Pirmasens „Wir wollen mit kritischen Texten unterhalten“

„Axxis“ 2018 sind (v. li.) Dirk Brand, Rob Schomaker, Bernhard Weiß, Harry Oellers und Stefan Weber.
»Axxis« 2018 sind (v. li.) Dirk Brand, Rob Schomaker, Bernhard Weiß, Harry Oellers und Stefan Weber.

Nach 17 Jahren kehrt heute eine Gruppe auf die Bühne des Pirmasenser Musikclubs Quasimodo zurück, die zu den großen deutschen Hardrockbands der vergangenen drei Jahrzehnte gehört. Dabei wird „Axxis“ ihre neue CD „Monster Hero“ vorstellen. Über Pirmasens, die CD und die Geschichte der Band sprach unser Redakteur Christian Hanelt mit dem Keyboarder Harry Oellers, neben dem Sänger Bernhard Weiß, das letzte verbliebene Gründungsmitglied.

Erinnern Sie sich noch an die früheren Konzert mit „Axxis“ in Pirmasens.

Ja, obwohl das ewig her ist. Ich kann mich an zwei Konzerte erinnern. Ich kann mich auch an eine Halle erinnern, die ein bisschen größer war, und an einen Club. Das muss um die Jahre 2000, 2001 gewesen sein und, meiner Erinnerung nach, war „Pink Cream 69“ mit dabei. Und das Konzert war auch richtig voll. Im Mittelpunkt des Konzerts jetzt wird wohl das neue Album stehen? Unter anderem. Und es gibt unsere Hits aus den frühen Tagen. Die Songs, die „Axxis“ damals groß gemacht haben, müssen wir natürlich spielen. das wäre sonst, als würde „Deep Purple“ „Smoke On The Water“ nicht spielen, oder „AC/DC“ kein „Highway To Hell“. Ich will damit nicht sagen, dass wir auch so groß sind wie diese Bands, doch auch wir haben unsere Songs, die unsere Fans hören wollen. Aber natürlich stellen wir das neue Album vor, deswegen sind wir ja auch unterwegs. Wir leben ja auch vom Verkauf der CD beziehungsweise vom Download der Songs. Ist es nicht so, dass viele Fans zwar ein neues Album erwarten, das dann aber doch möglichst so klingen soll, wie das vorhergehende? Das geilste Konzert in dieser Richtung habe ich mal von „Uriah Heep“ gesehen, als die auch gerade ein neues Album rausgebracht hatten. Die fangen an und spielen die ersten beiden Songs vom neuen Album. Der Applaus im Publikum ist recht verhalten, aber doch vorhanden. Und irgendwann sagt der Sänger, „einen Song aus dem neuen Album müsst Ihr noch ertragen, und dann spielen wir die alten Sachen“. Tosender Applaus. Auch bei einer Band, die einen solchen Status hat, ist klar, dass sie ein neues Album macht, weil man als Künstler auch einen Anspruch hat, mal etwas Neues zu probieren. Aber letztlich ist es so, dass der Veranstalter ein Argument braucht, um Werbung für das Konzert zu machen. Und das ist nun mal ein neues Album. Aber letztlich kommen die Fans, weil sie die alten Songs hören wollen. Es gibt ganz selten mal den Fall, dass von einem neuen Album ein Song heraussticht, den die Leute hören wollen. Und wie ist das bei „Axxis“? Als Musiker probiere ich gerne neue Sachen aus, sonst würde es uns ja auch langweilig – wir verarbeiten unser Privatleben, das Zeitgeschehen und machen manchmal auch einfach nur Blödsinn. So haben wir mit „Axxis“ im Laufe der 30 Jahre einen riesigen Bogen durch die Rockmusik gespannt. Natürlich sind da auch Leute dabei gewesen, die uns abgestraft haben, weil sie das nicht hören wollten. Letztlich ist auch „Axxis“ eine Trademark und wo Mercedes draufsteht, muss halt auch Mercedes drin sein. Das ist auch wichtig – aber auch das mussten wir erst einmal lernen. Die Freiheit, von der wir dachten, wir hätten sie als Künstler, ist dann doch nur bedingt vorhanden, ansonsten muss man Soloprojekte machen. Solo-Projekte haben Sie aber nicht gemacht? Nein, denn so viel Zeit bleibt uns gar nicht, weil wir mittlerweile ja alles aus einem Guss machen. Wir haben ein eigenes Label und einen eigenen Verlag, und die Band „Axxis“ wird eigentlich nur von