Speyer Freistoss:
„Die Zukunftsfrage eines Sportvereins ist auch eine Frage der Jugend. Sein Überleben hängt nicht zuletzt von der Einstellung der heranwachsenden Generation ab. Nur wenn es gelingt, sie für den Verein und für das freiwillige Engagement zu begeistern, wird sich auch künftig etwas im Verein bewegen. Der Grundsatz lautet, je eher desto besser.“ So heißt es mit dem gebotenen Ernst in einer Verlautbarung des Deutschen Olympischen Sportbundes. Einer aus der Mannschaft des dreimaligen Deutschen Meisters im Gewichtheben hat sich das offenbar sehr zu Herzen genommen. Jürgen Spieß, Kapitän der National- und des Speyerer Bundesliga-Teams, brachte zur Meisterfeier im Athletenheim Sohn Ben mit. Der reckte zwar mehrmals beide Ärmchen hoch, als wollte er Gewichte stemmen, aber damit dürfte der Kleine noch nichts im Sinn haben, ist doch Ben gerade mal 13 Wochen jung. Willensstark aber ist er freilich schon: Unbeeindruckt von den festlichen Ansprachen zur Ehre der Meistermannschaften und unüberhörbar verlangte er nach seinem Fläschchen, das ihm der hantelmächtige Papa mit all seiner verfügbaren Zartheit umgehend verabreichte. Spieß senior und sein Junior sorgten damit für einen im deutschen Hochleistungssport seltenen Anblick. Almir Velagic war nicht bei der Meisterfeier des Athletenvereins, sondern zur gleichen Zeit beim vor-olympischen Test in Rio de Janeiro. Wer weiß, vielleicht bringt Deutschlands stärkster Mann zur nächsten diesbezüglichen Veranstaltung in Speyer seine Zwillinge mit. Die werden im nächsten Jahr drei. Die eingangs erwähnte Zukunftsfrage von Sportvereinen hatte womöglich auch die städtische Beigeordnete Stefanie Seiler im Sinn: Sie brachte zur Meisterfeier im Athletenheim ebenfalls ihren Nachwuchs mit. Aber ob sich Marie mit ihren gerade mal zwölf Monaten jemals fürs Gewichtheben interessieren wird, bleibt vorerst ungeklärt. (wk) Seit ein paar Tagen liegt es deutlich sichtbar und seitlich in einem Eck der weiß getünchten Wände in einem Büro in einer Nebenstraße der Speyerer Maximilianstraße. Dieses neue Sportgerät ist einen guten halben Meter lang, eine gute Fußbreite breit, die vier stabilen, fest verschraubten grünen Räder paarweise angeordnet. Es ist an der Unterseite modern und farbenfroh im Wild-West-Style verziert mit Kakteen, Spinnen, Revolvern, einem Skelett und einer roten, unleserlichen Unterschrift. Dass ab und zu die Kollegen ihre Fahrräder vor Langfingern schützen und im Eingangsbereich des Büros abstellen oder bei Regen auch mal übernachten lassen, ist nichts Außergewöhnliches in diesen vier Wänden. Aber das Skateboard des jüngsten Mitarbeiters, um ein solches handelt es sich nämlich bei unserem ominösen Sportgerät, ruft gleichermaßen Erstaunen und Neugierde auf einen Selbstversuch hervor. So stellt sich ein Neustadter Kollegen arbeitsunfallverachtend und seine Sehhilfe gefährdend wagemutig auf den wackligen, fahrbaren Untersatz und setze diesen mit Hüftschwung gar ein paar Zentimeter in Bewegung. „Wem gehört denn das Skateboard?“, fragt eine weitere Kollegin aus Speyer. „Cool“, antwortet sie, als sie es erfährt. Keine zwei Minuten später: Nun erblickt die Kollegin aus Lustadt das Teil. „Fährt er damit zur Arbeit?“, lautet ihre Frage. Ja, ist schon vorgekommen, wenn auch nicht allzu häufig. Auch die Lustadterin weiß eine Geschichte zum Thema zum Besten zu geben: „Ich habe letztens einen Mann und seine Tochter gesehen, die gemeinsam Skateboard gefahren sind.“ Das findet sie gut, und wir tun das auch. Eine Neustadter Kollegin strahlt übers ganze Gesicht, als sie sich in ihren neuen roten Schuhen auf das Board wagt, sich sanft von der Drehstuhllehne abstößt und hauchzart an einem braunen Plastik-Blumenkübel andockt. Dann vollführt sie die ganz große Kunst: zurück. Der Türrahmen verleiht den nötigen Schwung. Ihren Abgang prägt Eleganz. Das Board steht nun auf allen Vieren an der Wand. Doch nun wollen wir’s aber genau wissen. Kann der neue Kollege überhaupt Skateboard fahren, oder will er einfach nur cool wirken? So ganz sicher scheint er sich seiner Sache nicht, als er das Brett unter den Arm zwängt und der Ausgangstür entgegenstrebt. Er murmelt noch was vom vielzitierten Vorführeffekt. Doch dann stellt er sein Sportgerät auf die Straße, nimmt etwas Schwung und surft in einer groovigen Wellenbewegung Richtung Speyers Prachtboulevard. Wenig später, Bahnübergang Mühlturmstraße. Zwei Jungs fahren auf dem Skateboard vor. Die Räder sind hell. Der rutschfeste Belag glitzert in der Nachmittagssonne. Lässig, einen Fuß auf der Straße, den anderen auf dem Sportgerät, warten sie auf das Vorbeirauschen des vielrädrigen Stahlrosses. (mer) Viel Erfolg wünscht die Sportredaktion