Pirmasens Ein Stern geht auf am Horeb

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Vjekoslav Pavic lebt seine Berufung. Im Jahr 2014 erfüllte sich der ambitionierte Koch mit der Eröffnung der Brasserie einen Lebenstraum, machte sich nach Stationen in Deidesheim, Hornbach Bad Bergzabern und Sylt selbstständig. Jetzt wurde seine Kockkunst mit einem Michelin-Stern gekrönt.

Vjekoslav Pavic hat sich seinen dritten Stern erkocht, aber den ersten im eigenen Restaurant. „Wer nicht alles gibt, gibt nichts!“, steht am Türrahmen der Küche geschrieben. Das hat Helenio Herrera, Fußballtrainer von Inter Mailand, in den 60er Jahren gesagt. Der Satz spiegelt die Haltung des Sternekochs wider. Er sei berufen, kulinarisch zu verwöhnen. Bis zwei Tage vor der feierlichen Gala in Berlin wusste er nichts von der anerkennenden Ehrung seiner Kochkunst. Und weil im Dezember wegen Weihnachtsfeiern und Festessen immer viel los ist in der Brasserie, konnte er sich auch noch gar nicht so richtig darüber freuen. Für ihn geht es erst mal weiter wie gehabt: Er lebt seine Berufung, das kreative Kochen auf hohem Niveau. Den Stern, den haben seine Gäste nur auf dem Teller, an der Eingangstür sucht man ihn vergebens. Nur eines werde sich in Zukunft sicher ändern: Die Gäste reisen bestimmt von weiter her an. Bis zu 150 Kilometer lege ein wahrer Gourmet gerne zurück, um dem Genuss zu frönen, sagt Vjekoslav Pavic. „Nein, wir geben uns keine Mühe, die Tester zu erkennen“, erklärt der Sternekoch lachend, das sei kontraproduktiv und nervenaufreibend. „Die kommen anonym, und wenn sie mit einem Menü zufrieden waren, kehren sie zurück.“ Bestimmt drei bis vier Mal kommen sie, um Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis, Kreativität und Kontinuität der Menüs auf die Probe zu stellen. Ja, „Ratatouille“, das entzückende Zeichentrick-Märchen von der Ratte, die Chefkoch sein wollte, kenne er natürlich – aber so nervenaufreibend mag er es nicht haben. Der Chef de Cuisine hält es mit der Leichtigkeit. Er kocht, was er gerne isst. Als aromatisch-saisonal, bewusst reduziert und ausdrucksstark beschreibt Michelin seine Küche. Deswegen hat er die Stern-Hürde en passant genommen, sommerlich-leicht mediterran und winterlich-schwerer mit französischen und deutschen Gerichten. Vielleicht war es auch einfach, weil der Stern nicht sein Ziel war. „Für uns sind zufriedene Gäste am wichtigsten“, verrät der gebürtige Kroate sein Erfolgsrezept, der Rest ergebe sich dann von ganz allein. Seine Kunden zu begeistern, stehe für ihn im Mittelpunkt des Tuns, damit sie ihn auf seinem Weg begleiten. „Gerade das ist die Herausforderung“, sagt er, „dass die Herausforderung kein Ende hat“. Natürlich fühle er sich geehrt, gesteht Pavic, ist der Stern doch die renommierteste Auszeichnung, die ein Koch bekommen kann. Die Auszeichnung honoriere, dass er sich mit seinem Team weiterentwickelt habe, seit er vor gut einem Jahr mit Michelin’s Bib Gourmand ausgezeichnet wurde, auf den er es schon abgesehen hatte. Davor galt er 2007 im „Feinschmecker“ als „Aufsteiger des Jahres“, „Gusto“ ehrte ihn 2009 als „Newcomer des Jahres“ und für Bertelsmann war er 2010 der „Trendsetter“. Ein Stern verglühe nach einem Jahr, erklärt Pavic, der ausgezeichnete Koch müsse seine Kochkunst zu gegebener Zeit erneut beweisen. Für einen zweiten Stern sei ein noch individuellerer Stil gefragt und auch ein breiteres Angebot. Maximal könne ein Koch drei Sterne bekommen, aber sein Ziel sei es nicht, mehr Sterne zu haben. „Ich möchte schöne Konzepte entwickeln, ein angenehmes Miteinander mit meinen Gästen leben und beweisen, dass ein Sterne-Restaurant eine locker-entspannte Atmosphäre nicht ausschließt.“ Das neue Jahr beginnt Pavic mit einer kulinarischen Entdeckungsreise, wahrscheinlich nach San Sebastian. „Ich schätze die Stadt, weil sie gleich drei 3-Sterne-Restaurants zu bieten hat, und weil man dort eine fabelhafte Tapas-Kultur zelebriert“, gerät er ins Schwärmen. In jeder Tapas-Bar gebe es eine besondere Spezialität. Durch die Straßen der Altstadt zu schlendern und die Vorspeisen zu kosten, sei eine wahre Freude. „Mir gefällt es, im Urlaub essen zu fahren, dahin, wo sich was tut“, erzählt er. Um sich Gedankengänge für eigene Konzepte mitzunehmen. Auch auf Messen holt er sich Inspiration. Die wichtigsten Adressen sind für ihn die deutsche „Chefsache“-Messe in Köln und der „Gastronomika“-Kongress im französischen San Sebastian, wo führende Chefköche ihre Kreationen kredenzen. „Es ist wichtig, die Avantgarde zu beobachten, auch wenn ich nicht alles, was ich sehe, in meiner Küche gebrauchen kann“, erzählt der leidenschaftliche Koch von den Notwendigkeiten. Am Anfang des Jahres und auch im Herbst beginnt für Vjekoslav Pavic die Zeit der eigenen Kreationen, in der er mit Muse neue Gerichte erproben kann. Gemeinsam mit seinem Sous-Chef Elias Lohrengel durchläuft er eine Art Probenprozess, der in den Alltag beim besten Willen nicht passen mag. „Wir kochen, was uns vorschwebt, auch vier oder fünf Mal“, verrät er die Interna. „Wenn das Gericht unserem Urteil standhält, feiert es die Premiere im Restaurant mit den Gästen.“ Wenn nicht, wird die Idee verworfen, denn lukullische Fantasie hat er beileibe genug. Info Die Brasserie in der Landauer Straße 103-105 in Pirmasens ist ab 18. Januar wieder geöffnet, jeweils dienstags bis samstags von 12 bis 15 und ab 18 Uhr.

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