Interview Warum ein Hausarzt eine Grippe- und Corona-Impfung empfiehlt

Martin Dilger hält sich an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko). Seine Empfehlung: Impfen!
Martin Dilger hält sich an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko). Seine Empfehlung: Impfen!

Die Nase läuft, der Kopf glüht und der Hustenreiz will einfach nicht nachlassen. Aber wie kann man diagnostizieren, woran man genau leidet? Die RHEINPFALZ hat mit dem Pirmasenser Hausarzt Martin Dilger gesprochen, der zum Beispiel davor warnt, Corona mit Antibiotika zu behandeln.

Wie stellt sich die Infekt-Situation in Hausarztpraxen zurzeit dar?
Die Anzahl der Arztbesuche im hausärztlichen Bereich wegen akuter Atemwegserkrankungen ist in den letzten Wochen in allen Altersgruppen angestiegen. Besonders Viren aus den Gruppen SARS-CoV-2, Rhinoviren, RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) und Influenzaviren sind vermehrt anzutreffen. RSV-Infektionen führen besonders bei Kindern unter zwei Jahren oft zu Krankenhauseinweisungen, da das Virus bei Befall der Lunge zu Problemen mit der Atmung führen kann. Von Influenzaerkrankungen sind aktuell vornehmlich Kinder im Schulalter und junge Erwachsene betroffen. Die klassische Grippewelle steht aber noch aus. Ein großer Teil der Erkrankungen verläuft eher mild bis mittelschwer. Es gibt aber auch schwerere Verläufe. Besonders bei Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen.

Gibt es inzwischen wieder eine neue Corona-Variante?
Ein Virus verändert sich – wie bei der Grippe auch. Das ist aber normal. Nicht jede Variante, die dabei zufällig entsteht, ist automatisch bösartiger oder aggressiver als der Vorgänger.

Wie erkenne ich den Unterschied zwischen Corona und Grippe?
Anhand der Krankheitszeichen allein ist eine Unterscheidung zwischen Erkältung, Grippe und COVID-19 nicht sicher möglich. Die bisher oft typischen Geruchs- und Geschmacksverluste bei einer Corona-Infektion treten bei den neueren Varianten mit Omikron nicht unbedingt mehr auf.

Wie kann man sich schützen?
Meine Empfehlung: umsichtig sein. Dazu gehört ein regelmäßiges gründliches Händewaschen und das konsequentes Stoßlüften von Räumen. Auch sollte man sich nicht mit ungewaschenen Händen ins Gesicht fassen, um Schmierinfektionen zu vermeiden.

Empfehlen Sie das Tragen einer Maske?
Ja, Menschen mit akuten Atemwegssymptomen sollten eine Maske zum Schutz anderer tragen. Besonders wichtig ist das, wenn sich ein enger Kontakt mit einer anderen Person, besonders aus einer Risikogruppe, nicht vermeiden lässt. Eine Mund-Nasen-Schutz-Maske bietet gerade während der Erkältungszeit in Innenräumen einen zusätzlichen Schutz vor Infektion. Personen, die zu einer Risikogruppe gehören, sollten diese Möglichkeit zum Selbstschutz in Betracht ziehen.

Ist eine Coronavirusinfektion noch meldepflichtig?
Ja, natürlich. Das Infektionsschutzgesetz wurde da nicht geändert. Wir Ärzte sind weiterhin gesetzlich dazu verpflichtet, an das zuständige Gesundheitsamt zu melden.

Wie soll sich jemand verhalten, der an Corona oder Influenza erkrankt ist?
Eine Übertragung erfolgt durch Tröpfchen, wie sie beim Atmen, Sprechen, Niesen oder Husten entstehen. Wer an einer akuten Atemwegsinfektion erkrankt ist, sollte drei bis fünf Tage und bis zur deutlichen Besserung der Symptome zu Hause bleiben. Der direkte Kontakt, insbesondere zu Menschen mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheitsverläufe, sollte vermieden werden. Bei einer Verschlechterung der Erkrankung, einer ausbleibenden Besserung oder als Risikopatient sollte man seinen Hausarzt kontaktieren.

