Speyer Polizei: Facebook-Seite gehört Erdal Akkus

Der stellvertretende Vorsitzende des Beirates für Migration und Integration (BMI) des Landkreises Germersheim, Erdal Akkus, muss sich seit Montag vor dem Landauer Landgericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, volksverhetzende Posts auf Facebook weiterverbreitet zu haben. Das Amtsgericht Germersheim hatte den Angeklagten im Dezember 2016 zu einer Geldstrafe verurteilt (wir berichteten). Dieses Urteil akzeptierte Erdal Akkus nicht und legte Berufung ein.

Die Staatsanwaltschaft Landau sieht nicht nur die Verbreitung des volksverhetzenden Materials als Straftatbestand an, sondern auch dessen Billigung, also die Zustimmung zum Inhalt der Posts. Eine der drei Veröffentlichungen auf der Facebook-Seite von Erdal Akkus soll 2015 verschiedene Konsumprodukte gezeigt haben. Unter dem zweigeteilten Bild steht sinngemäß: Mit dem Kauf dieser Produkte unterstützt ihr jüdische Unternehmen. Unter dem anderen Bild steht: Wenn ihr diese Produkte kauft, unterstützt ihr euer Land. Dieser Post hat aus Sicht der Staatsanwaltschaft ebenso einen antisemitschen Inhalt wie die beiden folgenden: Auf dem zweiten ist der israelische Präsident Benjamin Netanjahu mit ausgestreckten Arm zum Hitlergruß zu sehen. Darunter steht, dass deutsche Nationalsozialisten in Gaskammern Juden vernichtet hätten und die Enkel dieser Juden nun mit Gasbomben palästinensische Kinder umbringen würden. Der dritte Post zeigt Adolf Hitler in einem Wagen mit Hitler-Gruß und Hakenkreuzbinde. Darunter steht der Satz: „Irgendwann werdet ihr mich verfluchen, dass ich nicht alle Juden vernichtet habe.“ Das Gericht versucht nun zu ergründen, ob Akkus für die Posts verantwortlich ist oder nicht. Das Urteil des Amtsgerichts Germersheim wird nicht berücksichtigt. Der Fall wird als Berufungsverhandlung neu aufgerollt – mit der Vernehmung sämtlicher Zeugen. Akkus selbst äußerte sich nur zu seiner Person, jedoch nicht zu den Tatvorwürfen. Der 1969 geborene Türke kam 1980 nach Germersheim und lebt seitdem in der Kreisstadt. Nach einer Lehre zum Bürokaufmann und einer Umschulung zum Estrichbauer folgte eine Zeit der Selbstständigkeit. Die endete mit hohen Schulden. Danach bot er einen Büroservice an und arbeitete mit Unterbrechungen wieder als Estrichbauer und zuletzt als Bauleiter. Akkus ist in zweiter Ehe verheiratet und hat aus beiden Ehen je ein Kind. Die beiden Zeugen Atilla Özcelik, ehemaliger Vorsitzender des Migrationsbeirates der Stadt Germersheim und auch im Beirat im Landkreis aktiv, sowie Ercan Tosun, ebenfalls in beiden Beiräten vertreten, haben beide in ihrem Urlaub von den Vorwürfen gegen Akkus erfahren. Beide geben an, dass sich Akkus nie zu den Posts bekannt habe und er immer gesagt habe, er sei kein Rassist. Von seinem Amt ist er nach Aussagen Tosuns und Özceliks nicht zurückgetreten, weil er sich dann damit schuldig bekannt hätte. Von Heinke Schaffhauser (Grüne), die für ihre Partei vom Kreistag in den BMI berufen wurde, und Ziya Yüksel, einem weiteren gewählten Mitglied des BMI, wurde der Rücktritt Akkus gefordert. Dies hat die türkische Gruppe „Zusammenarbeit“, die die Stimmenmehrheit hat, verhindert. Ihre Begründung: Man wolle abwarten, wie die deutsche Justiz den Fall sehe. Das war im Februar 2016. Daraufhin sind viele BMI-Mitglieder zurückgetreten. Auch die Mehrheit der türkischen Gruppe gab ihr Mandat ab – bis auf Akkus. Heinke Schaffhauser hatte einst eine E-Mail von Yüksel mit den Bildern der mutmaßlichen Posts von Akkus erhalten. „Ich habe dann eine Nacht darüber geschlafen und bin dann zur Polizei gegangen“, sagte Schaffhauser am Montag. Wie und wann genau sie welche Informationen erhalten hat und mit wem sie wann gesprochen hat, konnte sie nicht mehr sagen. „Das liegt alles zu lange zurück“, sagte die ehemalige Lehrerin. Auch Ziya Yüksel, der eigenen Angaben zufolge die Seiten der neuen BMI-Mitglieder auf Facebook aufgesucht habe, um sich ein Bild über die politischen und gesellschaftlichen Einstellungen der Personen zu machen, hatte teilweise Schwierigkeiten, sich an alles genau zu erinnern. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters des Berufungsgerichts, ob er sicher sei, dass es die Facebook-Seite Erdal Akkus gewesen sei, ob er ein Foto von ihm gesehen habe, gab Yüksel ausweichende Antworten. Er könne sich nur an ein Foto von Akkus Vater erinnern und dass das Profilbild ausgetauscht worden war. Da er aber mit Akkus auf Facebook befreundet gewesen sei, sei es seine Seite gewesen. Licht ins Dunkel brachte letztlich ein Kripobeamter des Polizeipräsidiums Rheinpfalz in Ludwigshafen. Der Zeuge sagte aus, dass es sich sicher um die Facebook-Seite des Angeklagten gehandelt hatte. Es sei auszuschließen, dass das Passwort geknackt und ein Fremder diese Dinge gepostet habe. Auch sei es kein Fake-Facebook-Profil gewesen, das ein Fremder angelegt habe, um Erdal Akkus zu schaden. termin Fortsetzung, Freitag, 9. Februar, 9 Uhr, Landgericht. Zeugen: Landrat Fritz Brechtel und ein IT-Techniker der Polizei.

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