Pirmasens Warmherzig und mit menschlichem Maß
In einer uneingeschränkt beeindruckenden Weise haben der Hassler-Kammerchor unter Leitung von Bernhard Hassler und mit Bezirkskantor Maurice Antoine Croissant an der Orgel das Requiem von Gabriel Fauré am Sonntag in der gut besuchten Johanneskirche in Pirmasens in den Mittelpunkt ihres Konzertes gestellt.
Es ist doch immer wieder beachtlich, wie es dem Hassler-Chor, von dem der Kenner seit Jahren nichts mehr als perfekte Chor-Musik erwartet, dann doch immer wieder auch hochgesteckte Erwartungen übertrifft. Die Klangkultur des Ensembles, seine stimmliche und rhythmische Geschlossenheit und die Fähigkeit zu dynamischer Delikatesse sind schlicht bewundernswert. Hat man dann auch noch einen Organisten vom Schlage eines Maurice Croissant zur Seite, dessen geschmeidiger, ja beinahe swingender Umgang mit dem Metrum frischen Geist und Eleganz in noch jede Partitur bringt, dann darf man sich über ein gelungenes Konzert wie das am Sonntag einfach nur freuen. Umso mehr, als auch die beiden Solisten Sonja Victoria Doniat (Sopran) und Philip Niederberger (Bariton) ebenbürtige Partner des Ensembles waren. Faurés Requiem, 1887 vollendet und ursprünglich für Chor und Orchester geschrieben, ist ein auffallend warmherziges und im positiven Sinne zurückgenommenes Werk. Es gibt darin keine dynamischen Eruptionen, das Tempo ist beinahe stets das eines nachdenklichen Schreitens. Die Melodien und vor allem die komplex erweiterten Grundharmonien folgen dem menschlichen Maß ohne dabei jemals aufzutrumpfen oder emotional zu forcieren. Der Klang des Chores, im Bass zwei-chörig besetzt, entwickelt sich organisch aus der Stille heraus. Die Musik ist ein einziges großes und tiefes Atmen, sanft und berührend. Auch die beiden Solisten folgen mit Geschmack und Distinktion ihrem Chor. Philip Niederberger hat bei seinen Einsätzen im Offertoire (Hostias) und im Libera Me, das er mit seiner besonders angenehmen Bariton-Stimme eröffnet und beschließt, gezeigt, dass sich emotionale Tiefe auch ohne Effekthascherei herstellen lässt. Beinahe schade, dass das Requiem nur einen Einsatz – das Pie Jesu – für die Sopranistin Sonja Victoria Doniat bereithielt. Auch sie vermag es, musikalische Fülle und Gefühlstiefe geradezu anrührend und ohne klangliche Schärfen zu vermitteln. Auch beim Einsatz der Orgel mag man ins Grübeln kommen, ob das nicht die musikalisch bessere Lösung ist. Auf keinem Fall ist es ein „billiger“ Ersatz für das im Original vorgesehene Orchester, das mit Bratschen, Celli, Kontrabass, Solovioline, Harfe, Pauken und Orgel besetzt ist. Was man an Klangfarben einbüßt, gewinnt man an Akkuratesse und Unmittelbarkeit. Funktional ist die Orgel hier einerseits Begleiterin des Chores, sie ist aber auch dramaturgisches Element, das kommentiert, kontrastiert, mal geradezu wie ein Blitz in die Sanftheit des Chores fährt. Maurice Croissant gibt seinem Instrument eine geradezu sprechende Qualität mit, zumal sich Expressivität hier ebenfalls weniger in einer gesteigerten Lautstärke als in den scharfen, bisweilen harschen Harmonien äußert. Drei Choräle von Felix Mendelssohn-Bartholdy und die Orgel-Soli von Léon Boëllmann (Priére à Notre Dame) und Théodore Dubois (Cantilène réligieuse) sowie das überleitende „Komm, süßer Tod“ von Johann Sebastian Bach, die dem Hauptwerk des Abends vorausgingen, wurden auf demselben hohen Niveau musiziert, wie das Fauré-Requiem selbst. Alles andere als einleitendes Beiwerk also, sondern betörende Wiedergaben aus eigenem Recht, die ideal auf den Konzert-Höhepunkt vorbereiteten.