Pirmasens „Wer sich gut fühlt, klingt auch gut“

Eine musikalische Legende: Pinchas Zukerman.
Eine musikalische Legende: Pinchas Zukerman.

Seit über fünf Jahrzehnten hat sich Pinchas Zukerman als einer der gefragtesten und vielseitigsten Künstler etabliert, sowohl als Geigen- und Bratschensolist, als auch als Dirigent und Kammermusiker. Über 100 CD-Veröffentlichungen demonstrieren seine Virtuosität, die expressive, lyrische Art seines Spiels, die Schönheit seines Klanges sowie seine fantastische Musikalität. In der Doppelfunktion als Dirigent und Solist an der Violine ist er morgen beim Sinfoniekonzert der Deutschen Staatsphilharmonie zu erleben. Das Publikum wird dabei sowohl seinen virtuosen Fertigkeiten an der Violine nachspüren als auch das souveräne Dirigat des Weltstars erfahren können. Neben leidenschaftlich-fantasievollen Kompositionen von Edward Elgar erklingt auch das dritte Violinkonzert KV 216 von Wolfgang Amadeus Mozart, bekannt als das „Straßburger Konzert“. Und auch von Peter Tschaikowsky steht mit seiner „Schicksalsmelodie“ eine der beliebtesten Sinfonien der Romantik auf dem Programm. Es gibt nur wenige Künstler, die schon zu Lebzeiten eine Legende sind. Pinchas Zukerman ist einer von ihnen. Ein Mann mit vollem, weißem Haar, die Körperhaltung ist lässig, die tiefe Stimme dringt durch, auch wenn er leise spricht. Zukerman ist auch außerhalb der Konzertbühne eine faszinierende Erscheinung. Ein Mensch, der in sich ruht und weiß was er will. Obwohl der 70-Jährige inzwischen seit über vier Jahrzehnten weltweit umjubelt wird, ist ihm jede Art von Affektiertheit fremd. Fragt man ihn nach dem Geheimnis seiner mitreißenden Interpretationen, lautet die Antwort in einem Wort: Technik. Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Pinchas Zukerman geboren. Seine Familie hatte das Warschauer Ghetto und das Konzentrationslager Auschwitz überlebt. Nun, in Israel, sollte nach dem unvorstellbaren Grauen das Leben neu beginnen. In dieser Zeit wuchs Zukerman auf, er selbst spricht von einem „Wiedererwachen der Seelen“. Mit seiner aus Ungarn stammenden Geigenlehrerin Ilona Fehér sprach er deutsch. „Einen schönen Ton musst du haben, Pinchas.“ Diesen Satz kann er bis heute zitieren. Und den Grundsatz: „Wer sich gut fühlt, klingt auch gut.“ Seinen typischen, kraftvollen, biegsamen, vielschichtigen Klang hat Pinchas Zukerman schon als Kind in Israel entwickelt. Als er in die USA ging, um weiter zu studieren, war er 14 Jahre alt. Er kam zu einem neuen Lehrer, Ivan Galamian, der unter anderem auch Itzhak Perlman unterrichtete. Galamian war über Persien und Moskau in die USA gekommen, er vereinte die russische und die französische Violinschule. Einerseits verlangte Galamian Fleiß, ständige Wiederholungen, die das Spiel seiner Schüler verbessern sollten. Andererseits war er ein Meister der Bogenschule. „Bei ihm habe ich verstanden, warum ich meinen Klang habe und wie ich ihn produzieren kann“, erzählt Zukerman: „Man muss den Bogen einteilen, wie ein Sänger seinen Atem einteilt.“ Seinen Tag beginnt der Violinist mit Routine. Manchmal Tonleitern, manchmal Arpeggi. Damit die Finger warm werden. Täglich arbeitet er an der Koordination der beiden Hände. „Man muss wissen, wo der Punkt ist, an dem der Klang am besten ist“, sagt Zukerman. Die Routine bedeutet aber nicht, dass sich technisch nichts verändert. „Manchmal muss man sich neu justieren.“ Wenn er mit Orchestern probt, spielt er zwischendurch die schwierigen Parts noch einmal langsam für sich durch. Da hat sich nichts geändert, in all den Jahrzehnten des Erfolgs. „Je länger man spielt“, sagt Zukerman, „umso genauer kennt man seine Schwachstellen. Und ich kann daran arbeiten, damit ich sie abends im Konzert möglichst gut spiele.“ Manche Gesprächspartner reagieren überrascht, dass sich Pinchas Zukerman überhaupt nicht mit dem Nimbus eines großen Künstlers umgibt. In der ständigen Selbstkritik liegt vielleicht sogar der Grund, warum er ein großer Violinist geblieben ist. Zukerman benutzt den Begriff „Verletzlichkeit“. Die will er sich erhalten. „Man muss seine Verletzlichkeit als etwas Positives begreifen“, erläutert er. „Wenn man sich für perfekt hält, ist man nicht verletzbar. Dann will man nicht mehr besser werden.“ Und jeder kann besser werden, auch wenn er auf Weltniveau musiziert. „Wenn im Konzert 90 Prozent in Ordnung sind, bin ich schon sehr zufrieden.“ Infos Karten für das Konzert mit Zukerman und der Deutschen Staatsphilharmonie am morgigen Donnerstag, 20 Uhr, in der Pirmasenser Festhalle gibt es zu Preisen zwischen 11 und 22 Euro (ermäßigt jeweils die Hälfte) im Kulturamt, Telefon 06331/ 842352, und an der Abendkasse.

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