Speyer Wochenchronik:

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Der Nikolaus war da. Oder der Weihachtsmann? Oder beide? Nicht ganz egal. Die Debatte um diese Figuren hat in den letzten Jahren ordentlich an Drive gewonnen – spätestens seit ein internationaler Brausehersteller seinen Weihnachtsmann in riesigen Trucks auf die Reise schickt. In Speyer hat er vor Jahren schon Station gemacht und die Diskussion befeuert. Sie hat unter anderem 2009 den Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) dazu bewogen, die Kampagne „Vorfahrt für den Nikolaus“ zu starten. Sie widmet sich nicht nur der Unterscheidung zwischen Weihnachtsmann und Nikolaus, sondern auch dem kritischen Konsum, denn die BDKJ-Nikoläuse sind aus fairer Schokolade hergestellt. Die jungen Christen wissen natürlich auch, wer der Nikolaus ist – und genau darauf hat Leser Peter Rebholz unter Verweis auf die in unserer Zeitung veröffentlichten Bilder der „Nikoläuse“ auf Motorrädern hingewiesen: „Nikolaus“ ist ein Heiliger der katholischen Kirche, dessen Namenstag am 6. Dezember gefeiert wird. Er war Bischof von Myra und kümmerte sich dort um Bedürftige. Vermutlich lebte er im 4. Jahrhundert nach Christus. Weil er Bischof war, wird er – heute – mit Mitra und Bischofsstab dargestellt. Mit der christlichen Weihnachtsgeschichte hat er eigentlich nichts zu tun, betont der BDKJ. Sein Gedenktag ist nur der 6. Dezember. Das Datum liegt eben relativ nahe an Weihnachten. Der heilige Nikolaus ruft dazu auf, Gutes zu tun, an den Nächsten zu denken und zu helfen – ganz wie es die Motorradfahrer getan haben, lobt Rebholz. Der „Weihnachtsmann“ dagegen ist eine Kunstfigur und stellt symbolisch das Schenken dar. Er tritt mit weißem Rauschebart und roter Bommelmütze auf, klären BDKJ und Rebholz auf. Und der kann ihnen gestohlen bleiben. Sicher kein Weihnachtsmann, aber auch kein Nikolaus und schon gar kein Christkind wird am Montag an die Spitze der CDU-Fraktion rücken. Seit fast drei Wochen rätseln, diskutieren, reden und überlegen – wohl nicht nur die Speyerer Christdemokraten –, wer es denn wohl machen wird. Am Montag haben sie die Wahl. Jung geht, aber wer kommt? Wilke wird gemunkelt, Jung könne sich das vorstellen, ist zu hören. Egal wer es wagt. Schön wäre, wenn er – oder sie – ein bisschen was von Nikolaus und Co. für die in den letzten Jahren etwas strapazierte Partei hätte. Dann wäre die Bescherung von Wahlsiegen in Zukunft vielleicht wieder etwas wahrscheinlicher. Himmel hilf. Erbost und mit Unverständnis haben etliche Beobachter einer martialisch anmutenden Polizeikontrolle am Dom am Dienstagabend reagiert: „Blauröcke“ – Polizisten – per Auto und zu Fuß nahmen mit bösem Gesichtsausdruck die Personalien von „Rotröcken“ – Weinachtsmännern auf Harleys – auf, die sie gestoppt hatten. Die „guten Männer“ waren unterwegs, ihre gute Tat zu vollenden. Sie wollten ihre Spende abliefern. Schade, dass sie vergessen hatten, ihre Fahrt im eindrucksvollen Pulk anzumelden – wohl im Überschwang der Gefühle und in der Vorweihnachts-Hektik und das noch bei bitterster Kälte. Wir hoffen, dass sich die Polizei einen Ruck gibt und es bei einer mündlichen Ermahnung an die Biker belässt. Um des weihnachtlichen Friedens willen und als Respekt für das großherzige Engagement. Geradezu verheerend klingt seit dem ersten Tag schon überwiegend das Echo in den sozialen Netzwerken auf die neue