Zweibrücken Das Alte blitzt manchmal noch durch

Da stand er auf der Bühne: Klaus Doldinger, Grandseigneur des deutschen Jazz, mit einem Auftakt nach Maß, großer Applaus, allein schon für den Auftritt am Sonntagabend in der St. Ingberter Stadthalle, und dann der erste Titel. Kraftvoll, so gar nicht, wie man das für einen Herrn mit 78 Jahren erwarten würde.

Doldingers Tenorsaxofon dominant, aber nicht aufdringlich, die Gitarre von Martin Scales druckvoll, Michael Horneks Keyboards präzise, und Biboul Darouiche, Ernst Ströer an den Percussions, Christian Lettner am Schlagzeug und Patrick Scales am Bass, eine wirklich beeindruckende Rhythmusgruppe. So ging es zwei Stunden lang. Doldingers Passport war – wie immer in den letzten vier Jahrzehnten – das volle Paket′ vielleicht nicht so experimentell wie zu ihren Anfangszeiten. Dieses Ensemble wirkte so frisch wie eh und je. Doldinger ist mehr als nur ein Saxofonist. Er ist ein Bandleader durch und durch. Fast wie ein stolzer Vater präsentiert er seine Musiker, tritt zur Seite, um ihrem Solospiel nicht im Weg zu stehen, swingt fingerschnippend, tänzelnd und lächelnd am Bühnenrand mit, jubelt seiner Band zu, wenn ein Solo gerade mal wieder das Publikum unter Hochspannung gesetzt hat und sagt selbst: „Es ist immer noch schön, wenn man mit so guten Musikern spielen darf.“ Doldinger ist auch ein Entertainer der alter Schule. Sätze wie „Bei uns haben auch schon weibliche Frauen gespielt … sehr weibliche …. also zu weibliche …“ oder kurze Anekdoten etwa über einen ehemaligen Mitarbeiter des SR, der in Düsseldorf eine Jazzkneipe besaß, bis Doldingers erste Band dort auftrat … Alles was er erzählte, passte in den Rahmen des Konzerts, verdichtete das Bild von einem der einst auszog, um Jazz zu machen, um Filmmusiken zu schreiben und der immer noch aus Freude an der Musik weitermacht. Ob er nun eine eher am Blues angelehnte Ballade spielte oder mit marokkanischen Klangstrukturen arbeitete, er trifft einfach immer den richtigen Ton, das Timbre seines Spiels ist einfach unverkennbar. Die Sicherheit, mit der er vom artistischen Solo zu kargen, einfachen Strukturen wechselt ist und bleibt faszinierend. Spätestens beim zweiten Titel war das Publikum komplett auf Passport eingestellt und konnte nicht mehr anders als jeden noch so kleinen solistischen Einwurf mit Applaus zu belohnen. Dass dabei im zweiten Set bei einigen druckvolleren Stücken aus dem „Passport to Morocco“-Album die Technik ein wenig die Kontrolle über Lautstärke und Aussteuerung der Soundanlage verlor, war für manchen zwar etwas störend, aber tat dem Konzert insgesamt keinen Abbruch. Aber ehrlich: Die Band Passport 2014 ist nicht mehr die von 1971,, während der langen Zeit wurde das Personal mehrfach ausgetauscht. Passport und Doldinger erfanden sich immer wieder neu. Einen Auftritt der Band heute zu sehen, ist ein wenig so, als betrachtet man die Jahresringe eines Baumes. Das Alte ist noch da, aber das Neue überlagert es, nimmt es mit in seinen Gestaltungswillen auf und nutzt auch neue Mittel. Dass er einige seiner älteren Titel in Remix-Versionen spielte, bei denen schon mal Samples zum Einsatz kamen, ist ein Beispiel. Vielleicht ist es diese Lockerheit im Umgang mit Neuem und Anderem, die Doldingers Musik und damit auch Passport aus der Oldie-Ecke heraushält. Auch wenn die „Tatort“-Melodie und das „Boot“-Thema gespielt wurden, war von einem musikalischen Museum nichts zu spüren, die stehenden Ovationen nach dem mehr als zweistündigen Konzert und die nicht enden wollenden Zugaberufe nach der zweiten Zugabe, sagen eigentlich alles. Doldinger und Passport? Anders als früher. Aber immer noch auf der Höhe der Zeit und einfach gut!

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