Speyer Frank De Winne wundert sich
Er hat am Samstag nicht nur referiert und rund 80 Zuhörer im Technik-Museum Speyer begeistert, sondern auch eine besondere Form des Raumspaziergangs unternommen: Bei einer rund eineinhalbstündigen Führung durch die Raumfahrtausstellung „Apollo and beyond“ des Museums hat der belgische Astronaut Frank De Winne fast 600 Exponate von den Anfängen der Raumfahrt bis zu ihrer Gegenwart gesehen. Der Leiter des Europäischen Astronautenzentrums in Köln wurde dabei von Ausstellungsleiter Gerhard Daum persönlich begleitet.
Die Amerikaner begannen 1959, zwei Jahre bevor De Winne in Gent geboren wurde, mit dem Mercury-Programm die Vorbereitung auf die erste Erdumkreisung im Weltraum. „Das sind gute Fotos“, bemerkte der belgische Astronaut bei dem Rundgang zu Aufnahmen der ersten bemannten Missionen. Neu für ihn war die Auskunft Daums, dass schon ab „Mercury-Redstone 3“ im Mai 1961 die Mercury-Raumkapsel von einem Menschen besetzt war. „Wie klein sie war“, meinte De Winne mit Blick auf ein zweidimensionales Kapsel-Modell. Nach der Tour durch die Bereiche zu den Gemini- und Apollo-Raumfahrtprogrammen der Amerikaner wurde bei dem 54-jährigen Belgier beim Blick auf russische Astronauten-Nahrung die Erinnerung an eigene Weltraum-Erfahrungen geweckt, die er auf der Internationalen Raumstation ISS 2002 (neun Tage Aufenthalt) und 2009 (sechs Monate) machte. „In Nummer fünf ist Omelett mit Huhn, in Nummer sieben Huhn mit Ei, in Nummer elf Lamm mit Gemüse, in Nummer zwölf ebenfalls“, sagte er lachend. Wenige Meter weiter entdeckte De Winne sich dann selbst auf Fotos von seinen ISS-Missionen. Auf dem Weg zur Mondlandschaft mit Nachbauten der Mondlandefähre „Eagle“ und dem Mondauto „Lunar Roving Vehicle“ sowie einem echten Mondstein in einer Vitrine zeigte sich der Belgier von dem jüngst (vorläufig) vollendeten Bereich „Deutsche Astronauten“ fasziniert. Auf dem „Mond“ wunderte sich De Winne darüber, dass eine so große Maschine wie die Mondfähre in den Weltraum gebracht wurde. Der 54-Jährige ist übrigens selbst ein Pionier: 2009 war er als Bordingenieur an der Steuerung der neuen (russischen) Sojus-Raumkapsel TMA-1 beteiligt – eine „Ehre“ für ihn als Nicht-Russe, wie er betonte. Als De Winne das Mirage-III-Jagdflugzeug in der Ausstellung entdeckte, freute er sich. „Auf einem Nachfolger dieses Typs, der Mirage V, habe ich meine Karriere als Pilot begonnen.“ Das Cockpit der russischen Raumfähre Buran durfte er über eine seitliche Klappe betreten. Und im Nachbau des Columbus-Labormoduls der ISS konnte er sich fast heimisch fühlen, im Original-Labor führte er – als erster europäischer Stationskommandant – zahlreiche Experimente durch. Vor einem Trainingsmodul des „Spacelab“-Labors brachte De Winne die von Astronauten verlangten Fähigkeiten auf einen einfachen Nenner: „Du musst Anweisungen lesen und ausführen können, aber ergreife auf keinen Fall selbst die Initiative. Wenn es heißt, lege diesen Schalter um und anstatt einer grünen Kontrollleuchte eine rote erscheint, dann funke Houston an, aber versuche niemals auf eigene Faust, die Lösung zu finden.“ „Man bekommt hier wirklich einen Überblick über die ganze Raumfahrtgeschichte. Die Ausstellung ist international und enthält viele einzigartige Stücke“, sagte De Winne nach einem Ausflug auf das Hallendach mit Museumspräsident Hermann Layher für einen Blick auf den Kaiserdom. Seinen ersten Besuch in Speyer dokumentierte der Belgier wie seine Astronauten-Kollegen vor ihm mit seiner Unterschrift unter seinem Porträt im Eingangsbereich der Raumfahrthalle.