Pirmasens Erst kam das Gas, dann der Strom
Licht, Strom, Gas und Wärme sind für uns heute selbstverständlich. Doch das war nicht immer so. Erst die Inbetriebnahme des Elektrizitätswerks und der Gasbeleuchtung machten den industriellen und verkehrstechnischen Aufschwung zur Schuhstadt Pirmasens möglich.
„Gas gab es vor Strom in Pirmasens“, erzählte Gästeführer Klaus Brenner bei der Stadtführung „Es werde Licht“ am Samstag vor wenigen Interessierten. 1863, hundert Jahre nach der Gründung der Stadt im Wald, setzte der Stadtrat eine Gas-Kommission ein und bereits im Dezember ging die Gasbeleuchtung in Betrieb. 114 Lampen und 150 Privatkunden wurden im ersten Jahr versorgt. Um 1900 stieg das Gasgeschäft rasant an. 1924 wurde eine moderne Schrägkammeranlage in Betrieb genommen. Beim Fliegerangriff am 15. März 1945 wurde das Gaswerk weggebombt, aber zum Glück verfehlte die Bombe den Gasometer um einige Meter. Bereits am 3. Oktober 1945 war das Gaswerk wieder aufgebaut, die abgegebene Gasmenge wegen Kohlenmangels aber rationiert. 1963 ging an der Ecke Bitscher/Simter Straße ein neuer Gaskessel in Betrieb. Wenige Jahre später wurde die Eigenerzeugung von Gas wegen Unwirtschaftlichkeit aufgegeben und Pirmasens ans Ferngasnetz der Saar-Gas-AG angeschlossen. 1972 wurde auf Erdgas umgestellt. 1885 war in Berlin das erste Elektrizitätswerk in Betrieb genommen worden. Auch die Pirmasenser Haushalte erkannten die Vorteile, berichtete Brenner. Bürgermeister Christian König setzte 1896 im Stadtrat den Bau eines städtischen Elektrizitätswerks durch. Im März 1898 ging es in der Pirminiusstraße in Betrieb. Die Fassade der Schalthalle mit einem runden Fenster und drei „Kirchenfenstern“ wurde später in die Fassade des Kauflands integriert. Aber die Strompreise waren wesentlich höher als für Gas. Und die großen Schuhfabriken hatten ihre eigene Stromerzeugung. Erst mit der 1905 in Betrieb genommenen elektrischen Eisenbahn stieg der Strombedarf und das E-Werk musste erweitert werden. Um die ganze Stadt mit Strom versorgen zu können, wurde auf der Biebermühle ein Dampf-Kraftwerk errichtet und nach dreijähriger Bauzeit 1910 eingeweiht. Kurz darauf wurde das Werk in der Pirminiusstraße außer Betrieb genommen. 1934 wurde neben dem Krankenhaus das erste Heizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung gebaut – der Beginn der Fernwärmeversorgung. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem die Stadt zu 80 Prozent zerstört wurde, half die Schuhfabrik Rheinberger der Stadt mit Strom aus. 1967 fuhr der letzte Oberleitungs-Bus (O-Bus). Das E-Werk auf der Biebermühle ging 1978 außer Betrieb, als gegenüber die Pfalzwerke ein Umspannwerk errichteten. In den 1990er Jahren entstand an der Streckbrücke ein neues Verwaltungsgebäude für alle Sparten der Stadtwerke, mit einem Fotovoltaik-Turm. Gästeführer Herbert Pfeffer ergänzte technische Details. Im Mai 1905 wurde die 2,6 Kilometer lange elektrische Straßenbahn mit 14 Haltestellen in Betrieb genommen, erzählte er. Während des Krieges, der Separatistenzeit, Evakuierung aus der Roten Zone wurde sie eingestellt und 1943 endgültig stillgelegt. 1938 war die Strecke noch bis zum Schwimmbad verlängert worden. Geplant war eine Ringbahn, die aber – weil zu teuer – nicht realisiert wurde. Bereits 1752 gab es in Pirmasens die erste Wasserleitung – aus ausgehöhlten Baumstämmen. Doch erst 1879 wurde durch Ingenieur Lindemann das Pumpwerk in Rodalben in Betrieb genommen, das Wasser nach Pirmasens hochpumpte. Im Hof der Feuerwehr erläuterte Pfeffer den Arbeitsablauf im Gaswerk, das dort bis 1967 stand und Kohle in Leuchtgas verwandelte. Mit Seilwinden wurde jeder Kohlenwaggon einzeln von Hand auf einer Drehscheibe über die Straße in die Kohlenhandlung gezogen und von Hand entleert. In der Turbinen-Halle der ehemaligen Schuhfabrik Rheinberger steht noch eine von zwei Kolben-Dampf-Maschinen der Zweibrücker Firma Christian Dingler mit zwei Ein-/Auslass-Ventilen.