreten, teilte das beim Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelte Gremium mit. Dabei geht es um Auffälligkeiten mit Fällen von Blutgerinnseln (Thrombosen) in Hirnvenen in zeitlichem Zusammenhang zu Impfungen, die vor allem bei jüngeren Frauen gemeldet wurden.

Laut dem Beschluss der Gesundheitsminister soll es den Ländern nun frei stehen, auch jetzt schon die 60-69-Jährigen für das Mittel von Astrazeneca mit in ihre Impfkampagnen einzubeziehen. „Dies gibt die Möglichkeit, diese besonders gefährdete und zahlenmäßig große Altersgruppe angesichts der wachsenden 3. Welle nun schneller zu impfen“, erläutern die Ressortchefs. Derzeit laufen generell Impfungen in den ersten beiden Prioritätsgruppen, zu denen - bezogen auf das Lebensalter - Menschen ab 70 Jahre gehören.

Wenn Menschen unter 60 sich gemeinsam mit einem impfenden Mediziner für Astrazeneca entscheiden, sollen diese Impfungen grundsätzlich in den Praxen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erfolgen.

Am Dienstagnachmittag hatte die Landesregierung von Rheinland-Pfalz mitgeteilt, dass im Land vorerst weiter Corona-Impfungen mit dem Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca verabreicht würden. Das Land setze „die Impfungen mit AstraZeneca zunächst fort und stimmt das weitere Vorgehen mit den Gesundheitsministerinnen und -ministern von Bund und Ländern ab“, heißt es in der Mitteilung. Eine Entscheidung über die weiteren Impfungen mit dem Impfstoff soll nach der am Dienstagabend stattfindenden Sonder-Gesundheitsministerkonferenz getroffen werden.

Eine Komplikation in Rheinland-Pfalz

„Wir sind vorbereitet, etwaige Änderungen schnell umzusetzen. Unser Ziel ist es nach wie vor, dass die Impfungen der Menschen in Rheinland-Pfalz schnell und sicher weiterlaufen können“, betonte die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler.

Wie das Ministerium auf Anfrage mitteilte, ist aktuell nur ein Fall aus Rheinland-Pfalz einer Komplikation bekannt. Dabei handele es sich um den bekannten Fall einer weiblichen Person aus dem Großraum Trier. Allerdings sei noch nicht abschließend geklärt, ob die Impfung tatsächlich ursächlich für die Komplikation war.

Bisher wurden, wie eine Ministeriums-Sprecherin mitteilte, insgesamt mehr als 134.000 Dosen Astrazeneca in Rheinland-Pfalz verimpft (Erstimpfungen).

Im Westpfalz-Klinikum (Kaiserslautern) hat es bisher keine Komplikationen in der Mitarbeiterschaft mit dem Impfstoff gegeben. Wie ein Sprecher auf Anfrage informierte, geht es mit den Impfungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch erst in der Woche nach Ostern weiter. Bis dahin soll die weitere Entwicklung beobachtet werden. Das Haus orientiere sich an den Handlungsempfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts.

Das Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus (Speyer) hat nur einen geringen Anteil seiner Mitarbeitenden mit AstraZeneca geimpft, wie eine Sprecherin auf Anfrage informierte. Der überwiegende Teil der impfwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie inzwischen geimpft werden. Dabei ist es bisher laut der Sprecherin zu keinen ernsthaften Komplikationen gekommen.

Stopp in Berlin

Das Land Berlin hat Astrazeneca-Impfungen für Menschen unter 60 Jahren bereits gestoppt. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag. Zuvor hatte die Berliner Charité bis auf Weiteres alle Impfungen ihrer Mitarbeiterinnen unter 55 Jahren mit dem Vakzin von Astrazeneca gestoppt. „Dieser Schritt ist aus Sicht der Charité notwendig, da in der Zwischenzeit weitere Hirnvenenthrombosen bei Frauen in Deutschland bekannt geworden sind“, sagte die Sprecherin der Klinik, Manuela Zingl, am Dienstag.

Beratung der Gesundheitsminister

Sie betonte, dass in der Charité keine Komplikationen nach Impfungen mit Astrazeneca aufgetreten seien. Diese wolle jedoch vorsorglich agieren und abschließende Bewertungen abwarten. Auch der landeseigene Berliner Klinikbetreiber Vivantes hat am Dienstag bis auf Weiteres vorsorglich alle Impfungen von Frauen unter 55 Jahren mit dem Vakzin von Astrazeneca ausgesetzt.

Das Gesundheitsministerium in Brandenburg kündigte ebenfalls an, Corona-Impfungen mit dem Impfstoff von Astrazeneca für Menschen unter 60 Jahren vorerst auszusetzen. Der Stopp gelte ab Dienstag, teilte ein Sprecher mit. Auch in München werden bis auf Weiteres keine Menschen unter 60 mehr mit Astrazeneca geimpft.

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