Speyer Vom brennenden Christkind und viel zu essen
Ortsbürgermeisterin Friederike Ebli kann sich noch genau erinnern, wie sie als Kind mit ihren drei Schwestern und ihrem kleinen Bruder in der Küche gewartet hat. „Den Christbaum durften wir vorher nicht sehen“, erzählt die 67-Jährige. Erst wenn das Glöckchen klingelte, durften Ebli und ihre Geschwister ins Wohnzimmer, wo der geschmückte Baum stand. Das Christkind sei auch gekommen – es war jemand aus der Nachbarschaft in weißen Kleidern. Später als Jugendliche habe sie selbst als Christkind Kinder in der Nachbarschaft besucht. Und dabei ist Ebli ein Missgeschick passiert. Sie trug eine Perücke mit weißem Engelshaar und einen Schleier und stand in einem kleinen Zimmer. Es sei so eng gewesen, dass die Perücke und der Schleier Feuer von den Kerzen des Christbaums gefangen hätten. „In Panik habe ich dann die brennende Perücke vom Kopf gerissen, und da wussten die Kinder, wer ich bin“, erzählt Ebli vom Weihnachten, als sie „mal gebrannt“ hat. Sehr gut erinnern kann sich die Hanhofenerin noch an das Haushaltswarengeschäft in der Nachbarschaft, wo sie und ihre Schwestern sich die Nase an dem Schaufenster platt gedrückt hätten, um die Eisenbahn bestaunen zu können. In dem Geschäft habe es auch „Negerpuppen“ gegeben, die sich Ebli und ihre zwei Jahre ältere Schwester als Kinder gewünscht haben. Zu einem Weihnachtsfest lagen die Puppen dann unter dem Baum, und an den folgenden Weihnachtsfesten durften sich Ebli und ihre Schwester über neue Kleider für die Puppen freuen. Heiligabend feiert Ebli mit ihrem Sohn, der Schwiegertochter, den zwei Enkeltöchtern, ihrer Pflegetochter und der Mutter ihrer Schwiegertochter. Dann wird sie die Weihnachtsgeschichte vorlesen – mal ganz klassisch, mal auf pfälzisch. Zweimal Bescherung für Klein-Manfred Auf zwei Bescherungen durfte sich Manfred Scharfenberger, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen, während seiner Kindheit in Berghausen an Heiligabend freuen. „Mein Vater und der Onkel haben nebeneinander gewohnt“, erzählt er. Während Scharfenbergers Vater mit vier Söhnen gesegnet war – Manfred, 1953 geboren, war der älteste –, hatte der Onkel vier Töchter. „Ich erinnere mich, dass wir immer durch den Garten vom einen Haus zum anderen sind.“ Mal sei hier, mal dort zuerst beschert worden. „Das Wohnzimmer ist abgedunkelt worden, dann hat es geklingelt und es gab die Geschenke. Dann hat sich das Spiel im anderen Haus wiederholt“, berichtet der 64-Jährige. Damit der kleine Manfred und seine Brüder am Heiligabend auch fit waren, hätten sie nach dem Mittagessen noch mal ins Bett gemusst. „Vor lauter Aufregung konnte ich aber meistens sowieso nicht schlafen“, sagt Scharfenberger heute. Gut erinnern kann sich der Bürgermeister an einen Baustellenkran, den er geschenkt bekam. „Der war ganz toll. Leider habe ich ihn noch am selben Abend kaputt gemacht.“ Im Familienkreis wird Weihnachten bei Scharfenbergers natürlich auch heute, knapp 60 Jahre später, noch gefeiert. Der Chef der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen verbringt Heiligabend am Donnersberg, wo seine Tochter wohnt. Bei Reilands war Heiligabend Spieleabend An Weihnachten wurde bei Familie Reiland in Otterstadt das Wohnzimmer geheizt. Das war damals in den Familien nicht alltäglich, denn das Leben spielte sich in der Wohnküche ab. Die Eltern von Otto Reiland hatten einen landwirtschaftlichen Betrieb und an Heiligabend mussten die Tiere versorgt werden, wie an jedem Tag. Später saßen die drei Kinder mit ihren Eltern beim Tannenbaum im Wohnzimmer. „Ein paar Lieder haben wir schon gesungen, aber wir waren nicht so die Sängerfamilie“, sagt Reiland. Die Geschenke seien damals schon etwas ganz besonderes gewesen, wenn auch bei Weitem nicht vergleichbar mit heute. „Man hat ja damals nicht oft etwas geschenkt bekommen. Für uns gab es immer etwas zum Anziehen. Vom Pullover bis zu den Socken. Einmal habe ich eine Weihnachtskrippe geschenkt bekommen“, erzählt er. Abends vor der Christmette wurde dann in der Familie gespielt. „Neben Kartenspielen war Mühle mein Spezialspiel“, erzählt Reiland. Bei zwei älteren Geschwistern habe er sich dabei ganz schön anstrengen müssen. Das wurde seinem Schullehrer in der ersten Klasse zum Verhängnis. Der hatte die Kinder nach den Ferien nach ihren Geschenken gefragt und sie aufgefordert, diese mitzubringen. Otto Reiland hatte in dem Jahr eine Spielesammlung bekommen. „Der Lehrer