Wie wird eine Corona-Infektion behandelt?
In der Regel reicht bei milden Verläufen eine symptomatische Behandlung aus. Treten aber stärkere Beschwerden oder eine Verschlechterung der Symptome auf, sollte man in jedem Fall seinen Hausarzt kontaktieren. In einigen Fällen kann der Einsatz von speziellen antiviralen Medikamenten notwendig werden. Bei Atemwegsinfektionen, die durch Viren ausgelöst werden, wirken Antibiotika nicht.

Empfehlen Sie Ihren Patienten, sich impfen zu lassen?
Ja, unbedingt – gegen Corona und Influenza. In dem Punkt gehe ich mit der Meinung der Ständigen Impfkommission (Stiko) konform. Für mich ist sowohl eine Auffrischimpfung gegen Corona mit dem an die Omikron-Variante XBB.1.5 angepassten COVID-19-Impfstoff sinnvoll sowie auch die Influenza-Impfung. Gerade Letztere ist aktuell noch wichtig, weil der Körper in der Regel circa zwei Wochen braucht, bis ein Impfschutz aufgebaut ist und uns die Welle bisher noch nicht erreicht hat.

Wer sollte sich aktuell gegen Corona eine weitere Auffrischimpfung geben oder gegen Influenza impfen lassen?
Personen über 60 Jahre sollten sich mit einer weiteren Auffrischimpfung gegen Covid-19 und mit einem Hochdosisimpfstoff gegen Influenza impfen lassen. Aber auch Menschen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung, etwa infolge eines Grundleidens empfehle ich eine Impfung. Genauso wie Bewohnern von Pflegeheimen, medizinischem oder pflegerischem Personal sowie Familienangehörigen von Personen, bei denen durch eine Covid-19- oder Influenza-Impfung vermutlich keine schützende Immunantwort erzielt werden kann. Der eigene Impfschutz trägt also gleichzeitig auch zum Schutz der Gemeinschaft bei.

Welche Grundleiden führen zum Beispiel zu einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung?
Bei Infekten führen – besonders bei bestehenden chronischen Krankheiten der Atmungsorgane, des Herz- oder Kreislaufsystems, der Leber oder Nieren – Diabetes mellitus oder andere Stoffwechselkrankheiten, ferner chronische neurologische Grundkrankheiten, aber auch angeborene oder erworbene Immunschwächen zu einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung. Es ist in jedem Fall sinnvoll, sich mit seinem Arzt zu besprechen, ob eine Impfung bei der jeweiligen Erkrankung sinnvoll ist.

In welchem Abstand empfiehlt sich für diese Personengruppe eine Covid-19-Auffrischimpfung?
Die Auffrischimpfung gegen Covid-19 sollte möglichst in einem Mindestabstand von zwölf Monaten zur letzten vorangegangenen Covid-19-Impfung oder SARS-CoV-2-Infektion durchgeführt werden. Bei Personen mit einer relevanten Einschränkung der Immunantwort kann es aber erforderlich sein, den Mindestabstand zu verkürzen.

Zur Person

Seit 2013 praktiziert Martin Dilger in eigener Praxis in Pirmasens, nachdem er zuvor als Facharzt bei Madjid Minakaran angestellt war. Nach seinen Studium der Humanmedizin in Mainz hat der Mediziner sein praktisches Jahr im Klinikum Idar-Oberstein absolviert und war anschließend fast zehn Jahre lang in der Abteilung für Innere Medizin im Städtischen Klinikum in Neunkirchen tätig. Seit 2016 ist er Delegierter in der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Zwei Jahre später, im Jahr 2018, erwirbt die Fachkunde der Geriatrie und der Palliativmedizin.

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