Pirmasens Bürokratisierung und fehlende Ehrenamtliche: Tafel ist am Limit

Zu viele Kunden, zu wenig Ehrenamtliche: Rainer Greif (links) und Gerhard Herrmann aus dem Tafel-Vorstand suchen händeringend Na
Zu viele Kunden, zu wenig Ehrenamtliche: Rainer Greif (links) und Gerhard Herrmann aus dem Tafel-Vorstand suchen händeringend Nachwuchs.

Die Tafel war schon öfter am Limit. Diesmal ist es aber ernst. Vor allem ehrenamtliche Helfer fehlen. Aktuell darf keiner ausfallen, sonst wird es kritisch. Dem Verein macht zudem die Bürokratisierung zu schaffen, auch finanziell. Und einmal kam es zu einem Konflikt unter den Bedürftigen.

Theoretisch zähle die Pirmasenser Tafel aktuell 80 Mitarbeiter. Pro Ausgabetag seien allerdings 35 bis 38 Leute notwendig. Das bedeute, dass jeder im Monat vier oder fünf Mal dran sei. Für Ehrenamtliche über 70 Jahre sei dies zu viel. Deswegen sehe es in der Praxis so aus, dass sich einige Helfer nur ein oder zweimal eintragen, und ein Pool von 40 Ehrenamtlichen den Rest abdecken müsse. Da dürfe keiner ausfallen, sonst gehe die Personalplanung nicht auf. Fahrer müssten her, aber auch Leute für die Ausgabe und auch jemand, der computeraffin sei, um im Büro zu helfen. Dem Verein werde nämlich immer mehr Bürokratie aufgebürdet. Wahrscheinlich laufe es darauf hinaus, dass die Tafel wie eine Firma arbeiten müsse und einen Geschäftsführer brauche, sagt der aktuell ehrenamtliche Vorsitzende Gerhard Herrmann. In Mannheim sei dies jetzt schon der Fall.

„Wir bekommen gesetzliche Vorgaben gemacht, wegen denen mir nur noch die Ohren schlackern“, erzählt Herrmann. Er spricht von der verschärften Überwachung der Kühlkette, der fortschreitenden Digitalisierung, durch die Touren und Waren in einer Cloud erfasst würden – bisher sei dies über Lieferscheine gelaufen, mit denen die Läden beim Finanzamt die Spenden belegen konnten – sowie neue Hygienebestimmungen. Für die notwendigen Tablets muss die Tafel Handyverträge abschließen und seine Mitarbeiter ordnungsgemäß schulen. Alles zusätzliche Kosten für den Verein. Als Beispiel nennt Herrmann die Schulung, die bei der Prüfgesellschaft Dekra 270 Euro koste, die dem Verein bei den Hilfebedürftigen fehlen. Ganz zu schweigen von der demotivierenden Mehrarbeit, wie sie inzwischen bei der Kühlkette beispielsweise nötig sei. Konkret verlaufe die Bürokratisierung der Kühlkette so: Die Spenderfirma übergebe gekühlte Ware, misst die Temperatur und protokolliert diese. In den Autos müsse während der gesamten Fahrt weiter ein Protokoll über die Temperatur geführt werden und bei der Ankunft wird noch mal kontrolliert und protokolliert.

Deutsche Kunden noch in der Überzahl

Ende 2021 wurden von der Pirmasenser Tafel 1062 Personen mit Lebensmitteln versorgt, berichtet Rainer Greif aus dem Vorstand. Aktuell seien es 2444 Personen, also mehr als doppelt so viele. Die Tafel werde von Kunden nur so überlaufen, sagt Herrmann. Die Coronakrise habe der Verein gut überstanden, aber jetzt mit den Geflüchteten aus der Ukraine sei der Verein am Limit.

Die deutschen Kunden seien noch in der Überzahl, 445 Personen mit deutscher Nationalität tauchen in der Statistik der Tafel auf, sind aber dicht gefolgt von den Ukrainern, von denen 390 Personen als Tafel-Kunden eingetragen sind. Dann kommen 69 Syrer, 42 Afghanen und 18 Türken. Aus Russland finden sich in der Tafelkartei auch neun Personen. Und zwischen Russen und Ukrainern sei es jüngst auch zu einer Auseinandersetzung gekommen.

Gespendete Waren werden weniger

Wegen der vielen Kunden sei die Pirmasenser Tafel schon auf eine 14-tägige Ausgabe ausgewichen, weil sie den Publikumsandrang nicht mehr geschafft habe, erzählt Herrmann. Aktuell kämen ungefähr 130 Personen pro Ausgabetag. Das sei noch problemlos zu bewältigen, aber in den vergangenen 14 Tagen sei eine kontinuierliche Steigerung zu verzeichnen, so dass die Anzahl an Personen pro Ausgabetag auf 160 gestiegen sei. „Das schaffen wir definitiv nicht mehr“, sagt Herrmann. „Die gespendeten Waren, die wir in den Lebensmittelmärkten abholen, werden ständig weniger“, erklärt der Vorsitzende. Die Ausgabe sei aktuell nur durch die Geldspenden der Rheinbergerstiftung und Zuwendungen vom Lions-Club zu schaffen, die für den Zukauf von Lebensmitteln gedacht waren. In zwei bis drei Monaten sei das Geld aufgebraucht, andere zweckgebundene Spenden dürften nicht für Lebensmittel verwendet werden.

„Mit diesen Spenden, den Spenden vom Landesverband sowie der Möglichkeit, bei der Wasgau-Zentrale einzukaufen, halten wir uns am Leben“, schildert Herrmann die Lage und ist froh darüber. Auch wenn die Lieferungen des Landesverbandes manchmal seltsam erschienen. Palettenweise seien Frühstücksflocken, Sojaprodukte und Hafermilch geliefert worden. Dabei seien Fertigprodukte bei den Kunden am begehrtesten. Aber auch 1000 Starbucks-Kaffeebecher habe die Tafel bekommen. Die seien gut weggegangen.

Kontakt

Wer bei der Tafel mitmachen will, kann sich dienstags und donnerstags unter 06331 148697, mobil unter 0151 72008942 oder per E-Mail info@pirmasenser-tafel.de an den Verein wenden.

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