Dombeleuchtung. „Richtig übel“ lautet ein noch milde formuliertes Urteil in den Kommentaren. Andere werden in ihrer Ausdrucksweise noch deutlich schärfer. Sie sind an dieser Stelle gar nicht zitierfähig. Besonders der große Strahler am Nordostturm, der jeden anstrahlt, der aus dem Badischen über den Rhein nach Speyer fährt, fällt durch. „Klar, ultragrell und dann wieder fast komplette Dunkelheit“, diagnostiziert einer. „Die Strahler in den Türmen passen zu den Baustellenkränen. Ist bestimmt Absicht, solange die Baustelle am Rhein ist“, macht sich der nächste über die Szenerie lustig. Der härteste, weil bitterste Verriss, ist aber wohl mit folgendem –sicher mit Bedacht gewählten – Vergleich gelungen: „Ist irgendwie das Gleiche wie mit dem Stadtlogo. Alles, was sogenannte Experten entworfen haben, ist typisch für unser Zeit: abgehoben, weltfremd, unpersönlich.“ Die Dombeleuchtung ist also das neue Stadtlogo. Zynischer geht es kaum. Das (teure und gut gemeinte) Vorhaben für das Weltkulturerbe scheint auf ganzer Linie durchgefallen, wird nur Facebook als Maßstab herangezogen. Was mit dem Stadtlogo passiert ist, weiß nämlich jeder noch sehr gut: Es ist nichts von den neuen Entwürfen übrig geblieben. Das Online-Urteil bedeutet deshalb noch ein wenig Stress für die Lichtmacher mit der finalen Neuausrichtung bis zum 15. Dezember. Dann erst soll ausjustiert sein. Ob sich damit die Urteile neu justieren? Ruhe bewahren. Die Dreifaltigkeitskirche könnte in diesem Jahr einen gebefreudigen Nikolaus ebenso gut vertragen wie ein spendables Christkind, Für die notwendige Sanierung ist noch ein bisschen Kleingeld nötig. Die Himmelsboten kommen zum Glück oft ganz irdisch daher. Bauvereinsvorsitzender Henri Franck dankte in dieser Woche beim Start des zweiten Bauabschnitts öffentlich: „Dank der Speyerer, die sehr spendenfreudig sind, kriegen wir die Sanierung der Dreifaltigkeitskirche so hin, dass die Arbeiten nicht Generationen von Presbyterien beschäftigen.“ Pfarrerin Christine Gölzer daraufhin: „Wir sind hier ja auch in Speyer und das ist keine Elbphilharmonie.“ Zum Glück auch nicht Berlin und kein Großflughafen. Keine Sorge: Es gibt auch stressarme und hektikfreie Zonen in der Vorweihnachtszeit in Speyer. Der „kleine Weihnachtsmarkt“ am Altpörtel ist eine solche. Ganz besonders die Kinderbackstube des Kinderschutzbundes. „Eine Oase der Entspannung“, schwärmt Anne Zwick, eine der Organisatorinnen. Wenn die Kleinen Kekse backen, sind sie mit Feuereifer dabei. Das Zusammenspiel der Helfer von Teiglieferant bis Käufer klappt. Die Mitglieder des Orga-Teams helfen – auch den neuen freiwilligen Helfern – gerne die erste Stunde ihrer Schicht. Sie weisen in den richtigen Umgang mit Schürze, Backblech und Herd ein. Alle Besucher fühlen sich wohl, berichtet Zwick. „Klein, überschaubar, eine gute Lösung“, lobt sie die städtischen Markt-Macher dahinter. Und dass Bürgermeisterin Monika Kabs (CDU), Dezernentin Stefanie Seiler (SPD) und Marktmeisterin Eva Neskudla selbst eine Schicht am Herd schieben dürfen, macht die Sache nur noch schöner. Kleines Manko: Ein paar Freiwillige fehlen noch. Zwick und Kolleginnen bleiben zuversichtlich. Denn diese Backstube noch einmal schließen, das geht gar nicht. Lassen Sie die Vorweihnachts-Hektik hinter sich, gehen Sie einfach mal frisch gebackene Plätzchen essen, rät | Stefan Keller

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