zwei Leuten bestritten – auch beim Songwriting. Bernhard und ich schreiben die Songs und die Band kommt ins Studio und spielt das Album ein. Die Vermarktung, der Verkauf, die Anzeigenschaltung, das Drehen von Videos, die Organisation einer Tournee – das wird alles von uns beiden gemacht. Da bleibt uns nebenbei kaum Zeit, noch etwas anderes zu machen. Wie laufen Entscheidungsprozesse bei „Axxis“ ab? Wir haben es versucht mit Demokratie, wir haben es versucht, dass einer bei bestimmten Themen bestimmt. Aber beides funktioniert nur halbgar. Bei manchen wichtigen Themen muss man halt mal auf den Tisch hauen und sagen, „wir machen das jetzt so und fertig“. Bei anderen Themen ist es dagegen besser, demokratisch zu entscheiden. Manchmal wird wirklich zu viel diskutiert und zu wenig gehandelt. Wer haut bei „Axxis“ auf den Tisch, wer hat das letzte Wort? „Axxis“ ist eine Band, die man sich wie ein Wirtschaftsunternehmen vorstellen muss. Aus der Ursprungsbesetzung sind ja nur noch zwei Leute da, der Sänger und ich. Und letztendlich sind wir die Band und die anderen drei Protagonisten sind quasi freie Mitarbeiter, die für ihr Tun bezahlt werden. Natürlich haben die dennoch eine Stimme, aber das wirtschaftliche Risiko der ganzen Geschichte tragen Bernhard Weiss und ich, und deshalb hat zwangsläufig einer von uns das letzte Wort. Zumindest Sie und Bernhard Weiß arbeiten schon seit 30 Jahren zusammen. Besteht da nicht die Gefahr, dass man sich irgendwann musikalisch im Kreis dreht? Ja. Wir haben eigentlich immer Angst, dass uns nichts mehr einfällt. Aber Bernhard und ich sind zwei grundverschiedene Typen. Er ist Westfale, ich bin Rheinländer. Wir sind gute Freunde, aber das ist von der Mentalität her schon ein ziemliches Gefälle. Deshalb ist immer noch sehr viel Spannung, sehr viel Reibung vorhanden, um den kreativen Prozess zu beflügeln. Wie würden Sie nun das neue Album beschreiben? Das neue Album steht sehr stark unter einem gewissen Zeitgeist. Wir sind in den Texten doch sehr kritisch mit bestimmten Themen umgegangen, mit all dem, was uns heute so an Fake-News, über Facebook und Google präsentiert wird. So gut uns zum Beispiel Google im Alltag helfen kann, gibt es da doch auch eine andere Seite, die mich erschreckt. Wenn ich zum Beispiel sehe, dass mir Google zeigt, wo ich in den letzten zehn Jahren überall gewesen bin. Das sieht zwar toll aus auf der Landkarte, aber es zeigt mir auch, dass du ein gläserner Mensch geworden. Jeder Science-Fiction-Film im Fernsehen ist schon längst Wahrheit geworden. Und so handelt das Album, von dem, was mit meinen Daten passiert, oder von Menschen, die sich hervortun, um die Welt zu ändern – von Menschen wie Trump, Putin oder Erdogan. Wir sind aber deshalb keine politische Band. Wir wollen nicht als Besserwisser dastehen, sondern einfach eine kritische Betrachtung anregen. Wir sind eine Rockband, wir wollen unterhalten und gute Laune verbreiten, aber mit den Texten eine kritische Auseinandersetzung, so wie ich sie in der Schule noch gelernt habe, an den Tag legen. Die Demos, die ich in den 70er Jahren erlebt habe, vermisse ich manchmal. Bitte nennen Sie drei Gründe, um in das Konzert zu kommen. Da ist natürlich das neue Album, von dem wir einige Songs spielen werden. Die Reaktionen auf die ersten Konzerte waren überwältigend. Wir wechseln immer das Programm. In Pirmasens werden also andere Songs vom neuen Album zu hören sein, als die, die wir bislang gespielt haben. Wer uns 2000 oder 2001 gesehen hat, hat eine andere Band gesehen, als die, die wir heute sind. Wir sind eine reifere Band geworden, die dennoch mit Vollgas auf die Bühne geht. Das ist alles andere als langweilig.

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