Speyer Glaube an die Freiheit

Firas Alshater ist YouTuber, Comedian, Filmemacher und Autor. Seit 2013 lebt der 27-jährige Syrer in Berlin. Am Sonntag war er mit einem erschütternden Dokumentarfilm und seinem Buch „Ich komme auf Deutschland zu“ in der Stadtbibliothek Speyer zu den neunten rheinland-pfälzischen Bibliothekstagen.

Alshater hat in weniger als drei Jahrzehnten mehr erlebt und erlitten als manch anderer in einem langen Leben. Aufgewachsen in Damaskus, zog es ihn auf die Bühne. Als Schauspiel-Student drehte er politische Videos. Dafür hätten ihn sowohl das Assad-Regime als auch die Islamisten verhaftet und gefoltert, so der junge Mann mit Hipster-Bart, Tattoos und Piercings über neun Monate voller Gewalt und Hass. Alshater glaubt noch immer an ein freies Syrien, auch wenn für ihn die Rückkehr in seine Heimat ausgeschlossen bleibe, solange Assad an der Macht sei. Vielleicht schöpft er daraus den Humor, mit dem er den Blick auf seine neue Heimat richtet. Amüsant gelang ihm der Wechsel zwischen Lesungen, Erzählungen und Filmausschnitten. Für die deutsche Sprache reiche ein Leben nicht, sagte er in fast akzentfreiem Deutsch. Eine Karriere „als Drogendealer oder Araber mit vier Frauen“ habe er aufgegeben. Seine im Film festgehaltenen „blutigen Erinnerungen“ hätten ihn auf die Idee gebracht, ein kleines Video zu drehen, das sein gesamtes Leben von einem Tag auf den anderen verändert habe, so Alshater. Tausende seien ihm gefolgt, Verlage hätten sich für seine Biografie interessiert. Und Frauen. Alshater berichtet von Heiratsanträgen, die ihn seit seiner Berühmtheit im Netz erreichen. Sein Buch nennt er eine „Schwarz-Comedy-Biografie“. Traurig ist es wirklich nicht geworden. Alshater hatte die Lacher auf seiner Seite, als er seine Versuche, Deutschland und die Deutschen zu verstehen, beschrieb. „Papiere sind wichtiger als Menschen“, hat er ebenso gelernt wie Mülltrennung, Pfandsystem, Demokratie und den Umgang mit dem Briefkasten. „In Syrien gibt es keine Post“, berichtete er zur Überraschung der zahlreichen Zuhörer. Bis zu seiner Übersiedelung nach Berlin habe er Deutschland und die Deutschen gehasst, sagte Alshater. Als Grund dafür nannte er seine Tante, die der Liebe wegen in das unbekannte Land ausgewandert sei. „Die Deutschen haben mir meine Tante geklaut.“ Diese Haltung habe er inzwischen grundlegend geändert: „Hier kann ich frei und sicher leben.“ Alshater ist so echt wie seine Videos, in denen er beispielsweise der Frage nachgeht, wie sich eine Katze bei Nazis integrieren kann. „Wenn man sich anstrengt, kann man alles hassen“, war er überzeugt. Alshater steht für Hoffnung, Liebe und Zusammenhalt. „Es gibt nur zwei Tage, die wir nicht ändern können“, sagte er: „gestern und morgen.“

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