Speyer „Sonnengesang“ als große Musik
Im Mittelpunkt steht die Speyerer Erstaufführung des „Sonnengesanges“ (Der Lobgesang des heiligen Franz von Assisi) des Schweizer Komponisten Hermann Suter. Zur Einleitung wird die berühmte „Moldau“ von Bedrich Smetana gespielt. Als große Neuerung wird das Konzert von einer Lichtillumination durch Jürgen Schütze und Lukas Vondung begleitet.
Der klangdichte, romantische Lobgesang von Suter wurde vor 100 Jahren, 1924 in Basel, uraufgeführt. Suter fordert neben einem großen Sinfonieorchester mit großem Schlagwerk eine Orgel (gespielt von Wolfgang Heilmann) und einen großen Kinderchor. Vielen ist der Text des heiligen Franz von dem Kinder-Kirchen-Hit „Laudato si, o mio signore“ bekannt, der Text führt vom Lobpreis der Schöpfung durch die Elemente der göttlichen Schöpfung. Hermann Suter weiß in seiner Musik jedes Element treffend zu vertonen, der Text führt vom Lobpreis der Schöpfung durch die Elemente der göttlichen Schöpfung: Sonne, Mond, Sterne, Luft, Wasser, Feuer und Erde zum Lobpreis der Liebe und des Leids bis hin zum Tod. Hermann Suter weiß in seiner Musik jedes Element treffend zu vertonen, mit fabelhafter, filmischer Instrumentation, seine Tonsprache ist einerseits von protestantischer Strenge eines Johannes Brahms, andererseits einer katholisch-sinnenfreudigen Opernsprache eines Giuseppe Verdi gespeist.
Gedenken an Eisenmann
Vokalsolisten sind die Sopranistin Carina Schmieger, die Altistin Simone Pepping, der Tenor Matthias Koziorowski und der Bariton Thomas Herberich aus Neustadt. Seit Mail proben Speyerer Kantorei und der Chor an der Gedächtniskirche mit viel Freude an den „Elementen“. Ebenso proben die Kinderchöre mit viel Genauigkeit, das jüngste Mitglied geht gerade mal in die zweite Klasse. Für Dirigent Kirchenmusikdirektor Robert Sattelberger geht mit dem Konzert ein langgehegter Wunsch in Erfüllung, nämlich dem Publikum dieses in Deutschland eher unbekannte Werk der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Für Orchester und Sattelberger ist das Konzert ein Gedenken an den im Oktober verstorbenen Klaus Eisenmann aus Neulußheim, Sattelbergers Lehrer und langjähriger Leiter des Kantaten-Orchesters bei den Schlossfestspielen Zwingenberg.
Info
Tickets bei der Tourist-Information, beim RHEINPFALZ-Ticketservice, beim Capella-Verlag sowie über reservix.de. Abendkasse ab 16 Uhr.
Das Werk
Das Oratorium „Le Laudi di San Francesco d”Assisi” ist das (Spät-)Werk, mit dem sich der Schweizer Komponist Hermann Suter in die Riege der bedeutendsten künstlerischen Persönlichkeiten seiner Heimat einreihte.
Suter, Jahrgang 1870, studierte an den Konservatorien in Zürich, Stuttgart, Leipzig und Basel - prägend waren vor allem seine Lehrmeister Jacob Burkhardt und Hans Huber - und war danach zunächst als Organist und Chorleiter in Zürich tätig. Ab 1902 leitete er in Basel die Sinfoniekonzerte der Allgemeinen Musikgesellschaft, der Liedertafel und des Gesangvereins, sämtlich honorige künstlerische Institutionen.
Die Universität Basel verlieh Suter 1913 die Ehrendoktorwürde und 1918 wurde er mit der Leitung des dortigen Konservatoriums betraut. Eine Sinfonie, drei Streichquartette, weitere Kammermusiken, Lieder und eine Orgelsonate waren bis dahin entstanden. Ohne epigonale Züge zu unterstellen, sind stilistische Reminiszenzen an Brahms unüberhörbar.
„Le Laudi” wurde 1924 uraufgeführt. Ein Jahr später erkrankte der Komponist schwer und starb - auf der Höhe seines Ansehens - im Juni 1926. Suter vertonte den „Sonnengesang” (Cantico delle Creature) des heiligen Franziskus in der italienischen Originalsprache und erhob das zum Postulat für alle Aufführenden.
Die poetische Verklärung der Natur, die mystische Überhöhung der Elemente Wasser, Wind, Erde, der Sonne, des Mondes und des menschlichen Getragensein durch die Großartigkeit der göttlichen Schöpfung gewinnen Ausdruck in einer kraftvollen Sprache von hohem literarischem Anspruch. Diese findet kongeniale Entsprechung durch Suters überaus vielgestaltige verkündungsimmanente Tonsprache.
Auf einem opulent besetzten und farbenreich agierenden sinfonischen Orchesterfundament entfaltet der (wenigstens) vierstimmige Chor ein reiches Spektrum an formaler Satzkunst. Sphärische Schattierungen, Momente tiefster Kontemplation wechseln mit gewaltigen Klangkaskaden.
Als Glanzpunkte und zugleich immense gesangstechnische Herausforderungen funkeln die beiden großen polyphonen Sätze: die turbulente chromatische „Sturmwind”-Fuge („per fratre vento”) und die Orchester-Passacaglia (mit 22 harmonisch packend voranschreitenden Variationen), über die sich eine expressive Tripelfuge des Chors von schwerblütig süßem Schmelz spannt („Bruder Feuer”).
Eine eigene, ebenso frische wie anrührende Farbe steuert der Chor der „Ragazzi” (Knaben) bei, der intonierend, aber auch im Kontext (Männerchor, Finale) eingesetzt wird. Den Solisten schließlich weist Hermann Suter sowohl als Dialogpartner mit dem Chor als auch in herrlich kantablen Soli überaus anspruchsvolle Aufgaben zu.
Die verschwenderisch schöne Melodik, gepaart mit dezidiert textbezogener Harmonik und einem sich aus dem Füllhorn unterschiedlicher Satztechniken speisenden Formenreichtum fügen sich zu einer Komposition von ganz überwältigender Wirkung - ein Oratorium, das, wohl auch seines Schwierigkeitsgrades wegen mit solcher Abstinenz belegt, dennoch zu den Kleinodien des Genres an der Schwelle zu Atonalität zählt.