Speyer Die Gefühle in ihren Facetten
In einen „Lyrett“ genannten lyrischen Dialog ist ein nur durch ein Jahrhundert getrenntes liebendes Paar am Samstagabend im Speyerer Zimmertheater getreten. Unter dem Titel „Madame. ich liebe Sie“, unterhielten sich die Schauspieler Kerstin Bachtler und Bodo Redner in Versen des letzten Romantikdichters Heinrich Heine und der 1907 geborenen Lyrikerin Mascha Kaléko.
Beide zeigten hervorragende schauspielerische Leistungen unter der Regie von Hedda Brockmeyer. Das Thema Liebe analysierten sie in einzelnen Facetten und zeigten dabei auf, dass die vielfältigen Gefühle zu einer geliebten Person im Laufe der Zeit bis heute doch immer wiederkehrend gleich geblieben sind. Die beiden Dichter sind für ihre nüchtern-melancholische Sprache, ihre Leidenschaft und den bissigen Witz in ihren Werken berühmt. Ihre Texte schmiegen sich gefühlvoll ineinander – manchmal auch mit Sarkasmus, wenn die Liebe am Ende zur Farce geworden ist. Die Schwärmerei des Mannes für seine Angebetete im 19. Jahrhundert beschränkt sich zeitgemäß auf Blicke von ihr, ihre weiße Haut an Hals und Dekolleté, ihre kleinen Brüste, Arme, Beine, Haarlocken und ihr zartes Lächeln, das ihn vor Verlangen in eine ohnmächtige Verzweiflung treibt. Das Warten auf sie ist in seinem Liebesrausch schmerzhafter als jede körperliche Tortur. Am Anfang vergleicht Heine seine Herzensdame mit einer Rosenknospe, die sich langsam zur vollen Schönheit entfaltet. Doch wenn die Liebe nachlässt, kommen die Dornen zum Vorschein, die sie gegen ihn einsetzt. Dann empfiehlt er ihr, sich rasieren zu lassen und ins Kloster zu gehen, wie Redner am Samstag vortrug. Kerstin Bachtler reagierte darauf mit Texten von Kaléko, die eine enge Verbundenheit zu Heine erkennen lassen. Aus der Sicht einer liebenden Frau verfällt sie ebenso in bedingungslose Schwärmerei zu ihm und gerät in vibrierendes Entzücken, wenn sie nur seinen Namen ausspricht. Einen ganzen Sommer lang dauert es, doch dann gelangt sie zu der Erkenntnis, man solle einem Mann nie sagen, er sei der Beste, Schönste und Einzige. Das sei der Anfang vom Ende. Dann finde er sich auf einem hohen Ross wieder und sehe über sie hinweg, um sich nach anderen umzuschauen. Kritisch blickt sie zurück und versteht selbst nicht mehr, mit welcher Faszination sie anfangs ihren Geliebten gesehen hat. Ohne Liebe stört sie jetzt alles an ihm. Am Ende einer Liebesbeziehung, so war zu hören, hängen die Sterne nur noch starr wie Blech vom Himmel. Zurück bleiben ein aufgewärmter Traum und ein leerer Raum im Herzen.