wollte wissen, ob ich auch schon etwas spielen könne. Das habe ich natürlich bejaht und wahrscheinlich von meinem guten Mühlespiel geschwärmt. Das wollte der Lehrer dann scheinbar testen, worauf ich ihn zweimal vor der ganzen Klasse geschneidert habe. Das freut mich heute noch, obwohl das schon 60 Jahre her ist“, erinnert sich Reiland. Aschenberger hat das Weihrauchfass geschwenkt Bescherung gab es für Dekan Frank Aschenberger in seiner Kindheit und Jugend am Heiligenabend gleich dreimal. Das Prozedere war dasselbe, die Kulisse wechselte. Wenn das Christkind klingelte, durfte man ins Wohnzimmer zum Christbaum. „Wir haben Stille Nacht gesungen, das Vaterunser gebetet und ein Gegrüßet seist du Maria für die Verstorbenen, dann gab es die Bescherung“, erzählt Aschenberger. Es begann am Nachmittag im kleinen Kreis mit dem Bruder und den Eltern. Dann ging es zur Kinderchristmette und von dort zur Uroma. „Sie hatte bestimmt 20 Enkel und die hatten zum Teil auch schon Kinder. Es war ziemlich eng, aber schön, denn wir haben Leute getroffen, die wir lange nicht mehr gesehen haben“, so der Dekan. Die Uroma wollte von den Kindern Gedichte und Lieder auf der Blockflöte hören. Sie hatte einen tollen Weihnachtsbaum und hinter der Krippe eine gemalte Bethlehem-Landschaft. „Bei der Bescherung gab es gefüllte Schokolade“, erklärt Aschenberger, und meint damit die Geldscheine in der Tafel Schokolade. Zur Stärkung machte die Uroma Bratwürste für alle. Und weiter ging es zur Oma. „Weihnachten durften wir zum einzigen Mal im Jahr ins gute Wohnzimmer, wo der Baum stand.“ Als Aschenberger größer war, ging die Familie abends in die Christmette. „Ich war einer der wenigen weihrauchfesten Messdiener und hatte da meinen Einsatz“, erzählt er. Die Druslachelfe steht schon heute in der Küche und kocht Auch Elfen freuen sich aufs Fest: Die Lingenfelder Druslachelfe Ola I., die eigentlich Aleksandra Kruhlik heißt und mit sieben Jahren von Polen nach Deutschland kam, feiert Weihnachten, wie sie es seit Kindertagen von den Großeltern kennt und es einer polnischen Tradition entspricht. Im Mittelpunkt steht Heiligabend, der im Familienkreis begangen wird: Es wird gebetet – und danach geht jedes Familienmitglied zu jedem anderen und sagt ihm, was es diesem wünscht. Zuvor werden Oblaten gebrochen und verteilt. Derjenige, der Wünsche empfangen hat, gibt ein Stück seiner Oblate demjenigen, der Wünsche ausgesprochen hat. „Als Kind war es so, dass gebetet wurde, wenn der erste Stern am Himmel erschien“, erinnert sich die heute 19-Jährige. Ebenfalls Tradition am 24. Dezember: Es gibt zwölf Speisen – ohne Fleisch. „Jedes Gericht steht für einen Monat des nächsten Jahres“, erklärt Kruhlik. Und fügt an: „Entweder man isst von allem etwas, dann hat man das ganze nächste Jahr Glück. Oder man isst nicht alles, dann hat man Pech.“ Wichtig: Zunächst wird gemeinsam Suppe gegessen: „Und dann wird alles auf den Tisch gestellt – und jeder darf essen, was und wie er möchte.“ Ola I. steht bereits ab heute in der Küche und bereitet den Gaumenschmaus mit vor: „Weil es so viel ist, fangen wir schon am 23. Dezember mit Kochen an.“ Da sei es Pflicht, mitzuhelfen. Gekocht wird auch schon für die Feiertage. An Heiligabend gibt es neben Rote Beete-Suppe unter anderem mit Sauerkraut und Pilzen gefüllte, angebratene Pfannkuchen. Na dann, guten Appetit! Leibeck hatte Ehrfurcht vor dem Nikolaus „Weihnachten ist für mich schon immer das Fest der Familie gewesen“, betont der Lingenfelder Verbandsbürgermeister Frank Leibeck. Als Kind habe er Weihnachten mit Eltern sowie Geschwistern gefeiert und sich stets „richtig darauf gefreut“. „Der Heilige Abend war immer schön“, sagt er. Programmpunkte: Kirche, Tannenbaumschmücken, Zusammensein, Essen, Geschenke. Aber auch der Nikolaus hatte es Leibeck in der Kindheit angetan: „Der hatte immer Knecht Ruprecht dabei: Der eine war rot, der andere grün.“ Leibeck: „Einerseits war die Vorfreude immer groß, andererseits hatte ich aber auch Ehrfurcht.“ Denn: Ihm war klar, dass Dinge, die er „angestellt“ hatte, nun zur Sprache kommen könnten. Später hat Leibeck selbst Nikolaus gespielt – anfangs in der Familie, dann bei Freunden und Bekannten. An eine Situation erinnert er sich noch genau: Trotz Kostüm, Bart und verstellter Stimme flog seine Tarnung auf. Die kleine Tochter einer Freundin der Familie erkannte Leibeck: „Das ist doch der Frank!“ Und woran hat sie den falschen Nikolaus erkannt? Am Ehering.